Mit der Cogia AG aus Frankfurt ist der Kurszettel des Freiverkehrs der Börse Düsseldorf seit dem 17. Dezember 2020 (Erster Kurs: 3,00 Euro) um eine neue Aktie aus dem Big-Data-Umfeld reicher. Auf der Kundenliste des Anbieters von KI-basierten Monitoring- und Analyse-Technologien stehen renommierte Namen wie BMW, Lufthansa und Volkswagen. Aktuell führt die mit rund 13 Mio. Euro bewertete Gesellschaft eine Kapitalerhöhung um bis zu 500.000 Aktien zu einem Ausgabepreis von 3,00 Euro durch. Boersengefluester.de hat bei Vorstand Pascal Lauria nachgefragt und mit ihm über die Beschleunigung der digitalen Transformation, die aktuellen Trends im Bereich „Customer Experience“ und die Perspektiven der Cogia AG nach der Corona-Krise gesprochen. Die Notierungsaufnahme im Freiverkehr sieht er nur als erste Etappe auf dem Börsenparkett.
Herr Lauria, Sie sind Vorstand der Cogia AG, die seit Dezember 2020 an der Börse Düsseldorf notiert ist und KI-basierte Lösungen auf dem Gebiet Big Data Analytics anbietet. Könnten Sie unseren Lesern bitte in wenigen Sätzen Ihr Geschäftsmodell vorstellen?
Pascal Lauria: Die Cogia AG ist ein in Frankfurt am Main ansässiger Anbieter von KI-basierten, patentierten semantischen Lösungen und Dienstleistungen auf dem Gebiet „Big Data Analytics“. Wir arbeiten vor allem in den Bereichen Customer Experience, Competitive Intelligence, Web- und Social Media-Monitoring sowie Open Source Intelligence. Unser Ziel ist es, unsere Kunden, ob Unternehmen, Agenturen, Verbände oder Behörden, bei der optimalen Verwertung der verfügbaren Informationen zu unterstützen, indem diese durch automatisierte Verfahren inhaltlich erschlossen und strukturiert aufbereitet werden.
Sie sprechen die „Customer Experience“ an, diese wird in der Digital-Ära zum wichtigen Differenzierungsmerkmal für Unternehmen. Welche Lösungen bieten Sie Unternehmen konkret an, um positive Kundenbeziehungen aufzubauen und einen Mehrwert für deren Marken zu schaffen?
Pascal Lauria: In hochkompetitiven Märkten des 21. Jahrhunderts wird die gesamte Kundenerfahrung über alle Touchpoints immer wichtiger. Nur durch professionelles Customer Experience-Management, also genaues Verständnis der individuellen Kundenerfahrungen und -bedürfnisse, können Kundenbindung und Wertschöpfung gesteigert werden. Unser Customer-Experience-Manager verarbeitet Kundenkommentare aus Befragungen, aber auch Posts aus Social Media. Die Beiträge werden semantisch analysiert und nach Themen, Sentiment oder Emotionen kategorisiert. Trends werden identifiziert und mit festgelegten KPIs verglichen. Unternehmen können so Kunden-Feedbacks von jedem beliebigen Touchpoint aus über die gesamte Customer Journey hinweg und insbesondere auch im Social Web verfolgen, messen und analysieren. Dadurch wird letztlich das Geschäftsergebnis gesteigert, weil Unternehmen mehr Kundenempfehlungen erhalten, die Kunden- und Markentreue verbessert und die Kundenabwanderungsrate gesenkt wird.
Worin besteht der Unterschied zu anderen Lösungen im Bereich Customer Experience / Media Monitoring / Social Media Management – das können wesentlich größere und bekanntere Player wie zum Beispiel Salesforce ebenso. Was genau ist Ihr Alleinstellungsmerkmal?
Pascal Lauria: Der USP von Cogia liegt in der Integration verschiedener Suchtechnologien und Analyseverfahren in seinen Produkten und Lösungen. Hier macht sich entscheidend bemerkbar, dass mehr als zehn Jahre Forschung und Entwicklung darin stecken. Zur Analyse der Daten wird ein breites Spektrum an KI- und Text-Mining-Verfahren eingesetzt, die teilweise in einer strategischen Entwicklungspartnerschaft mit Fraunhofer-Instituten entwickelt werden. Außerdem sind bei uns technische und redaktionelle Dienstleistungen eng verzahnt. Wir können unsere Kunden in jeder Phase eines Projekts optimal und ganzheitlich unterstützen, vom Setup über den Support während der Laufzeit bis hin zur Erstellung von Reports. Um eine nachhaltig positive Kundenerfahrung zu schaffen, müssen neben der Zufriedenheit mit Produkten oder Services auch andere relevante Einflussfaktoren in den Blick genommen werden. Dazu zählen etwa die Motivation und das Arbeitsklima der Mitarbeiter, die den Kunden betreuen, oder die Verlässlichkeit der Kanäle, über die der Kunde kommuniziert. Diesen Ansatz nennen wir Customer Experience hoch 2.
Auf Ihrer Kundenliste stehen DAX-Konzerne wie BMW, Commerzbank, Lufthansa und Volkswagen. Sind Sie dort auf Projektbasis aktiv oder sind dies Software as a Service-Kunden mit langlaufenden Verträgen?
Pascal Lauria: Als SaaS-Provider mit mehr als 100 Kunden arbeiten wir in der Regel auf Basis langfristiger Verträge wie auch bei BMW oder Volkswagen. Hier liefern wir kontinuierlich, sprich täglich, Daten und Analysen. Seit 2017 analysieren wir kontinuierlich Kundenkommentare aus weltweit circa 30 Ländern zur Zufriedenheit mit BMW. Seit 2019 unterstützen wir Volkswagen Deutschland, seit 2021 zusätzlich die Volkswagen-Gruppe in 26 Ländern. Doch wir reagieren flexibel auf Kundenanforderungen und führen auch zeitlich befristete Projekte durch, wenn es sich um einmalige Auswertungen in größeren Abständen handelt.
Auch öffentliche Verwaltungen wie der Freistaat Bayern oder die Staatskanzlei Saarland ordern bei Ihnen. Wie gewinnen Sie neue Kunden? Und inwiefern hat die Corona-Krise Ihr Neukundengeschäft behindert?
Pascal Lauria: Persönliche Treffen und Meetings waren für uns essenziell, mit öffentlichen Verwaltungen, aber auch mit Unternehmen. Hier konnten wir Vertrauen in unsere Kompetenz aufbauen. Die Corona-Krise hat solche Direktkontakte ausgebremst – nicht gerade die besten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Vertriebsarbeit. Andererseits sind wir ein Internet-Unternehmen, also haben wir verstärkt die entsprechenden Kanäle genutzt: Mail-Aktionen, Webinare, Social-Media-Kampagnen … – und das durchaus mit Erfolg. Die Gewinnung von Neukunden auf diesen Wegen ist zweifellos schwieriger, aber vor allem die Webinare, in denen wir unsere Produkte präsentieren, haben tatsächlich gefruchtet: Aus Demo-Accounts wurden reguläre Kunden.
Umsatztechnisch wurden Sie 2020 signifikant von der Corona-Krise getroffen, da Ihre Hauptkunden im Bereich Automotiv, Airlines und im Tourismus aktiv sind. Zeichnet sich hier schon eine Entspannung ab? Mit welchen Erwartungen blicken Sie auf die kommenden Monate?
Pascal Lauria: Ja, die Lage entspannt sich. Abgesehen davon, dass sich die Automobilindustrie seit Monaten schon im Aufwind befindet, rechnen wir auch durch das Fortschreiten der Impf-Kampagne für die anderen Branchen mit einem erneuten Aufschwung. Insofern sind unsere Erwartungen auf ein erfolgreiches Geschäftsjahr 2021 durchaus groß. Hinzu kommt, dass die Pandemie die digitale Transformation beschleunigt hat und der E-Commerce-Sektor sehr dynamische Wachstumsraten aufweist. Dass die Customer Experience und das Social Media-Monitoring dadurch weiter an Bedeutung gewinnt, spielt uns natürlich in die Karten.
Den Schritt an die Börse haben Sie als einen „wichtigen Meilenstein“ bezeichnet, „um zukünftig die sich uns bietenden Wachstumsmöglichkeiten besser umzusetzen“. Wie groß ist der Markt, den Sie bedienen? Und welche Wachstumsoptionen favorisieren Sie?
Pascal Lauria: Die steigende Nachfrage nach personalisierten Kundenerlebnissen in verschiedenen Branchen ist einer der Schlüsselfaktoren, die das Wachstum des globalen Marktes für Customer Experience Management beschleunigen werden. Dieser wird voraussichtlich bis 2027 auf 17,5 Mrd. US-Dollar wachsen, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von 16,8 Prozent von 2020 bis 2027. Bezogen auf die einzelnen Komponenten hält dabei die Textanalytik den größten Marktanteil. Das Wachstum in diesem Segment lässt sich auf die steigende Nachfrage zurückführen, unstrukturierte textbasierte Daten zu verstehen und wertvolle Erkenntnisse aus Kommentaren in sozialen Medien und Produktbewertungen zu gewinnen. Signifikante Wachstumsraten werden auch im Bereich Social-Media-Analytics erwartet. Alles Märkte, die Cogia adressiert und mit denen wir wachsen wollen, sowohl organisch als auch anorganisch durch den Zukauf geeigneter Unternehmen, die unsere technologische Kompetenz verstärken können.
Sie planen eine Kapitalerhöhung, unter anderem um Ihr „Wachstum auch anorganisch zu beschleunigen“. Einige Targets haben Sie bereits im Visier. In welchen Bereichen wollen Sie investieren und sich verstärken?
Pascal Lauria: Wir wollen wachsen, daher müssen wir unseren Vertrieb ausbauen und in Performance-Marketing investieren. Wir wollen aber auch unser Wachstum im Rahmen einer Buy&Build-Strategie anorganisch beschleunigen, um unsere Wertschöpfungskette breiter abzudecken, hochqualifiziertes technisches Personal zu akquirieren und den Kundenstamm zu erweitern.
Wo soll die Reise mittelfristig hingehen? In welchen Bereichen und Märkten sehen Sie die größten Expansionschancen?
Pascal Lauria: Wir wollen mittelfristig in den DACH-Ländern Marktführer im Bereich Customer Experience Management werden und darüber hinaus auch ein führender Customer Experience-Anbieter in Europa. In zwei Nischen zielen wir auf die europäische Marktführerschaft, in den Bereichen Open Source Intelligence und Competitive Intelligence. Dieses Ziel wollen wir vor allem durch die Akquisition geeigneter Wettbewerber erreichen. Schließlich sind für uns Asien und der Nahe Osten relevant, hier liegen Märkte mit starkem Wachstum. Erfolgreiche Markteintritte dort werden uns neue Einnahmequellen erschließen und das Image der Marke stärken. Unsere Anwendungen können schon jetzt auch mit Sprachen wie Arabisch, Japanisch, Chinesisch oder Thai arbeiten.
Seit Dezember 2020 ist die Cogia-Aktie im Freiverkehr der Börse Düsseldorf notiert. Wie sehen Ihre weiteren Börsenpläne aus?
Pascal Lauria: Der Schritt an die Börse war für uns ein Meilenstein, um zukünftig die sich uns bietenden Wachstumsmöglichkeiten besser umzusetzen. Dabei war die Notierungsaufnahme im Freiverkehr nur die erste Etappe. Die nächsten Ziele sind ein Upgrade in den Primärmarkt in Düsseldorf und eine Xetra-Notiz, um ein noch größeres Maß an Transparenz zu zeigen und weitere Investorenkreise zu erschließen. Wir sind dabei, unsere Investor Relations-Arbeit weiter zu professionalisieren. Mittelfristig haben wir noch weit ehrgeizigere Ziele, die wir mit zunehmender Unternehmensgröße ins Visier nehmen wollen.
Fotos: Cogia AG, Clipdealer