Eine besonders lukrative Gelegenheit für einen Ausstieg aus der Clere-Aktie ist es nicht unbedingt. Immerhin hat das am 9. Juli 2024 startende Rückkaufangebot zu 13,25 Euro – bezogen auf bis zu 10 Prozent der ausstehenden Aktien – dem seit Sommer 2022 erodierenden Anteilschein des Betreibers von Solarparks aber wieder leichten Auftrieb verschafft. Und das ist auch schon etwas wert und könnte im besten Fall der Startpunkt für eine nachhaltige Kurswende sein. Kurz vorab zur Historie: Clere ist aus dem früheren Hersteller von Plastikkomponenten für Elektronik- und Medizintechnikprodukte Balda hervorgegangen, der sein operatives Geschäft 2016 an die italienische Stevanato-Gruppe veräußerte. Der Deal sorgte damals für Schlagzeilen in der Finanzpresse, zumal Balda bis 2014 sogar im SDAX notiert war und früher hohe Dividenden zahlte.
Doch bereits im Frühjahr 2017 gab es aus Anlegersicht den nächsten Aufreger: Nur wenige Quartale nach dem Neustart im Green-Tech-Sektor drückte die Gesellschaft um Großaktionär Thomas van Aubel – er hält über die Elector GmbH zurzeit rund 70 Prozent der Aktien – überraschend ein Delisting durch. Seitdem wird die Aktie zwar im Hamburger Freiverkehr weiterhin gehandelt, allerdings mit überschaubaren Handelsumsätzen und einer insgesamt deutlich reduzierten Publizität. Immerhin: Im Gegensatz zu manch anderen delisteten Unternehmen stellt Clere seine Geschäftsberichte weiterhin frei verfügbar auf die eigene Webseite und informiert die verbliebenen Anleger auch unterjährig über besonders relevante Vorgänge. Zumindest das Pflichtprogramm geht also weiter, wenngleich natürlich viel mehr möglich wäre in Sachen Investor Relations-Aktivitäten.
Das wiederum ist auch mit ein Grund dafür, dass die Clere-Aktie mit einem Abschlag von mehr als einem Viertel auf den Buchwert von zurzeit knapp 17,80 Euro gehandelt wird. Ein merklich größerer Discount, als er bei anderen Betreibern von Solar- bzw. Windparks – wie etwa 7C Solarparken oder Clearvise – zu beobachten ist. Wie der gesamte Sektor, hängt aber auch Clere an den allgemein schwierigen Rahmenbedingungen. So haben die Berliner entgegen der Planungen im vergangenen Jahr keine neuen Solarparks dazugekauft und sich auf die Weiterentwicklung bestehender Anlagen fokussiert. Mit einem Umsatzanteil von zuletzt 65,5 Prozent ist Italien der wichtigste Markt für Clere, gefolgt von Spanien (18,3 Prozent), Großbritannien (13,1 Prozent) und Deutschland (3,1 Prozent).
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 2,74 | 15,95 | 31,55 | 37,74 | 41,04 | 48,92 | 49,47 | |
EBITDA1,2 | -3,45 | 9,71 | 23,96 | 29,97 | 27,77 | 32,23 | 31,46 | |
EBITDA-Marge3 | -125,91 | 60,88 | 75,94 | 79,41 | 67,67 | 65,88 | 63,59 | |
EBIT1,4 | -4,62 | 3,75 | 11,12 | 14,33 | 10,69 | 13,15 | 12,12 | |
EBIT-Marge5 | -168,61 | 23,51 | 35,25 | 37,97 | 26,05 | 26,88 | 24,50 | |
Jahresüberschuss1 | -2,94 | -3,17 | 2,50 | 5,01 | -0,67 | 4,23 | 2,82 | |
Netto-Marge6 | -107,30 | -19,87 | 7,92 | 13,28 | -1,63 | 8,65 | 5,70 | |
Cashflow1,7 | -0,26 | -1,62 | 8,67 | 23,02 | 22,18 | 34,28 | 29,83 | |
Ergebnis je Aktie8 | -0,50 | -0,54 | 0,32 | 0,64 | -0,09 | 0,54 | 0,36 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,20 | 0,20 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PKF Fasselt Schlage |
Dabei hat Clere 2023 die wirtschaftlichen Ziele mit Erlösen von 49,47 Mio. Euro und einem EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von 31,46 Mio. Euro weitgehend erreicht. Insbesondere aufgrund einer deutlich unvorteilhafteren Steuerquote fiel der Überschuss jedoch von 4,23 auf 2,82 Mio. Euro zurück. Richtet man als Investor seinen Blick auf das operative EBITDA und addiert die Netto-Finanzverschuldung auf den Börsenwert, wird Clere derzeit mit dem knapp Sechsfachen des für 2023 ausgewiesenen EBITDA gehandelt. Das ist etwa das Niveau, mit dem auch 7C Solarparken gehandelt wird. Normalerweise ein niedriges Multiple, der Punkt geht in dieser Disziplin (Enterprise Value/EBITDA) aber trotzdem an 7C Solarparken, weil die Bayreuther mit 465 MWp ein beinahe dreimal so großes Leistungsportfolio haben wie Clere.
Und auch das ist nur eine Momentaufnahme, denn Clere hat im Mai/Juni 2024 diverse italienische Anlagen mit einer Leistung von insgesamt 38 MWp verkauft. Das sind mehr als 50 Prozent des Italien-Portfolios und knapp 23 Prozent des gesamten Bestands. Aus der Transaktion erwartet Vorstand Krupke einen Verkaufserlös im niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich. Mit dem Verkaufserlös sollen unter anderem die weiteren eigenen Projektentwicklungen in Italien und Spanien finanziert werden. Warum Clere die Transaktion genau durchgezogen hat, bleibt aber offen. Nun: Am Ende wird 2024 auf den avisierten Gewinn nach Steuern im mittleren einstelligen Millionen-Euro-Bereich noch ein stattlicher positiver Sondereffekt kommen. Das könnte sich wiederum positiv auf den Aktienkurs auswirken. Keine übermäßigen Effekte erwartet sich boersengefluester.de indes aus der stabil bei 0,20 Euro je Aktie gelassenen Dividende für 2023.
Einen konkreten HV-Termin 2024 gibt es noch nicht, er sollte jedoch bald via Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Die Dividendenrendite beträgt aber „nur“ etwas mehr als 1,5 Prozent. Wer sich an dem offiziellen Delisting nicht stört und einen ausreichenden Anlagehorizont mitbringt, findet auf dem aktuellen Niveau für unseren Geschmack eine ansprechende Chance-Risiko-Relation. Die noch bis zum 25. Juli 2024 laufende Rückkauf-Offerte zu 13,25 Euro sollten Anleger folgerichtig ziehen lassen. Fundamental ist die Aktie mehr wert. Allerdings muss man bei Clere immer auch auf überraschende Wendungen gefasst sein.
Foto: Unsplash+
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