Hand aufs Herz: Haben Sie vorher schon einmal etwas von dem niederländischen Lkw-Hersteller GINAF Trucks gehört? Boersengefluester.de musste da jedenfalls passen, doch der knappe Wikipedia-Eintrag, diverse Lkw-Kaufportale und natürlich auch die (leider nur auf holländisch verfügbare, aber wozu gibt es schließlich Google Translate) Webseite des Unternehmens lassen zumindest mal aufhorchen und zeugen von einer bewegten Geschichte, die zwischenzeitlich sogar Station in China machte. Noch interessanter ist freilich, dass der hier schon mehrfach vorgestellte Lkw-Umrüster Clean Logistics (CL) nun eben diesen Spezialanbieter aus der Nähe von Utrecht übernehmen will. Der Kaufpreis setzt sich aus einem Cash-Anteil von 1,8 Mio. Euro sowie einer Aktienkomponente von 107.143 CL-Aktien – bewertet zu je 14 Euro – plus gegebenenfalls noch einer Wandelschuldverschreibung über weitere bis 107.143 Anteilscheine von Clean Logistics zusammen.
Klammert man den Earn Out-Teil zunächst aus, ergibt sich ein Kaufpreis von 3,3 Mio. Euro für Ginkels Automobiel Fabriek – kurz GINAF. Im Gegenzug bekommt Clean Logistics-Vorstand Dirk Graszt ein Unternehmen mit vermutlich rund 10 Mio. Euro Umsatz für 2022, einer Produktionskapazität von jährlich bis zu 200 Fahrzeugen sowie einem ausgeglichenen Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA). „Die Lösungen von GINAF sind eine hervorragende Ergänzung zu unserem Portfolio“, sagt Grasz. Und weiter heißt es: „Die Übernahme wird Clean Logistics in die Lage versetzen, innerhalb der Unternehmensgruppe für eine eigenständige Produktion von Lkw und Bussen mit emissionsfreiem Wasserstoffantrieb zu sorgen.“ Dabei hatte Clean Logistics erst kürzlich mit seiner Vorstellung des Fyuriant-Trucks (HIER) sowie einer umfangreichen Kooperation mit dem Green Energy-Unternehmen GP Joule für Schlagzeilen gesorgt. Es gibt also jede Menge Newsflow bei Clean Logistics. Ein Beleg dafür, dass viel in Bewegung ist.
Der grundsätzlich schon jetzt recht ambitionierte Börsenwert von mehr als 140 Mio. Euro kommt also nicht von ungefähr. Andererseits dürften die Zahlen von Clean Logistics durch die GINAF-Akquisition zunächst einmal nochmal zusätzlich belastet werden. Ein ausgeglichenes EBITDA heißt schließlich nichts anderes, als dass unterm Strich deutlich rote Zahlen stehen. Dabei agiert Clean Logistics selbst noch im negativen Terrain, hat durch das Börsenlisting aber immerhin Zugang zur Aufnahme von Eigenkapital und kann Deals – wie jetzt bei GINAF – auch mit eigener Aktien als Währung stemmen. Wir sind ganz ehrlich: Ob GINAF Trucks tatsächlich die große Verstärkung sein wird, vermögen wir derzeit nicht valide einzuschätzen. Dafür haben wir aber unbedingt den Eindruck, dass CEO Dirk Graszt an einem Masterplan arbeitet, um seine Vision von Clean Logistics umzusetzen. Wer den Titel im Depot hat, sollte für unseren Geschmack also engagiert bleiben.
Foto: GINAF