Rein charttechnisch orientierte Anleger verpassen bei Cenit definitiv etwas. Seitdem Peter Schneck Anfang 2022 den CEO-Posten bei dem früher als leicht behäbig, aber super solide geltenden IT-Service- und Softwareunternehmen übernommen hat, hat sich nämlich unglaublich viel verändert: Vom Wachstumstempo bis zur Firmenkultur. Nicht mehr mit früher vergleichbar, ist auch das Standing der Stuttgarter am Kapitalmarkt. Mittlerweile gehört die Cenit-Aktie zu den am intensivsten Titeln aus dem Spezialwertebereich, mit entsprechend vielen Empfehlungen in den Finanzmedien und von Investoren. Einzig am Aktienkurs perlen sämtliche Veränderungen – von zwischenzeitlich deutlichen Ausschlägen in beide Richtungen einmal abgesehen – weitgehend ab. So notiert der Titel gerade einmal auf einem ähnlich hohen Niveau wie vor fünf Jahren. Was ist also los?
Natürlich kann sich auch Cenit nicht von der allgemeinen Schwäche im Spezialwertebereich abkoppeln. Immer wieder ist die Rede davon, dass große Adressen ihre Bestände reduzieren – diese Prozesse aber weitgehend abgeschlossen seien. Ein nicht unwesentlicher Aspekt ist auch, dass sich im Zuge der Wachstumsoffensive von Peter Schneck wesentliche Börsenparameter geändert haben: So gab es zur Hauptversammlung im Juni 2024 nur eine Minidividende von 0,04 Euro je Aktie – eine Konsequenz des Kapitalbedarfs für die weitere Akquisitionsstrategie. Und während Bankverbindlichkeiten lange Zeit ein Fremdwort für Cenit waren, türmen sich gegenwärtig Netto-Finanzverbindlichkeiten von rund 18 Mio. Euro in der Bilanz. Das alles geht einher mit einer zumindest erklärungsbedürftigen Entwicklung der operativen Marge. So knickte das EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) im zweiten Quartal 2024 von 4,17 auf 2,65 Mio. Euro ein.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 151,70 | 169,99 | 171,71 | 147,24 | 146,07 | 162,15 | 184,72 | |
EBITDA1,2 | 15,27 | 11,95 | 15,24 | 9,59 | 11,27 | 11,94 | 16,41 | |
EBITDA-Marge3 | 10,07 | 7,03 | 8,88 | 6,51 | 7,72 | 7,36 | 8,88 | |
EBIT1,4 | 12,84 | 9,03 | 9,20 | 3,63 | 6,23 | 6,31 | 9,22 | |
EBIT-Marge5 | 8,46 | 5,31 | 5,36 | 2,47 | 4,27 | 3,89 | 4,99 | |
Jahresüberschuss1 | 8,99 | 6,13 | 6,96 | 2,92 | 4,35 | 6,61 | 4,99 | |
Netto-Marge6 | 5,93 | 3,61 | 4,05 | 1,98 | 2,98 | 4,08 | 2,70 | |
Cashflow1,7 | 3,92 | 9,62 | 11,68 | 12,28 | 8,24 | 11,49 | 5,33 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,07 | 0,73 | 0,82 | 0,28 | 0,51 | 0,75 | 0,54 | |
Dividende8 | 1,00 | 0,60 | 0,00 | 0,47 | 0,75 | 0,50 | 0,04 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Grant Thornton |
Doch bevor Anleger jetzt möglicherweise falsche Rückschlüsse ziehen: Zum einen ist die Vergleichsbasis des entsprechenden Vorjahreszeitraums ungewöhnlich hoch, da Cenit damals ihre japanische Tochtergesellschaft mit einem positiven Entkonsolidierungseffekt von fast 0,9 Mio. Euro veräußert hat. Zudem ist die Gesellschaft kürzlich mehrheitlich bei einem amerikanischen SAP-Spezialisten eingestiegen, dürfte also nicht ganz unerhebliche Rechts- und Beratungsaufwendungen im zweiten Quartal verbucht haben. Zudem gewinnen die bilanzielle Effekte aus Kaufpreisallokationen im Zuge der zahlreichen Übernahmen an Bedeutung. Entsprechend sieht die um Sondereffekte bereinigte EBITDA-Entwicklung des zweiten Quartals 2024 mit 3,23 Mio. Euro (Vorjahr: 3,44 Mio. Euro) bereits deutlich entspannter aus. Zum Halbjahr liegt das adjustierte EBITDA von 6,41 Mio. Euro sogar um knapp 26 Prozent über dem Vergleichswert von 2023.
Für das Gesamtjahr bleibt CEO Schneck bei seiner Prognose, wonach bei Erlösen zwischen 195 und 202 Mio. Euro mit einem EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) in einer Bandbreite von 11,70 bis 12,20 Mio. Euro zu rechnen ist. Zum Vergleich: Zum Halbjahr kommt Cenit auf ein Betriebsergebnis von 2,01 Mio. Euro – muss sich also noch gehörig strecken, selbst wenn das Abschlussquartal des Unternehmens mit enger Bande zur französischen Dassault Systèmes regelmäßig den Löwenanteil zum Ergebnis beisteuert. Die Analysten von Montega haben kürzlich das Kursziel für die Cenit-Aktie leicht auf 23 Euro heraufgesetzt und raten weiter zum Kauf. Keine Frage: Der anhaltende Sägezahn-Chart ist nervig, doch boersengefluester.de ist zuversichtlich, dass sich Geduld auch hier auszahlen wird.
Foto: Unsplash+
Jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter BGFL WEEKLY anmelden. Das Angebot ist kostenlos und präsentiert die Highlights von boersengefluester.de (BGFL) sowie Interna aus der Redaktion. Der Erscheinungstag ist immer freitags. Wer Interesse hat und noch nicht registriert ist, kann das gern unter diesem LINK tun. Wir freuen uns auf Sie! Selbstverständlich behandeln wir Ihre E-Mail-Adressen vertraulich und verwenden sie ausschließlich für den Versand des Newsletters BGFL WEEKLY.