Auf den tiefsten Stand seit dem Corona-Crash vom Frühjahr 2020 ist der Aktienkurs von Cenit gerauscht. Zurzeit bringt das IT-Service- und Softwareunternehmen 71 Mio. Euro Börsenwert auf die Waagschale. Im Januar 2024 waren es noch gut 125 Mio. Euro. Eine krasse Schmelze, insbesondere auch weil CEO Peter Schneck Anfang 2022 angetreten war, um aus der damals etwas flügellahmen Cenit AG eine knackige Wachstumsstory zu formen. Nun: Boersengefluester.de hat mehrfach die aktuelle Entwicklung, auch was die jüngste Gewinnwarnung auf nur noch 8,0 bis 8,5 Mio. Euro EBIT für 2024 angeht. Das sind an beiden Enden der bisherigen Prognosebandbreite 3,7 Mio. Euro weniger an Ergebnis vor Zinsen und Steuern als gedacht. „EBIT ist ein schwieriges Thema gerade“, räumt Schneck bei seiner Präsentation auf der von GBC organisierten MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz ein.
Neben den Belastungen aus den jüngsten Akquisitionen drückt insbesondere die hohe Abhängigkeit von Kunden aus den Bereichen Automotive und Luftfahrt auf die Zahlen. Entsprechend müssen sich Anleger bei dem ehemals so dividendenstarken Unternehmen für 2024 wohl auf eine Nullrunde einstellen. Dabei gab es schon für 2023 nur eine Minidividende von 0,04 Euro je Aktie. „Wir sind kein Dividendentitel für 2024 – so würde ich das formulieren“, sagt Schneck. Und auch die ehemals für Ende 2025 in Aussicht gestellten 300 Mio. Euro sind in weite Ferne gerückt. Stattdessen peilt Cenit für das kommende Jahr eher 240 bis 250 Mio. Euro Umsatz an. Das hängt auch damit zusammen, dass die Stuttgarter 2025 vermutlich nur eine Akquisition stemmen werden – vielleicht sogar gar keine. Die Zeiten sind ruppig, da ist zu viel Tempo keine gute Idee.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 151,70 | 169,99 | 171,71 | 147,24 | 146,07 | 162,15 | 184,72 | |
EBITDA1,2 | 15,27 | 11,95 | 15,24 | 9,59 | 11,27 | 11,94 | 16,41 | |
EBITDA-Marge3 | 10,07 | 7,03 | 8,88 | 6,51 | 7,72 | 7,36 | 8,88 | |
EBIT1,4 | 12,84 | 9,03 | 9,20 | 3,63 | 6,23 | 6,31 | 9,22 | |
EBIT-Marge5 | 8,46 | 5,31 | 5,36 | 2,47 | 4,27 | 3,89 | 4,99 | |
Jahresüberschuss1 | 8,99 | 6,13 | 6,96 | 2,92 | 4,35 | 6,61 | 4,99 | |
Netto-Marge6 | 5,93 | 3,61 | 4,05 | 1,98 | 2,98 | 4,08 | 2,70 | |
Cashflow1,7 | 3,92 | 9,62 | 11,68 | 12,28 | 8,24 | 11,49 | 5,33 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,07 | 0,73 | 0,82 | 0,28 | 0,51 | 0,75 | 0,54 | |
Dividende8 | 1,00 | 0,60 | 0,00 | 0,47 | 0,75 | 0,50 | 0,04 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Grant Thornton |
Das gilt umso mehr, weil größere Zukäufe wohl kaum ohne eine unterstützende Kapitalerhöhung umsetzbar sind. Solch eine Maßnahme verbietet sich wiederum auf dem aktuellen Kursniveau beinahe von selbst. Entsprechend demütig kommt Schneck bei seinem Vortrag auf der MKK daher – zumindest verglichen mit den früher üblichen Vollgaspräsentationen. Trotzdem hat boersengefluester.de auf der MKK eine Reihe von Investoren gesprochen, die bei Cenit – jetzt mehr denn je – eine vorteilhafte Chance-Risiko-Kombination sehen. Immerhin ist das Unternehmen noch immer profitabel und die von Cenit adressierten Services rund um die Prozessdigitalisierung haben ja weiterhin eine gute Zukunft, selbst wenn sich viele Unternehmen zurzeit mit der Ordervergabe zurückhalten.
Andererseits kann sich solch ein Knoten auch schnell lösen, wenn sich die Psychologie in der Wirtschaft bessert. Bestes Beispiel sind die USA nach dem Wahlsieg von Donald Trump. Zudem weist Vorstand Schneck darauf hin, dass bei Cenit auch Kunden wie Rheinmetall der Automotivekundschaft zugerechnet werden. Eben weil der DAX-Konzern Fahrzeuge macht, die auf Ketten fahren. Rein mit Blick auf den arg gedrückten Aktienkurs könnte aber auch Großaktionär Primepulse (Anteil: 28,07 Prozent) womöglich nochmals aktiv werden und seinen Anteil aufstocken – trotz einer ab der 30-Prozent-Schwelle fälligen Pflichtofferte.
Immerhin hat die Beteiligungsgesellschaft um die ehemaligen Cancom-Gründer erst kürzlich rund 150 Mio. Euro aus der Andienung ihrer Stemmer Imaging-Aktien an MiddleGround Capital erlöst. Liquidität sollte also vorhanden sein. Ende November präsentiert CEO Peter Schneck auf dem Eigenkapitalforum der Deutschen Börse AG in Frankfurt. Wir sind gespannt, wie Resonanz der Investoren dort ausfällt. Die Bewertung der Aktie ist schließlich alles andere als ambitioniert. Dafür reicht schon ein Blick auf die Kursziele der Analysten. Eine gute Halten-Position ist die Cenit-Aktie für uns daher allemal.
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