Die Kombination Medizintechnik und TecDAX hat offenbar einen ganz besonderen Charme. Mit Drägerwerk (WKN: 555063), Sartorius (WKN: 716563), Stratec Biomedical (WKN: 728900) und Carl Zeiss Meditec (WKN: 531370) sind in dem heimischen Technologie-Index gleich vier Branchenvertreter enthalten. Die Bewertung ist mit einem Branchen-KGV von mehr als 16 zwar klar überdurchschnittlich. Doch dafür erhalten die Investoren in der Regel Unternehmen mit gut prognostizierbaren Geschäftsmodellen und einer soliden Entwicklung der Aktienkurse. Bestes Beispiel ist Carl Zeiss Meditec: Mit Sicht auf drei Jahre hat sich das Papier um knapp 120 Prozent verteuert, im Zwölf-Monats-Rückblick ging es um ein gutes Drittel gen Norden. Und auch die aktuelle Schaukelbörse hat der Anteilschein des in Jena ansässigen Unternehmens bestens weggesteckt.
Mit den Produkten aus den Bereichen Augenheilkunde und Spezialmikroskope für die Chirurgie erlöste Carl Zeiss Meditec im Vorjahr 862 Mio. Euro und kam dabei auf einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (EBIT) von 123 Mio. Euro. Das entspricht einer operativen Marge von 14,3 Prozent. Damit steht das Unternehmen bereits dicht vor dem Ziel, bis 2015 eine EBIT-Marge von 15 Prozent zu stemmen. Für das Geschäftsjahr 2012/13 (endet am 30. September) kalkuliert der Vorstand zurzeit mit Umsätzen in einer Range zwischen 880 bis 910 Mio. Euro. Zum Vergleich: Die gegenwärtige Marktkapitalisierung beträgt 2,06 Mrd. Euro. Frei von Problemen agiert aber auch Carl Zeiss Meditec nicht, dafür entwickeln sich die beiden wichtigsten Geschäftsbereiche momentan zu unterschiedlich. Sorgenkind sind die Produkte zur Diagnose und Behandlung von Augenkrankheiten. So steuerte der Bereich „Ophthalmologische Systeme“ zum Halbjahr zwar immer noch knapp 40 Prozent zu den Konzernerlösen bei. Die operative Rendite war mit 0,6 Prozent jedoch kaum messbar. Ganz anders die beiden anderen Geschäftsbereiche „Chirurgische Ophthalmologie” (13,6 % Erlösanteil bei 14,7 Prozent EBIT-Marge) und „Mikrochirurgie” (46,6 Prozent Erlösanteil bei 26,2 Prozent EBIT-Marge). Zur Vorlage der Neun-Monats-Zahlen am 14. August wird sich zeigen, welche Fortschritte Carl Zeiss Meditec bei seiner Problemsparte gemacht hat. Hoffnung besteht: Zum Halbjahr deutete Firmenlenker Ludwin Monz bereits an, dass sich die Auftragseingänge hier positiv entwickeln würden.
Der Markt für Augenheilkunde ist heiß umkämpft. So hat der kanadische Pharmakonzern Valeant erst kürzlich den US-Kontaktlinsenspezialisten Bausch + Lomb für umgerechnet rund 6,7 Mrd. Euro gekauft. Das entsprach etwa dem 2,6fachen des für das laufende Jahr erwarteten Umsatzes. Zum Vergleich: Bei Carl Zeiss beträgt dieser Faktor zurzeit rund 2,3. Allerdings ist die Übernahmefantasie bei der TecDAX-Gesellschaft kaum erkennbar. Schließlich hält die Carl Zeiss-Gruppe 65 Prozent der Anteile, der Rest befindet sich im Streubesitz. Eine eher untergeordnete Rolle spielt bei der Aktie auch die Dividendenrendite, sie beträgt nur knapp 1,6 Prozent. Die Hauptversammlung fand aufgrund des vom Kalenderjahr abweichenden Geschäftsjahrs bereits Anfang März statt. Klassische Value-Anleger dürften zudem bemängeln, dass die Aktie schon jetzt auf ein Kurs-Buchwert-Verhältnis von etwa 3,3 kommt und ein KGV von gut 22 auch nicht gerade von Ausverkaufsstimmung zeugt. Und so müssen sich Neueinsteiger wohl drauf verlassen, dass die Börsianer in wirtschaftlich unsicheren Zeiten ganz besonders gern auf Firmen wie Carl Zeiss setzen und der stabile Aufwärtstrend daher auch in den kommenden Monaten anhält. Die Wette könnte durchaus aufgehen: Wenn schon TecDAX, dann momentan am besten Medizintechnik – auch wenn die Bewertung des Sektors bereits ziemlich scharf ist.
Foto: CARL ZEISS MEDITEC AG