Kurstechnisch müsste eigentlich alles im Lot sein bei der Cantourage Group. Die Analysten sehen durchweg stattliches Potenzial bis 10 Euro für die Aktie des auf Cannabis für medizinische Zwecke spezialisierten Unternehmens. Zudem hat der heimische Gesetzgeber mit dem kürzlich umgesetzten Cannabisgesetz – kurz: CanG – die Rahmenbedingungen signifikant erleichtert, da Cannabis für Schmerzpatienten nun nicht mehr auf einem speziellen Betäubungsmittelrezept verschrieben werden muss. Das wiederum erleichtert die Handhabung für alle Beteiligten: Vom Arzt, über die Apotheken bis hin zu den Patienten. Entsprechend steil haben sich auch die Umsätze zuletzt nach oben entwickelt. „Im April und Mai waren wir bei einigen Produkten ausverkauft“, sagt CEO Philip Schetter im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de und stellt für das Gesamtjahr ein deutliches Umsatzwachstum gegenüber den für 2023 ausgewiesenen 23,6 Mio. Euro in Aussicht.
Noch bleibt es aber dabei: Von kurzfristigen Hypephasen abgesehen, bei den Aktien aus dem Cannabisbereich – egal ob Konsum oder Medizin – geht der Kapitalmarkt eher auf Distanz. „Wir machen noch immer viel Aufklärungsarbeit bei unseren Gesprächen mit den Investoren“, sagt Schetter. Das mag zu einem nicht unerheblichen Teil daran liegen, dass Anleger in der Vergangenheit schlechte Erfahrungen mit dem Sektor gemacht haben, schließlich sind die Notierungen von internationalen Branchengrößen wie Tilray, Canopy Growth oder Aurora vor einigen Jahren regelrecht abgestürzt. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass die hierzulande gelisteten Cannabis-Unternehmen allesamt noch relativ jung sind und sich mit sonst üblichen Kapitalmarktstandards – etwa was das Reporting oder auch Prognosen angeht – noch vergleichsweise schwertun und es häufig eher um Produktnews geht.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,53 | 5,22 | 14,16 | 23,56 | |
EBITDA1,2 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | -0,56 | -0,83 | -2,51 | -0,25 | |
EBITDA-Marge3 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | -105,66 | -15,90 | -17,73 | -1,06 | |
EBIT1,4 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | -0,59 | -0,97 | -6,32 | -4,33 | |
EBIT-Marge5 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | -111,32 | -18,58 | -44,63 | -18,38 | |
Jahresüberschuss1 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | -0,59 | -0,97 | -5,92 | 4,27 | |
Netto-Marge6 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | -111,32 | -18,58 | -41,81 | 18,12 | |
Cashflow1,7 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | -0,56 | -0,83 | -2,11 | -0,20 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | -0,05 | -0,08 | -0,47 | -0,34 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PKF Wulf Gruppe |
Wenig verwunderlich setzen nüchterne Investoren andere Schwerpunkte als die bunte Cannabis-Szene. „Wir bauen gerade erst unseren Track-Record auf“, räumt Schetter ein. Angesichts der enormen Dynamik im Bereich des Medizinalcannabis wagt sich die Cantourage Group momentan auch nicht an eine Mittelfristprognose, die den Investoren möglicherweise mehr Orientierung geben könnte. „Natürlich haben wir Ziele“, sagt Schetter. Doch der „Respekt vor den Zahlen“ hält die Berliner derzeit noch zurück, hier konkreter zu werden. Die Analysten von NuWays gehen davon aus, dass Cantourage bis 2025 auf Erlöse von 54 Mio. Euro kommt und dabei ein EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von 4,5 Mio. Euro erzielen wird. Das Team Montega aus Hamburg setzt die Skaleneffekte sogar noch höher an und rechnet mit 5,4 Mio. Euro EBITDA für 2025 – bei dann auch unterm Strich deutlich schwarzen Zahlen.
Losgelöst davon ist CEO Philip Schetter überzeugt davon, dass die Cantourage Group an der Börse einfach noch zu unbekannt ist. Natürlich wurde nach dem rasanten Debüt Ende 2022 im Frankfurter Scale-Segment eine Weile intensiv über Cantourage getuschelt, aber die Zeiten sind eben auch längst vorbei. Zudem haben breite Anlegerkreise es vermutlich gar nicht mitbekommen, dass die Notiz damals in den ersten Tagen von knapp 6,50 Euro in der Spitze bis auf mehr als 40 Euro geklettert war. Nun: Zumindest was die Thema Visibilität am Kapitalmarkt angeht, leistet boersengefluester.de gern Unterstützung: Wir haben die Gesellschaft seit dem IPO mehrfach auf Konferenzen präsentieren gesehen und uns jetzt zum zweiten Mal ausgiebig mit Philip Schetter unterhalten (HIER). Wir finden die Positionierung als Plattform-Unternehmen innerhalb der Wertschöpfungskette sehr clever. Cantourage baut weder selbst an, noch kauft die Firma Cannabis von den Produzenten, sondern ist eher in der Position eines Zwischenhändlers mit lukrativen Mehrwertdienstleistungen und wird von den Anbauern über eine Umsatzbeteiligung entlohnt.
Wer sich ein Bild davon machen will: Auf der Webseite von Cantourage werden die Partner aufgelistet. „Das ist mit die Champions League, die wir da als Anbauer gewinnen konnten“, sagt Schetter. Der Löwenanteil des verarbeiteten Cannabis fällt dem Vernehmen nach zurzeit jedoch auf 10 bis 15 Partner, die – auch klimatisch bedingt – in unterschiedlichen Erntezyklen liefern. Was das Netzwerk angeht, ist aber viel in Bewegung und mit der neuen Produktionsanlage im Landkreis Schweinfurt hat Cantourage die Kapazitäten zuletzt etwa um den Faktor 3 ausgeweitet. Gut aus Anlegersicht wäre freilich, wenn sich mehr Unternehmen aus dem Bereich Medizinalcannabis der Börse nähern würden.
Mit der Canify AG aus Herrsching am Ammersee hat sich boersengefluester.de bei einem von GBC ausgerichteten Investorendinner in Frankfurt bereits einen attraktiven IPO-Kandidaten angesehen. Möglicher Termin für einen Börsengang ist aber vermutlich erst Ende 2025 – zu einem geplanten Bewertungsniveau zwischen 150 und 250 Mio. Euro. Das ist deutlich mehr, als Cantourage jetzt an Marktkapitalisierung besitzt und zeigt, welches Aufwärtspotenzial der Titel hat. Immerhin ist Cantourage derzeit deutlich größer als Canify. Sehr spannend aber trotzdem die stark auf den Pharmaaspekt ausgerichtete Präsentation von Canifiy-Vorstand Sascha Mielcarek – einem ehemaligen Tilray-Manager.
Boersengefluester.de stuft die Cantourage-Aktie derweil von Halten auf Kaufen hoch und setzt darauf, dass das Thema Medizinalcannabis auch am Kapitalmarkt mehr Relevanz bekommt. Die jüngste kleine Umplatzierung seitens der Altaktionäre Richtung institutionelle Investoren ist ein zusätzliches Indiz dafür, dass das Interesse steigt. Geeignet ist der Titel aber nur für risikobereite Anleger. Kurzfristig steht derweil als nächster Termin die Veröffentlichung geprüfter Konzernzahlen für 2023 an, nachdem es bislang nur Eckdaten zu Umsatz und EBITDA gibt. Wir werden dazu ein Update geben.
Foto: Unsplash+
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