Jede Menge Kritik und Kürzungen bei den Kurszielen der Analysten gab es nach der jüngsten Gewinnwarnung von Cancom. So gesehen nichts Außergewöhnliches, wie es eben so ist, wenn Unternehmen in labilen Börsenphasen ihre eigentlich sicher geglaubten Prognosen drosseln müssen. Bei dem IT-Dienstleister Cancom geht das einher mit einer Notiz, die sich nicht nur auf Jahrestief befindet, sondern innerhalb von weniger als zwei Jahren nun deutlich mehr als 60 Prozent von dem im November 2021 erreichten All-Time-High bei knapp 65 Euro verloren hat. Sehr heftig für einen SDAX-Titel mit solider Bilanz, dem langjährige Börsianer und auch IT-Experten grundsätzlich eine starke Zukunft vorhersagen. Mitunter heißt es sogar, dass Cancom auf dem aktuellen Niveau von 24 Euro ein No-Brainer sei: Also eine Aktie, mit der man auf die lange Sicht – wenn sich das ganze Umfeld für den IT-Sektor verbessert und auch das Vertrauen in die Firmenstrategie wieder steigt – kaum etwas verkehrt machen kann. Nach dem Motto: Augen zu und durch.
So rechnet Cancom nach den enttäuschenden Zahlen für das zweite Quartal für das Gesamtjahr 2023 nun mit Erlösen zwischen 1.520 und 1.580 Mio. Euro – das sind an beiden Enden um rund sieben Prozent weniger als zuvor. Das dabei zu erwartende Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) kürzen die Münchner um jeweils 15 Mio. Euro auf eine neue Bandbreite von 116 bis 126 Mio. Euro. Als wesentliche Ursachen für die Neueinschätzung führt der Vorstand die allgemein gedämpften Aussichten für das zweite Halbjahr sowie die zunächst einmal belastenden Effekte des auf die Schiene gesetzten Profitabilitätsprogramms an.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 1.161,24 | 1.317,27 | 1.549,29 | 1.649,43 | 1.304,46 | 1.292,88 | 1.522,73 | |
EBITDA1,2 | 84,48 | 103,84 | 119,25 | 123,05 | 121,48 | 104,86 | 115,71 | |
EBITDA-Marge3 | 7,27 | 7,88 | 7,70 | 7,46 | 9,31 | 8,11 | 7,60 | |
EBIT1,4 | 60,49 | 63,99 | 54,39 | 63,85 | 77,44 | 49,82 | 55,78 | |
EBIT-Marge5 | 5,21 | 4,86 | 3,51 | 3,87 | 5,94 | 3,85 | 3,66 | |
Jahresüberschuss1 | 40,02 | 42,07 | 36,63 | 61,84 | 272,99 | 30,75 | 55,78 | |
Netto-Marge6 | 3,45 | 3,19 | 2,36 | 3,75 | 20,93 | 2,38 | 3,66 | |
Cashflow1,7 | 124,95 | 81,93 | 129,81 | 68,24 | 72,31 | -53,57 | 94,63 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,16 | 1,20 | 1,04 | 1,60 | 7,08 | 0,86 | 1,00 | |
Dividende8 | 0,50 | 0,50 | 0,50 | 0,75 | 1,00 | 1,00 | 1,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Nicht zuletzt drückt auch die Integration des kürzlich übernommenen IT-Serviceproviders K-Businesscom aus Wien zunächst auf die Ertragskraft – immerhin handelt es sich hierbei um die größte Akquisition in der Firmengeschichte von Cancom. Erfrischend in diesem Zusammenhang zumindest, dass der Cancom-Vorstand nicht mit einem um alle möglichen Effekte aus dem K-Businesscom-Deal weichgespülten Sonder-EBITDA daherkommt. Den kompletten Halbjahresbericht legt die Gesellschaft am 10. August 2023 vor, bezogen auf die Bilanzkennzahlen per Ende März kommt Cancom derzeit auf einen Unternehmenswert – also Marktkapitalisierung abzüglich der Netto-Liquidität von rund 330 Mio. Euro – von rund 607 Mio. Euro. Selbst bezogen auf das reduzierte EBITDA für 2023 ist das eine sehr moderate Bewertung, die sich mit Blick auf die Folgejahre nochmals spürbar reduzieren sollte.
Ebenfalls interessant ist das aktuelle Kursniveau für dividendenorientierte Anleger. Sollte Cancom auch zur Hauptversammlung (HV) im kommenden Jahr eine Ausschüttung von 1 Euro je Aktie auf die Agenda setzen, käme der Titel auf eine Rendite von etwas mehr als vier Prozent. Innerhalb des IT-Sektors aus der Datenbank von boersengefluester.de wäre das nach jetzigem Stand der Top-Scorer. Große Abstriche müssen Anleger derzeit noch bei der Charttechnik machen, aber das bringen antizyklische Investments so mit sich.
Foto: Unsplash+
Jetzt für unseren wöchentlichen Newsletter BGFL WEEKLY anmelden. Das Angebot ist kostenlos und präsentiert die Highlights von boersengefluester.de (BGFL) sowie Interna aus der Redaktion. Der Erscheinungstag ist immer freitags. Wer Interesse hat und noch nicht registriert ist, kann das gern unter diesem LINK tun. Wir freuen uns auf Sie! Selbstverständlich behandeln wir Ihre E-Mail-Adresse vertraulich und verwenden sie ausschließlich für den Versand des Newsletters BGFL WEEKLY.