So schnell kann es gehen. Noch Anfang November 2021 notierte die Aktie von B+S Banksysteme mit 5,50 Euro auf dem höchsten Stand seit März 2018, nur dreieinhalb Monate später hat sich das Papier mehr als halbiert – ohne dass es dafür neben der allgemeinen Korrektur der Technologieaktien eine komplett schlüssige Erklärung gäbe. Zwar war das Halbjahresergebnis rückläufig und die Prognose für das Geschäftsjahr 2021/22 (30. Juni) ist stark von der rechtzeitigen Endabnahme einzelner Projekte abhängig, B+S-Vorstand Wilhelm Berger zeigt sich im Gespräch mit boersengefluester.de jedoch zuversichtlich, dass die entsprechenden Umsätze im vierten Quartal realisiert werden können. Eine Übernahme auf dem aktuellen Kursniveau schließt er aus.
Herr Berger, im ersten Halbjahr 2021/22 erzielte B+S Banksysteme mit 5,625 Mio. Euro einen rund 10-prozentigen Umsatzanstieg, wie es heißt „im Wesentlichen aus dem Geschäft mit Stammkunden“. Was war für den Umsatzanstieg ausschlaggebend?
Wilhelm Berger: „Im Wesentlichen aus dem Geschäft mit Stammkunden“ bedeutet neben den gut planbaren Einnahmen aus Wartung und ASP (Application Service Provider) insbesondere Lizenzerweiterungen, Add-ons und weitere Projekte mit bestehenden Kundenverbindungen. Zudem haben sich erste positive Effekte aus dem neuen Geschäft als Zahlungsinstitut auf Basis der ZAG-Lizenz ergeben.
Ende des Geschäftsjahres 2020/21 hatten Sie bezüglich des Neugeschäfts davon gesprochen, dass geplante Aufträge zwar abgeschlossen werden konnten, aber wegen IFRS 15 nicht in den Erlös gebucht werden konnte. Wurden davon nun im ersten Halbjahr erste Erlöse verbucht?
Wilhelm Berger: Nein. Dass sich der Halbjahresumsatz trotz des im Frühsommer 2021 akquirierten Neugeschäfts nicht deutlich dynamischer erhöht hat, liegt am Abrechnungsmodus, der eine Umsatzrealisierung erst mit der Endabnahme vorsieht. Die Projekte aus dem angesprochenen Neugeschäft befinden sich in der Realisierung. Den Abschluss bzw. die Abnahme dieser Projekte erwarten wir nach Plan im vierten Quartal des laufenden Geschäftsjahres.
Auf der Kostenseite hatten Sie im ersten Halbjahr 2021/22 sowohl beim Personal als auch beim Materialeinsatz höhere Werte im Jahresvergleich. Worauf sind die gestiegenen Kosten zurückzuführen? Liegen diese im Rahmen der Planungen?
Wilhelm Berger: Im Bereich des Stammpersonals haben wir aufgrund der regulatorischen Anforderungen verstärkt in die Bereiche Revision und Sicherheit investiert, sowie gezielt zusätzlich Fachkapazitäten aufgebaut, um die Anforderungen aus zu erwartenden Neubeauftragungen erfüllen zu können. Beim Materialeinsatz handelt es sich um den Aufwand für Personal-Leasing für ein bestimmtes Projekt. Aufgrund der Projektgröße war der Einsatz von zusätzlichem Personal erforderlich und auch eingeplant. Im Vordergrund steht hier der fristgerechte Abschluss des Projekts.
Wird sich die Kosten-/Ertragslage im zweiten Halbjahr wieder normalisieren bzw. verbessern?
Wilhelm Berger: Davon können wir ausgehen.
Welche Erwartungen haben Sie an das Neugeschäft im zweiten Halbjahr 2021/22?
Wilhelm Berger: Neben Vertragserweiterungen und -verlängerungen mit Bestandskunden und neuen Aufträgen aus der „Mund-zu-Mund-Propaganda“ bearbeiten wir derzeit mehrere Ausschreibungen, die gut auf die B+S-Produkte und Services zugeschnitten sind. Die Entscheidungen hierzu können gemäß den Vorgaben innerhalb der ersten Jahreshälfte erwartet werden.
Für das laufende Geschäftsjahr haben Sie in Ihrer Prognose einen Umsatz von 12,5 Mio. Euro und ein EBIT in Höhe von 2 Mio. Euro in Aussicht gestellt. Nun verweisen Sie beim Ausblick auf das Gesamtjahr auf die Entwicklung im vierten Quartal. Entscheidend wird sein, ob die bereits angesprochenen Großprojekte noch im laufenden Geschäftsjahr abgeschlossen und erlöswirksam werden können. Welche Umsatzdimension ist davon abhängig?
Wilhelm Berger: Mit einer im zweiten Quartal 2021/22 erwirtschafteten Betriebsleistung von 3,136 Mio. Euro liegen wir linear gerechnet genau im Plan. Und durch den hohen Anteil wiederkehrender Erlöse blicken wir auch zuversichtlich auf das laufende zweite Halbjahr. Derzeit gehen wir davon aus, dass wir die geringere Betriebsleistung aus dem ersten Quartal durch die Realisierung der laufenden Projekte im Gesamtjahr noch ausgleichen können.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 9,83 | 9,05 | 9,85 | 10,44 | 11,08 | 11,23 | 12,71 | |
EBITDA1,2 | 2,56 | 0,74 | 1,40 | 1,76 | 2,04 | 1,49 | 2,92 | |
EBITDA-Marge3 | 26,04 | 8,18 | 14,21 | 16,86 | 18,41 | 13,27 | 22,97 | |
EBIT1,4 | 1,71 | -0,20 | -0,21 | 0,21 | 0,41 | 0,24 | 1,75 | |
EBIT-Marge5 | 17,40 | -2,21 | -2,13 | 2,01 | 3,70 | 2,14 | 13,77 | |
Jahresüberschuss1 | 1,07 | -0,33 | -0,27 | 0,23 | 0,03 | 0,44 | 1,24 | |
Netto-Marge6 | 10,89 | -3,65 | -2,74 | 2,20 | 0,27 | 3,92 | 9,76 | |
Cashflow1,7 | 3,94 | -0,52 | 2,09 | 0,73 | 1,48 | 0,28 | 2,83 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,17 | -0,05 | -0,05 | 0,04 | 0,01 | 0,07 | 0,20 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Was würde das für die Ergebnisseite bedeuten, wenn diese Umsätze nicht wie geplant umsatzrelevant werden? Wäre dann für das Geschäftsjahr 2021/22 auch ein Abrutschen in die roten Zahlen zu befürchten?
Wilhelm Berger: Wir sind mit der Projektrealisierung im Plan und gehen unverändert von einer fristgerechten Abnahme aus. Aber auch unabhängig hiervon erwarten wir kein Abrutschen in die roten Zahlen. Dies zeigt auch ein Blick auf die operativen Ergebnisse des ersten Quartals mit einem EBIT von 253.000 Euro.
Wie hoch ist bei den genannten Projekten der Anteil wiederkehrender Erlöse, bzw. in welcher Größenordnung sind daraus wiederkehrende Erlöse zu erwarten?
Wilhelm Berger: Der Anteil der wiederkehrenden Erlöse beträgt jeweils mehrere 100.000 Euro.
Haben Sie kurz- bis mittelfristig Kapitalbedarf?
Wilhelm Berger: Nein, wir haben keinen zusätzlichen Kapitalbedarf. Wir weisen eine solide Eigenkapitalquote 43,9 Prozent auf und verfügen zum Stichtag 31. Dezember 2021 über eine Liquidität, bestehend aus Bankguthaben und kurzfristigen Kundenforderungen, in Höhe von 5,682 Mio. Euro. Bei der Verwendung dieser Mittel gehen wir mit Sorgfalt vor. Da derzeit auch kein Akquisitionsprojekt in Planung ist, sind wir komfortabel und ausreichend finanziert.
Kommen wir zurück auf den Aktienkurs zu sprechen. Dieser hat sich seit Anfang November halbiert. Aktuell wird B+S nur noch mit rund 15 Mio. Euro bewertet. Sehen Sie sich als Übernahmekandidat auf diesem Niveau?
Wilhelm Berger: Der momentane Aktienkurs entspricht bei weitem nicht den Werten, die die B+S vorweisen kann und die bei einem Unternehmensvergleich anzusetzen wären. Zudem bleiben hier auch die stillen Reserven des Immobilienbesitzes und unserer Beteiligung an dem Start-up TradeLite unberücksichtigt. Eine Übernahme auf dem derzeitigen Niveau schließe ich aus.
Wilhelm Berger ist seit August 2008 Vorstand der B+S Banksysteme Aktiengesellschaft und verantwortet dort die Bereiche Finanzen und Personal. Begonnen hat Berger – Jahrgang 1950 – seine berufliche Karriere bei Nixdorf Computer. 1982 gründete er in Salzburg dann die B+S Banksysteme. Zur Börsennotiz kam die Gesellschaft durch einen Reverse-Takeover des ehemaligen Neuer-Markt-Unternehmens DataDesign, die wiederum zuvor den Internet-Banking-Bereich von Brokat aus deren Insolvenzmasse übernommen hatte. Der Hauptsitz von B+S Banksysteme befindet sich in München, weitere Standorte gibt es in Salzburg und im Kanton Bern in der Schweiz.
Fotos: Clipdealer, B+S Banksysteme AG