Immerhin: Im frisch vorgelegten Geschäftsbericht betont der Softwareanbieter B+S Banksysteme die Corona-Krise ohne Schaden gemeistert zu haben und Ende Juni – also mit Beginn des neuen Geschäftsjahrs – wieder in den Normalbetrieb zurückgekehrt zu sein. Entsprechend zuversichtlich fällt auch der Ausblick für das Gesamtjahr aus, nachdem die Münchner 2019/20 am Ende doch einen Tick hinter den eigenen Erwartungen zurückgeblieben sind. Mindestens eine Erwähnung wert ist nach Auffassung von boersengefluester.de, dass der Softwarespezialist für den Einsatz in Bereichen wie Zahlungsverkehr oder Risikomanagement keinerlei öffentliche Mittel in Anspruch genommen hat, um die Auswirkungen von COVID-19 abzufedern. Wir haben mit CEO Wilhelm Berger über die aktuelle Entwicklung, wichtige Projekte und natürlich auch den Aktienkurs gesprochen. Summa summarum hört sich das alles durchaus positiv an, so dass die Notiz des Micro Caps spürbares Erholungspotenzial besitzt. Noch notiert der Titel sogar unter Buchwert – bei einer Marktkapitalisierung von knapp 12 Mio. Euro.
Herr Berger, blicken wir kurz auf das am 30. Juni beendete Geschäftsjahr 2019/20 zurück. Wie hat sich die Corona-Pandemie auf Ihr operatives Geschäft ausgewirkt?
Wilhelm Berger: Unser operatives Abschneiden im Geschäftsjahr 2019/20 ist vor dem Hintergrund eines verzögerten Auftragseingangs bei Neu- und Bestandskunden zu sehen, da im Corona-Umfeld des zweiten Halbjahrs 2019/20 Vertriebsaktivitäten aufgrund der Absage vieler Veranstaltungen, Messen sowie Kundentermine deutlich eingeschränkt waren. Telefon- und Videokonferenzen können nicht den persönlichen Kontakt ersetzen, den man braucht, um Vertrauen aufzubauen oder auch um zwischen den Zeilen lesen zu können. Dank vorausschauender Planung hat die B+S Banksysteme AG die Corona-Krise bisher jedoch ohne nennenswerten Schaden bewältigt.
Wie lief der Start ins neue Geschäftsjahr?
Wilhelm Berger: Wir sind gut ins Geschäftsjahr 2020/21 gestartet. Die ersten Wochen haben uns vermehrt konkrete Anfragen für fertige Lösungen bzw. darauf aufsetzende Projekte beschert. Die Rückkehr in die Normalität bringt der B+S einen Schub, vor allem durch den Nachholbedarf der Finanzdienstleister im Bereich der Digitalisierung.
Im Mai hatten Sie über den Zuschlag für ein großes Entwicklungsprojekt berichtet. Können Sie dazu etwas mehr Details nennen?
Wilhelm Berger: Es handelt sich dabei um den umfassenden neuen Online-Auftritt einer Privatbank. Mit diesem Projekt wird der erste Schritt in Richtung Digitalisierung der Bankprozesse und die Transformation zu einer innovativen Online-Bank gesetzt.
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Bei den Umsätzen im zurückliegenden Geschäftsjahr lebte B+S vor allem vom stabilen Wartungs- und ASP-Geschäft. Für das laufende Jahr sind weitere Neukundenprojekte avisiert. Was macht Sie so zuversichtlich für eine höhere Dynamik?
Wilhelm Berger: Wir haben weiterhin eine stabile Basis aus dem Wartungs- und ASP-Geschäft. Unserer Zuversicht für das Neugeschäft basiert auf den vorliegenden Anfragen und dem Stand der diesbezüglichen Gespräche.
Die Erteilung der ZAG-Lizenz im Frühjahr war ein regulatorischer Meilenstein. Was bedeutet das für B+S konkret?
Wilhelm Berger: Mit der ZAG-Lizenz können wir Kunden und Interessenten Lösungen und Dienstleistungen anbieten, die auf der Nutzung von Onlinebanking-Zugangsdaten basieren oder auch die Ausführung von Zahlungen ermöglichen. Das betrifft vor allem auch sogenannte Fintechs, die mit innovativen Lösungen in den Markt wollen, ohne die technische Basis entwickeln zu müssen und die regulatorischen Anforderungen zu erfüllen. Wenn man die diesbezügliche Presse verfolgt, haben selbst unsere konservativen Banken den Zahlungsverkehr als Geschäftsmodell wiederentdeckt.
Basierend auf der ZAG-Lizenz konnten Sie bereits Verträge schließen. Die Umsatzentwicklung in diesem Produktbereich ist Ihren Angaben gemäß abhängig vom jeweiligen Kundenerfolg. Könnten Sie das bitte etwas näher erläutern?
Wilhelm Berger: Die Abrechnung/Verrechnung dieser Services erfolgt Stückzahlen abhängig. Dies können z. B. ausgeführte Zahlungen oder auch Kontozugriffe sein. Sprich: Je mehr Dynamik die Entwicklung auf Kundenseite zeigt, desto größer ist der Umsatz- und Ergebnisbeitrag dieser Kundenbeziehung.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 9,83 | 9,05 | 9,85 | 10,44 | 11,08 | 11,23 | 12,71 | |
EBITDA1,2 | 2,56 | 0,74 | 1,40 | 1,76 | 2,04 | 1,49 | 2,92 | |
EBITDA-Marge3 | 26,04 | 8,18 | 14,21 | 16,86 | 18,41 | 13,27 | 22,97 | |
EBIT1,4 | 1,71 | -0,20 | -0,21 | 0,21 | 0,41 | 0,24 | 1,75 | |
EBIT-Marge5 | 17,40 | -2,21 | -2,13 | 2,01 | 3,70 | 2,14 | 13,77 | |
Jahresüberschuss1 | 1,07 | -0,33 | -0,27 | 0,23 | 0,03 | 0,44 | 1,24 | |
Netto-Marge6 | 10,89 | -3,65 | -2,74 | 2,20 | 0,27 | 3,92 | 9,76 | |
Cashflow1,7 | 3,94 | -0,52 | 2,09 | 0,73 | 1,48 | 0,28 | 2,83 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,17 | -0,05 | -0,05 | 0,04 | 0,01 | 0,07 | 0,20 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Für das laufende Geschäftsjahr 2020/21 gehen Sie von einem Konzernumsatz von 12 Mio. Euro als Ziel aus, gesplittet in rund 7 Mio. Euro aus Wartung und ASP (Rechenzentrumsbetrieb), Mieteinnahmen, beauftragtes Projektgeschäft im Volumen von 2,2 Mio. Euro und 2,2 Mio. Euro Neugeschäft. Handelt es sich mit Blick auf das Projektgeschäft um bestehende oder neue Kunden und mündet der Abschluss der genannten Projekte dann auch in höheren Erlösen im Bereich Wartung/ASP?
Wilhelm Berger: Das genannte Projektgeschäft betrifft sowohl Neukunden als auch bestehende Verbindungen. Das Projektgeschäft ist als Dienstleitungsgeschäft zu sehen und führt damit nicht automatisch zu Folgeerträgen in Form von Wartungs- bzw. ASP-Einnahmen. In der Regel handelt es sich jedoch nicht um Einmalprojekte, sondern um Projektphasen, die nach Abschluss der einzelnen Abschnitte weitergeführt werden.
Auf Basis des Umsatzziels von 12 Mio. Euro und der bestehenden Kostenbasis stellen Sie für das laufende Geschäftsjahr ein EBIT von 1,5 Mio. Euro in Aussicht, was gegenüber dem noch defizitären Geschäftsjahr 2019/20 ein deutlicher Sprung wäre. Woraus speist sich diese Entwicklung im Wesentlichen?
Wilhelm Berger: Wir hatten im abgelaufenen Geschäftsjahr diverse Einmalkosten im sechsstelligen Bereich, unter anderem für die Erlangung der ZAG-Lizenz. Unsere EBIT-Planung berücksichtigt neben diesen fixen Einsparungen ein moderates Umsatzwachstum in allen Bereichen.
Zuletzt hatten Sie einen Liquiditätsbestand von 3,68 Mio. Euro, was in etwa ein Drittel des Börsenwerts ist. Wie viel Liquidität benötigen Sie, um den laufenden Betrieb aufrecht zu halten und was steht als Kapital für Investitionen zur Verfügung?
Wilhelm Berger: Unserer Planung basiert darauf, dass wir in der Regel feste Einnahmen und Fixkosten im Einklang halten. Nachdem wir in den beiden vergangenen Jahren überdurchschnittlich investiert haben, warten wir jetzt zunächst einmal die Entwicklung der gesamtmarktwirtschaftlichen Situation ab.
Der Aktienkurs ist seit seinem Zwischenhoch bei rund 7 Euro im Jahr 2017 deutlich unter Druck geraten. Können Sie Ihren Aktionären nun Hoffnung auf eine nachhaltige Trendwende machen?
Wilhelm Berger: Unsere Prioritäten der vergangenen beiden Geschäftsjahre lagen eindeutig in der Entwicklung der Produkte mit dem entsprechenden Personalaufbau. Dabei haben wir zugegebenermaßen den Aktienkurs etwas aus den Augen verloren. Im Hinblick auf die Chancen, die sich in den nächsten Monaten und Jahren am Markt bieten werden, verstärken wir unsere Aktivitäten bezüglich der Unternehmensdarstellung. Der positive Start ins Geschäftsjahr 2020/21 bestärkt uns in dieser Hinsicht.
Wilhelm Berger ist seit August 2008 Vorstand der B+S Banksysteme Aktiengesellschaft und verantwortet dort die Bereiche Finanzen und Personal. Begonnen hat Berger – Jahrgang 1950 – seine berufliche Karriere bei Nixdorf Computer. 1982 gründete er in Salzburg dann die B+S Banksysteme. Zur Börsennotiz kam die Gesellschaft durch einen Reverse-Takeover des ehemaligen Neuer-Markt-Unternehmens DataDesign, die wiederum zuvor den Internet-Banking-Bereich von Brokat aus deren Insolvenzmasse übernommen hatte. Der Hauptsitz von B+S Banksysteme befindet seit 2008 in München, weitere Standorte gibt es in Salzburg und im Kanton Bern in der Schweiz.
Fotos: B+S Banksysteme AG, Joan Gamell auf Unsplash