Wohl selten wurde die Kapitalerhöhung eines SDAX-Unternehmens medial so intensiv begleitet wie die anstehende Finanzierungsrunde von Borussia Dortmund. Bemerkenswert ist insbesondere, wie viele der sensiblen Informationen vorab durchsickerten. Ein Ruhmesblatt für eine diskrete Kapitalmarktkommunikation haben sich die Verantwortlichen des BVB damit nicht verdient. Immerhin: Dem Aktienkurs der Schwarz-Gelben hat das Zurschaustellen der Kapitalerhöhung nicht geschadet. Mit knapp 5 Euro bewegt sich die Notiz etwa auf dem Niveau von Ende Juni, als der Bundesligist den Spezialchemiekonzern Evonik Industries an Bord holte – damals zu 4,37 Euro für jede der insgesamt 6,12 Millionen extra für Evonik neu ausgegebenen Aktien. Nun stehen die Eckdaten der zweiten, wesentlich größeren Kapitalerhöhung fest. Demnach wollen die Dortmunder bis zu 24.554.804 neue Aktien ausgeben. Anders als bei der ersten Maßnahme erhalten die bestehenden Anteilseigner ein Bezugsrecht und bleiben somit nicht außen vor.
Konkret: Für jeweils elf bestehende Aktien können Anleger vier junge Aktien zum Preis von je 4,66 Euro beziehen. Vor Abzug Spesen können so insgesamt 114,4 Mio. Euro zusammenkommen. Davon sollen rund 40 Mio. Euro für die Tilgung von Finanzschulden verwendet werden. Der Rest würde für Investitionen ins „Anlagevermögen“ zur Verfügung stehen. Dazu zählt beim BVB – neben dem Stadion – natürlich in erster Linie der Spielerkader. Umgesetzt werden soll die Kapitalerhöhung voraussichtlich vom 26. August bis zum 8. September 2014.
Damit stellt sich für BVB-Aktionäre die entscheidende Frage: Mitmachen oder nicht? Eine pauschale Antwort lässt sich nicht geben, denn die Teilnahme hängt von vielen persönlichen Faktoren ab. Zunächst einmal muss man überhaupt genügend freie Mittel haben, um an der Maßnahme teilnehmen zu können. Beispiel: Ein Anleger, der 660 BVB-Aktien im Depot hat – das entspricht einem Gegenwert von rund 3.300 Euro – erhält das Recht, 240 neue Anteilscheine zum Vorzugspreis von je 4,66 Euro zu beziehen. Dafür müsste der Anleger dann 1.118,40 Euro (ohne Gebühren) bezahlen. Anschließend hätte er 900 BVB-Aktien im Depot. Unterstellt, dass die Notiz unverändert bei 4,99 Euro verharrt, würde die Borussen-Position dann 4.491 Euro im Depot ausmachen. Womöglich sagt sich manch Privatanleger, dass ihm diese Depotgröße dann doch zu groß erscheint.
Fakt ist, dass einem bestehenden Aktionär zunächst einmal ein Vermögensnachteil durch eine Kapitalerhöhung entsteht. Immerhin werden zusätzliche Anteile zu einem Kurs unterhalb der aktuellen Notiz verkauft. Außerdem wird der Gewinn künftig auf entsprechend mehr Aktien verteilt. Die Tortenstücke werden also kleiner als bislang. Einen Ausgleich hierfür schafft das Bezugsrecht. Es errechnet sich nach dieser Formel:
Für die anstehende Kapitalerhöhung der Borussia würde sich demnach ein Bezugsrechtswert von 0,088 Euro ergeben (4,99 Euro – 4,66 Euro) : ((11:4) +1). Anleger, die nicht an der Kapitalerhöhung teilnehmen wollen, können – sofern ein Handel organisiert ist – ihre Bezugsrechte über die Börse verkaufen. Beim BVB können sie diese Option allerdings nicht ziehen, denn dem Vernehmen nach findet kein Bezugsrechtshandel statt. Nicht bezogene Aktien werden vielmehr im Rahmen einer Privatplatzierung untergebracht. Und hier kommen Evonik, Puma und Signal Iduna ins Spiel. Das Investorentrio hat sich verpflichtet, bis zu 17.600.000 junge Aktien, die von Altaktionären nicht gezeichnet wurden, zu übernehmen. Damit sind schon einmal 82 Mio. Euro der Kapitalerhöhung garantiert. Wie sich diese Summe auf die einzelnen Unternehmen genau verteilt ist gegenwärtig noch nicht bekannt. Dem Vernehmen nach soll Puma aber bereit sein, mit bis zu fünf Prozent beim BVB einzusteigen. Dazu müsste der Sportartikelkonzern 4,6 Millionen Aktien zeichnen. Sollte diese Meldung stimmen, müssten – bei Vollausübung – Evonik und Sigal Iduna (oder einer von beiden) bereit sein, deutlich mehr Stücke zu übernehmen.
Noch lässt sich also nicht beurteilen, wie künftig die Aktionärsstruktur des BVB aussehen wird. Gegenwärtig befinden sich 68,81 Prozent der Papiere im Streubesitz. Boersengefluester.de geht davon aus, dass dieser Anteil nach der Kapitalmaßnahme auf eine Größenordnung von rund 55 Prozent schrumpfen wird. Sobald weitere Details aus dem Wertpapierprospekt bekannt sind, werden wir eine Handlungsempfehlung für die Kapitalerhöhung abgeben. Losgelöst davon: Die BVB-Aktien bleibt bei uns auf „Kaufen“.