Jede Zeit hat ihre ganz speziellen Fragen auf Investorenkonferenzen. Drehte sich vor einigen Quartalen noch nahezu alles um Corona sowie die im Zuge dessen aus dem Ruder gelaufenen Lieferketten, stehen die Themen Energieabhängigkeit – speziell Gas – und Inflation momentan oben auf der Liste der Investoren. Das war bei dem von Montega ausgerichteten virtuellen Meeting zu den vorläufigen Halbjahreszahlen von Blue Cap nicht anders. Immerhin ist die Beteiligungsgesellschaft unter anderem auch in energieintensiven Branchen wie dem Plastiksektor unterwegs. Zumindest bislang hat Blue Cap die Herausforderungen per saldo aber ordentlich gemeistert, wenngleich es im Detail bei den zurzeit neun Portfoliogesellschaften sehr unterschiedliche Entwicklungen gibt und auch der Ausblick für das Gesamtjahr weiter mit hoher Unsicherheit behaftet ist.
So steht nach sechs Monaten 2022 ein von knapp 121 auf mehr als 173 Mio. Euro erhöhter Umsatz zu Buche. Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (adjusted EBITDA) kletterte deutlich überproportional um fast 70 Prozent auf 17,7 Mio. Euro. Das entspricht einer bereinigten EBITDA-Marge von 10 Prozent. „Wir haben das beste Halbjahr unserer Unternehmensgeschichte geholt“, sagt der frisch vom Investmentvorstand zum CEO beförderte Tobias Hoffmann-Becking. Für das Gesamtjahr bleibt es aber erstmal bei der Prognose, wonach mit Erlösen zwischen 305 und 325 Mio. Euro sowie einer bereinigten EBITDA-Marge in einer Spanne von 9 bis 10 Prozent zu rechnen ist.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 141,76 | 176,11 | 225,67 | 232,00 | 267,35 | 347,51 | 273,32 | |
EBITDA1,2 | 11,18 | 11,52 | 15,01 | 34,47 | 25,41 | 30,30 | 15,18 | |
EBITDA-Marge3 | 7,89 | 6,54 | 6,65 | 14,86 | 9,50 | 8,72 | 5,55 | |
EBIT1,4 | 8,48 | 6,60 | 4,65 | 21,37 | 7,82 | 16,96 | -13,51 | |
EBIT-Marge5 | 5,98 | 3,75 | 2,06 | 9,21 | 2,93 | 4,88 | -4,94 | |
Jahresüberschuss1 | 40,01 | 4,62 | 2,82 | 16,49 | 4,72 | 10,44 | -20,28 | |
Netto-Marge6 | 28,22 | 2,62 | 1,25 | 7,11 | 1,77 | 3,00 | -7,42 | |
Cashflow1,7 | 3,15 | 0,28 | 1,84 | 12,60 | 12,44 | 16,99 | 19,60 | |
Ergebnis je Aktie8 | 10,05 | 1,16 | 0,71 | 4,15 | 1,24 | 2,78 | -4,02 | |
Dividende8 | 1,00 | 0,75 | 0,75 | 1,00 | 0,85 | 0,90 | 0,65 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Insbesondere bezogen auf den Umsatz sieht das sehr konservativ geplant aus, aber CFO Matthias Kosch weist darauf hin, dass bei vielen Unternehmen aus dem Portfolio das erste Halbjahr grundsätzlich etwas stärker ist als das zweite. „Nach Q3 wissen wir mehr, dann können wir gegebenenfalls anpassen“, sagt Hoffmann-Becking. Zudem betont der Manager, dass momentan erst einmal keine großen M&A-Deals geplant sind, maximal partielle Verstärkungen für bestehende Portfolio-Unternehmen sind denkbar. „Der Fokus liegt auf operativer Performance“, sagt Hoffmann-Becking. Insgesamt gefällt boersengefluester.de aber ausgesprochen gut, welche Entwicklung Blue Cap in den vergangenen gut 2,5 Jahren genommen hat. Die Gesellschaft wirkt deutlich agiler und transparenter, hat alte Zöpfe – etwa was den Immobilienbesitz angeht – abgeschnitten und darüber hinaus auch noch die Investor Relations-Aktivitäten intensiviert.
Um die Veränderung zu erkennen, braucht man im Grunde nur die Geschäftsberichte von 2018 und 2021 miteinander zu vergleichen. Da liegen Welten zwischen. Nun: Am Ende kommt es den Investoren auf Performance an, und da gilt es auch für Blue Cap eine vernünftige Mischung aus Wachstum, Dividende und Substanz hinzubekommen. Und wie bei quasi allen Beteiligungsgesellschaften sollen die Anstrengungen auch bei Blue Cap darin münden, den stattlichen Abstand von zurzeit rund einem Drittel auf den Net Asset Value (NAV) zu verringern. Nach den Halbjahreszahlen haben sich die Chancen hierfür wohl eher verbessert – so zumindest die Einschätzung von boersengefluester.de. Langfristig bleibt es ohnehin bei dem Ziel, wonach der NAV auf deutlich über 200 Mio. Euro steigen soll. Zumindest im Hinterkopf sollten Anleger jedoch ebhalten, dass Blue Cap mit Partner Fonds einen Großaktionär hat, der – freilich schon seit geraumer Zeit – eher einen anderen Investor sucht.
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