Wer hätte das gedacht? Aus der früher einmal fast schon ein wenig langweiligen Beteiligungsgesellschaft Blue Cap ist ein richtig spannendes Unternehmen geworden. Immerhin überraschte der bei Präsentationen oder in Interviews stets sehr akurrat formulierende Vorstand und Großaktionär Dr. Hannspeter Schubert zuletzt mit zum Teil sehr knackigen Investments: Jedenfalls wurden Engagements wie in die Gold- und Silberscheideanstalt Carl Schaefer, bei Neschen oder auch der Einstieg bei Greiffenberger lebhaft diskutiert in der Small Cap-Szene. Zudem steht zur Hauptversammlung am 6. Juli 2018 eine Dividende von 1,00 Euro auf der Tagesordnung – das wäre die erste Ausschüttung seit der Notizaufnahme im Oktober 2006. Schuberts Strategie kommt an bei den Investoren: Allein seit Jahresbeginn zog die Notiz der im Börsensegment Scale gelisteten Blue Cap-Aktie um gut 43 Prozent auf zuletzt 25 Euro an. Damit bringen es die Münchner auf eine Marktkapitalisierung von annähernd 100 Mio. Euro. Mitten in diese Wohlfühl-Atmosphäre platzte jedoch eine Meldung, die zunächst einmal schwer einzuordnen ist: Demnach hat Schubert über die ihm zurechenbare Southern Blue Beteiligungsgesellschaft 1.750.000 Blue Cap-Aktien – das entspricht dem Vernehmen nach seinem gesamten Bestand – an eine Tochter der PartnerFonds AG verkauft. Die in Planegg bei München ansässige Beteiligungsgesellschaft hält damit künftig 44 Prozent an Blue Cap.
Für Diskussionsstoff sorgt zunächst einmal der – am durchschnittlichen Aktienkurs der vergangenen 200 Tage angelehnte – Verkaufspreis von annähernd 33,5 Mio. Euro. Herunter gebrochen auf die einzelne Aktie entspricht das nämlich einem Niveau von rund 19,15 Euro. Verglichen mit der aktuellen Notiz, die sich an dem für 2017 ausgewiesenen Net Asset Value (NAV) von knapp 26 Euro orientierte, hätte Schubert für den Deal demnach einen Discount von rund einem Viertel akzeptiert. Keine Frage: Gewisse Abschläge gibt es bei solchen Paket-Verkäufen immer. Auf den ersten Blick sieht der Preis aber wenig vorteilhaft aus und löst daher verständlicherweise Irritationen aus.
Möglicherweise hat das Zustandekommen der gut 19 Euro aber auch eher profane Gründe – wie ein Blick auf den Chart zeigt. Angenommen, Schubert habe sich bereits vor drei bis sechs Monaten dazu entschlossen, allmählich Kasse zu machen und sich auf die Suche nach einem Investor gemacht und man wäre zu einer Preisfindung mit Bezug auf den Kurs der vergangenen 200 Tage gekommen: Schon allein bei einem Stichtag Ende April 2018 wäre nach unseren Berechnungen dann ein Ergebnis von rund 17 Euro herausgekommen – bei einem Aktienkurs von damals 18 Euro. Geht man noch einen Monat weiter zurück, bleibt ein Durchschnittskurs von 16,50 Euro, bei einem Ende März erreichten Niveau von 16 Euro. Zumindest aus dieser Perspektive hätte Schubert zwar grundsätzlich gut verhandelt, aber der steile Kursanstieg vom Mai – ausgelöst durch die Veröffentlichung der guten Zahlen aus dem Geschäftsbericht 2017 – kam für ihn einfach einen Tick zu spät. Sei es drum: Für Schubert ist der Deal mit Sicherheit eine super Sache.
Wie geht es nun weiter? Schubert hat betont, dass er vorerst Vorstand von Blue Cap bleiben wird. Mittelfristig wird er dann wohl in den Aufsichtsrat wechseln – so zumindest die derzeitige Planung. Ganz entfernt hat sich „Mr. Blue Cap“ von dem Aktionärsstuhl aber ohnehin nicht, denn einen Teil seines Erlöses aus dem Verkauf seiner Blue Cap-Anteile hat er – über sein Investmentvehikel Southern Blue – in die PartnerFonds AG gesteckt und ist dort nun „größter Einzelaktionär“, wie es heißt. Angeboten haben für diese Transaktion dürften sich die rund 2,1 Millionen eigenen Aktien der PartnerFonds AG. Zur Bewertung der Anteile gibt es keine Informationen. Laut dem mittlerweile auf der Homepage von PartnerFonds veröffentlichten Geschäftsbericht 2017 (Download HIER) weist die Gesellschaft jedoch ein Eigenkapital (inklusive Anteile Dritter) von 96,6 Mio. Euro aus – entsprechend 2,47 Euro je PartnerFonds-Aktie. Setzt man hierauf einen Aufschlag von 20 Prozent und unterstellt, dass Schubert nahezu alle eigenen Aktien der Planegger gekauft hätte – was einem Anteil von gut fünf Prozent am Kapital entspricht –, dann hätte er für dieses Paket knapp 6 Mio. Euro bezahlt. Wohlgemerkt: Das ist nur eine Szenariorechnung von boersengefluester.de. Sie würde jedoch verdeutlichen: Dr. Hannspeter Schubert hätte sein „Baby“ für einen ordentlichen Preis verkauft und einen vergleichsweise kleinen Teil in Anteile der PartnerFonds AG reinvestiert – mit Perspektive auf eine interessante Investmentstory.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 141,76 | 176,11 | 225,67 | 232,00 | 267,35 | 347,51 | 273,32 | |
EBITDA1,2 | 11,18 | 11,52 | 15,01 | 34,47 | 25,41 | 30,30 | 15,18 | |
EBITDA-Marge3 | 7,89 | 6,54 | 6,65 | 14,86 | 9,50 | 8,72 | 5,55 | |
EBIT1,4 | 8,48 | 6,60 | 4,65 | 21,37 | 7,82 | 16,96 | -13,51 | |
EBIT-Marge5 | 5,98 | 3,75 | 2,06 | 9,21 | 2,93 | 4,88 | -4,94 | |
Jahresüberschuss1 | 40,01 | 4,62 | 2,82 | 16,49 | 4,72 | 10,44 | -20,28 | |
Netto-Marge6 | 28,22 | 2,62 | 1,25 | 7,11 | 1,77 | 3,00 | -7,42 | |
Cashflow1,7 | 3,15 | 0,28 | 1,84 | 12,60 | 12,44 | 16,99 | 19,60 | |
Ergebnis je Aktie8 | 10,05 | 1,16 | 0,71 | 4,15 | 1,24 | 2,78 | -4,02 | |
Dividende8 | 1,00 | 0,75 | 0,75 | 1,00 | 0,85 | 0,90 | 0,65 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Die PartnerFonds AG wiederum will sich nämlich börsenfein machen und die schwierige Vergangenheit doch noch zu einem Happy End führen. Zur Einordnung: Ursprünglich wurde die Gesellschaft 2003 als eine Art Steuersparmodell für Anleger in Form von KG-Fonds ins Leben gerufen. Doch das Konzept ging nicht auf – insbesondere die Finanzkrise verhagelte die Aktivitäten und sorgte für herbe Sonderabschreibungen. Hinzu kamen personelle Querelen. Die Folge: Eine Menge Anleger wollten am liebsten ihr Geld zurück, kamen aus dem Investment aber nicht raus. So gesehen dürften etliche – der 2008 durch die Umwandlung in eine AG zu einer Art Zwangsaktionär gewordenen – Geldgeber sehnlich auf den Tag der Notizaufnahme warten. Dabei äußerte sich das Management der PartnerFonds AG im aktuellen Geschäftsbericht bereits sehr konkret: „Das strategische Ziel ist die Kapitalmarktfähigkeit des PartnerFonds-Konzerns bis 2020 mit anschließendem Börsengang am geregelten Markt in Frankfurt am Main. Bis dahin soll der derzeitige Unternehmenswert von rund 100 Mio. € auf eine Marktkapitalisierung – also Wert der Gesellschaft an der Börse – von 200 Mio. € erhöht werden.“
Sichtbares Zeichen des eingeleiteten Veränderungsprozesses ist zudem die geplante Umfirmierung in PartnerIndustries AG. Ein entsprechender Beschluss soll bereits auf der Hauptversammlung der PartnerFonds AG am 5. Juli 2018 in München gefällt werden. Weiter heißt es: „Um diese Ziele zu erreichen, haben wir die Investitionsstrategie und das Geschäftsmodell der PartnerFonds-Gruppe weiterentwickelt. Als Industrieholding stehen bei künftigen Investitionen langfristige Mehrheitsbeteiligungen im Fokus. Wir wollen Miteigentümer oder Eigentümer von profitablen, wettbewerbsstarken und ingenieursgetriebenen mittelständischen Unternehmen im deutschsprachigen Raum werden.” Die sinnvollste Variante wäre dabei sicherlich, dass Blue Cap und die PartnerFonds AG zu einer großen Gesellschaft verschmelzen und es nur eine Notiz geben wird. Ein komplexer Prozess freilich, bei dem es eine Menge Dinge zu beachten gilt – etwa die Nutzung des Verlustvortrags.
Für die Blue Cap-Aktie sind die Nachrichten jedenfalls keine schlechte Entwicklung. Immerhin könnte hier eine quasi doppelt so große Gesellschaft heranwachsen. So gesehen ist der jetzt avisierte Verkauf des Medizintechnikherstellers WISAP Medical Technology aus dem Blue Cap-Portfolio an ein chinesisches Unternehmen beinahe nur eine Marginalie – auch wenn die Meldung an sich durchaus bemerkenswert ist und zeigt, wie aktiv Blue Cap geworden ist.
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