Gänsehautmomente auf Investorenkonferenzen: In ganz wenigen Fällen gibt es sogar das, wie etwa beim Rücktritt des damaligen Schaltbau-Vorstands Jürgen Cammann im Jahr 2016 (HIER) auf dem Eigenkapitalforum. Ungewöhnlich persönlich waren auch die Erklärungen von Bernhard Burgener zum Showdown zwischen Constantin Medien und Highlight Communications. Die Chancen standen nicht schlecht, dass auch die Präsentation von Dr. Hannspeter Schubert auf der Frühjahrskonferenz am 13. Mai 2019 keine der sonst üblichen Aneinanderreihungen von Zahlen, Charts und sonstigen KPIs werden würde. Immerhin hatte Schubert nur wenige Tage zuvor seinen Rückzug aus dem Vorstand der Beteiligungsgesellschaft Blue Cap zum Jahresende 2019 bekanntgegeben und damit einen vorläufigen Schlussstrich unter den über Monate eskalierenden Streit mit der PartnerFonds AG gezogen. Boersengefluester.de hatte mehrfach über die Entwicklung berichtet. Doch mehr als ein „Es tut mir leid für die Leute, die darauf gewettet haben, dass ich heute nicht hier bin“, ließ sich Schubert bei seinem Vortrag auf der Frühjahrskonferenz zunächst nicht entlocken.
Auf der MKK Münchner Kapitalmarkt Konferenz eine Woche zuvor, sparte er sich eine Kommentierung im offiziellen Präsentationsteil sogar ganz aus. Zugegeben: Da war die Entscheidung um seine Demission offiziell auch noch nicht verkündet. Aber auch in Frankfurt ließ sich Schubert erst auf Nachfrage einige persönliche Einschätzungen entlocken: Dass die Schweizer Evoco AG über einen Fonds mit 18,34 Prozent neuer Großaktionär von PartnerFonds geworden ist, hat er demnach nicht selbst initiiert, „das Vorhaben aber unterstützt“. Zudem sagt er, dass es – entgegen der ursprünglichen Absichten – wohl keine Verschmelzung zwischen PartnerFonds und Blue Cap geben wird. Ob er künftig selbst oder über einen Vertreter im Aufsichtsrat von Blue Cap sitzen wird, ließ Schubert offen. Jedenfalls seien durch die jetzt gefundene Lösung „unangenehme Tumulte“ auf der nächsten Blue Cap-Hauptversammlung am 7. Juni 2019 in München vermieden worden. Mögliche neue Vorstände für die Blue Cap sind derweil noch nicht an Bord, wie es heißt.
Gefragt wurde Schubert in Frankfurt natürlich auch, ob die ganze Entwicklung denn tatsächlich nötig gewesen sei. „Ja, es hätte anders laufen sollen. Aber es war für mich schwer durchschaubar, auf welche Gemengelage ich bei PartnerFonds gestoßen bin. Dass eine Verschiebung von Vermögen vorgesehen war, habe ich nicht gesehen“, betont Schubert. Nobody is perfect und nach Auffassung von boersengefluester.de mag das auch eine ehrliche Einschätzung sein. Andererseits muss sich ein Beteiligungsprofi wie Schubert, dessen Brot-und-Buttergeschäft genau solche Due-Dilligence-Prüfungen sind, den Vorwurf gefallen lassen, dass er den freien Aktionären mit der ganzen Aktion keinen Gefallen getan hat. Und die im Geschäftsbericht 2018 gewählte Formulierung, dass der „Verkauf der Aktien durch die Southern Blue Beteiligungsgesellschaft an die PartnerFonds erfolgte“, ist nicht mehr als eine Nebelkerze, die suggeriert, dass nicht Schubert, sondern Southern Blue für den ganzen Schlamassel gesorgt hat. Dabei ist Southern Blue nichts anderes als seine persönliche Beteiligungsgesellschaft.
Nun: Man muss kein Prophet sein um zu erahnen, dass die Blue Cap/PartnerFonds-Story weitere Wendungen nehmen wird, bis endlich Ruhe einkehrt. SBleibt zu hoffen, dass die Querelen der Vergangenheit tatsächlich nicht aufs operative Geschäft durchgeschlagen haben. Denn dann wäre die im Handelssegment Scale notierte Blue Cap-Aktie, die mit einem Abschlag von stattlichen 40 Prozent auf den Substanzwert von gegenwärtig 29,70 Euro gehandelt wird, unbedingt eine Überlegung wert. Auch, weil sich das erste Quartal 2019 wohl sehr ordentlich dargestellt hat. Nicht komplett vom Tisch ist das zuletzt regelmäßig kolportierte Thema einer 10-Prozent-Kapitalerhöhung. Eine Option sei eine solche Maßnahme aber nur Deal-bezogen für eine größere Transaktion, wie Schubert sagt. Dem Vernehmen befinden sich die Münchner momentan jedoch in Gesprächen. Vielleicht würde Schubert bei solch einer Maßnahme sogar mitziehen. So betont erauf der Frühjahrskonferenz, dass in seinem privaten Portfolio durchaus noch Platz für Aktien sei. Bei PartnerFonds hält er derweil knapp acht Prozent. Schwer abzuschätzen allerdings, ob Blue Cap in der aktuellen Situation tatsächlich eine signifikante Akquisition umsetzen wird.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 141,76 | 176,11 | 225,67 | 232,00 | 267,35 | 347,51 | 273,32 | |
EBITDA1,2 | 11,18 | 11,52 | 15,01 | 34,47 | 25,41 | 30,30 | 15,18 | |
EBITDA-Marge3 | 7,89 | 6,54 | 6,65 | 14,86 | 9,50 | 8,72 | 5,55 | |
EBIT1,4 | 8,48 | 6,60 | 4,65 | 21,37 | 7,82 | 16,96 | -13,51 | |
EBIT-Marge5 | 5,98 | 3,75 | 2,06 | 9,21 | 2,93 | 4,88 | -4,94 | |
Jahresüberschuss1 | 40,01 | 4,62 | 2,82 | 16,49 | 4,72 | 10,44 | -20,28 | |
Netto-Marge6 | 28,22 | 2,62 | 1,25 | 7,11 | 1,77 | 3,00 | -7,42 | |
Cashflow1,7 | 3,15 | 0,28 | 1,84 | 12,60 | 12,44 | 16,99 | 19,60 | |
Ergebnis je Aktie8 | 10,05 | 1,16 | 0,71 | 4,15 | 1,24 | 2,78 | -4,02 | |
Dividende8 | 1,00 | 0,75 | 0,75 | 1,00 | 0,85 | 0,90 | 0,65 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |