Eine wunderbar unaufgeregte Präsentation hat Blue Cap-Vorstand Tobias Hoffmann-Becking auf dem Eigenkapitalforum der Deutschen Börse AG hingelegt. Regelmäßigen Lesern von boersengefluester.de ist das Private Equity-Unternehmen mit Sicherheit ein Begriff. Ansonsten reicht wohl als Kurzerklärung, dass Blue Cap in der Mitte zwischen eher auf Restrukturierungen mit klarem Exit-Fokus angelegten Firmen wie Mutares und Aurelius sowie Evergreens wie Indus Holding, MBB bzw. Gesco anzusiedeln ist. Oder wie Tobias Hoffmann-Becking es ausdrückt: „Wir sind keine Eigentümer für die Ewigkeit, es kann aber gern sehr lange sein.“ An der Börse erlebt Blue Cap schon seit geraumer Zeit ein Revival, was sicher auch damit zu tun hat, dass sich die Gesellschaft nach dem Rückzug des damaligen Großaktionärs und Vorstands Hannspeter Schubert transparenter zeigt und einige alte Zöpfe – wie etwa den Immobilienbesitz – abgeschnitten hat.
Zudem ist deutlich mehr Bewegung ins zurzeit neun Unternehmen umfassende Portfolio gekommen. Perspektivisch kann sich Vorstand Hoffmann-Becking einen Zusammenschluss von 12 bis 15 Gesellschaften vorstellen. Die Ziele für 2021 sehen bei Umsätzen von 255 bis 260 Mio. Euro eine bereinigte EBITDA-Marge von rund acht Prozent vor. Das wiederum würde leicht über dem Rendite-Niveau von 2020 liegen. Ursprünglich lag die Latte schon mal ein wenig höher, aber geschenkt. Ansonsten gibt es bei allen Gesellschaften aus dem Beteiligungsbesitz die üblichen Optimierungen oder auch Ad-On-Akquisitionen. Keine sonderlichen Auffälligkeiten auch an dieser Stelle. Für frische Fantasie könnte jedoch die Tochter Inheco aus Martinsried sorgen. Blue Cap ist bereits seit 2006 bei dem Bauteilelieferanten für die Hersteller von Laborgeräten beteiligt. Damals hat das Unternehmen die Stücke übrigens von der auf boersengefluester.de zuletzt ebenfalls regelmäßig beschriebenen mic AG übernommen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 141,76 | 176,11 | 225,67 | 232,00 | 267,35 | 347,51 | 273,32 | |
EBITDA1,2 | 11,18 | 11,52 | 15,01 | 34,47 | 25,41 | 30,30 | 15,18 | |
EBITDA-Marge3 | 7,89 | 6,54 | 6,65 | 14,86 | 9,50 | 8,72 | 5,55 | |
EBIT1,4 | 8,48 | 6,60 | 4,65 | 21,37 | 7,82 | 16,96 | -13,51 | |
EBIT-Marge5 | 5,98 | 3,75 | 2,06 | 9,21 | 2,93 | 4,88 | -4,94 | |
Jahresüberschuss1 | 40,01 | 4,62 | 2,82 | 16,49 | 4,72 | 10,44 | -20,28 | |
Netto-Marge6 | 28,22 | 2,62 | 1,25 | 7,11 | 1,77 | 3,00 | -7,42 | |
Cashflow1,7 | 3,15 | 0,28 | 1,84 | 12,60 | 12,44 | 16,99 | 19,60 | |
Ergebnis je Aktie8 | 10,05 | 1,16 | 0,71 | 4,15 | 1,24 | 2,78 | -4,02 | |
Dividende8 | 1,00 | 0,75 | 0,75 | 1,00 | 0,85 | 0,90 | 0,65 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Deloitte |
Für Schlagzeilen sorgte der Deal insofern, weil es für die mic AG zu jener Zeit der erste Komplettverkauf eines Unternehmens nach dem eigenen IPO im September 2006 war. Nach einer wenig später erfolgten Aufstockung hält Blue Cap 42 Prozent an Inheco – ist also nur Minderheitsgesellschafter, was untypisch für die Münchner ist. Bei Inheco wiederum laufen die Geschäfte momentan wie geschnitten Brot. Das liegt unter anderem auch daran, dass das Unternehmen Zulieferer für PCR-Testgeräte ist. Boersengefluester.de legt den Schwerpunkt in dieser Story aber insbesondere deshalb auf Inheco, weil Blue Cap-Vorstand Tobias Hoffmann-Becking auf dem Eigenkapitalforum mögliche IPO-Pläne von Inheco ins Spiel brachte: „Wenn Sie sich die Zahlen anschauen, ist das in nicht allzu ferner Zukunft möglich.“
Da die potenzielle Peergroup um Gesellschaften wie Sartorius, Qiagen oder auch ThermoFischer extrem sportliche Bewertungskennzahlen vorzuweisen hat, macht Hoffmann-Becking dabei eine interessante Rechnung auf: Multipliziert man die rund 7 Mio. Euro EBIT, die im laufenden Jahr für Inheco zu erwarten sind, mit den in dem Sektor am Kapitalmarkt zurzeit aufgerufenen Multiples zwischen 20 und 40, kommt man leicht auf eine Größenordnung von 140 bis 280 Mio. Euro. Bezogen auf den 42-Prozent-Anteil von Blue Cap ergibt sich daraus eine Spanne von 59 bis 118 Mio. Euro. „Das ist fast soviel, wie Blue Cap in Summe an der Börse wert ist“, sagt Hoffmann-Becking. Konkret beträgt die Marktkapitalisierung der im Freiverkehrssegment Scale gelisteten Gesellschaft 137 Mio. Euro.
Dabei steht die Vergrößerung des Börsenwerts ohnehin oben auf der Prio-Liste des Managements: „Ultimatives Ziel ist es, dass wir möglichst schnell auf eine Marktkapitalisierung von 200 Mio. Euro kommen, weil die Börsennotierung nur dann auch sinnvoll ist.“ Ansonsten wäre ein Going Private wohl die bessere Variante. Doch keine Angst, es handelt sich nicht um eine versteckte Delisting-Ankündigung, denn Hoffmann-Becking ist sicher, dass die Zielsetzung erreichbar ist. Bezogen auf die aktuelle Aktienstückzahl müsste die Notiz von Blue Cap damit übrigens über die Marke von 45,50 Euro klettern. Viel Potenzial also. Nicht unerwähnt bleiben soll allerdings, dass Blue Cap mit PartnerFonds einen Großaktionär an Bord hat, der perspektivisch selbst den Exit suchen dürfte.
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