Jahrelang das gleiche Spielchen auf der Hauptversammlung (HV) von Beta Systems Software: Vorstand und Aufsichtsrat schlagen eine – regelmäßig durchaus ansehnliche – Dividende vor, doch der Großaktionärspool um Deutsche Balaton und Sparta stellt sich gegen die Ausschüttungspläne und votiert für eine Nullrunde. So war es bei den HVa der Jahre 2020, 2019 und 2018 – und so wäre es im Normalfall wohl auch zur HV am 23. März 2022 gelaufen. Dabei steht formal erneut ein Dividendenvorschlag von 0,21 Euro je Aktie auf der Agenda. Umso überraschender nun der Vorstoß des Vorstandsteams von Beta Systems. So will der in Berlin ansässige Softwareanbieter und Datenbankspezialist diverse Optimierungen in der goldgeränderten Bilanz umsetzen, die am Ende zu keinem direkten Barmittelabfluss führen, dafür aber ein eigenständiges Listing der erst zum jüngsten Bilanzstichtag am 30. September 2021 von der Deutschen Balaton mit Sitz in Heidelberg für schlappe 246.000 Euro erworbenen Latonba AG zur Folge haben.
Eine grundsätzlich clevere Idee, wie boersengefluester.de findet – auch wenn die Wortkreation Latonba schnell zu durchschauen ist (Tipp: Einfach mal die Buchstaben B und A vom Ende an den Wortanfang stellen). Doch die Tücken liegen im Detail. Wie sieht das Prozedere nun konkret aus? Im ersten Schritt findet eine Umgruppierung innerhalb des Eigenkapitals statt. Zurzeit repräsentiert das Grundkapital von 23.916.950 Euro genau 4.783.390 Aktien. Theoretisch entfällt auf jeden Anteilschein somit ein Nennwert von 5 Euro. Der Plan ist, von den 23.916.950 Euro einen Betrag von 19.133.560 Euro in die Kapitalrücklage zu überführen. Das ist zunächst einmal eine rein buchhalterische Maßnahme, hat jedoch den Vorteil, dass die in der Kapitalrücklage enthaltenen Mittel deutlich flexibler eingesetzt werden können als bislang – unter anderem für Ausschüttungen.
Auf den Aktienkurs von Beta Systems würde diese Transaktion übrigens zunächst einmal keine Auswirkungen haben. Es existieren ja weiterhin 4.783.390 Anteilscheine, es handelt sich also nicht um einen Reverse-Split oder womöglich gar die Ausgabe von Berichtigungsaktien. Zudem hat sich an der Vermögenssituation der Berliner bislang nichts geändert. Nun wird es aber auch aus Anlegersicht interessant: Mit der Aufstockung der Rücklage von zuletzt 12.832.000 Euro auf 31.965.560 Euro soll nämlich unter anderem die Möglichkeit geschaffen werden, bei dem Anlagevehikel Latonba AG eine Barkapitalerhöhung zwischen 35 und 60 Mio. Euro zu stemmen und die finanziell frisch aufmunitionierte Latonba-Aktie dann via Spin-off mit einem eigenen Listing zu versehen.
Die Blaupause für solch eine Konstruktion hat die Deutsche Balaton bei einem anderen Unternehmen aus ihrem Portfolio vor einiger Zeit selbst geliefert: Und zwar bei der Abspaltung der mit anständig Geld ausgestatteten 2invest von der operativ tätigen Biotechgesellschaft 4basebio. Noch gibt es freilich keine Infos darüber, was der eigentliche Zweck und die genaue Ausrichtung der Latonba AG sein sollen. Klar ist allerdings: Als reines Kreditvehikel für Balaton braucht es nun wirklich kein eigenes Listing.
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Verrückt an der ganzen Konstruktion ist jedoch, dass noch nicht einmal 100 Prozent klar ist, ob der Vorstand diesmal einzig im Auftrag von Balaton unterwegs ist, oder ob es sich eher um einen von ihm initiierten Plan B zur jährlichen Dividendenabfuhr handelt. Letztlich trägt das Vorhaben aber klar die Handschrift von Balaton. Losgelöst davon: Erfahrungsgemäß dürfte es leider so sein, dass die Aktie der Latonba AG unter ihrem Substanzwert notieren wird. Gut möglich also, dass die Summe aus künftigem – also um den Cash-Abfluss für Latonba bereinigtem – Aktienkurs von Beta Systems plus eingebuchter Latonba-Aktie vielleicht sogar unterhalb der aktuellen Notiz von Beta Systems liegen wird.
Das wäre ein klarer Nachteil, ist zunächst einmal aber reine Spekulation. Zudem ist das Vorhaben mit nicht zu unterschätzenden Transaktionsgebühren verbunden. Eine direkte Sonderausschüttung an die Aktionäre wäre daher wohl besser am Kapitalmarkt angekommen. Sicher ist aber, dass die HV am 23. März 2022 so spannend wird wie ewig nicht. Und nicht zu vergessen: Operativ läuft es bei Beta Systems zurzeit wie am Schnürchen. Die Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr sowie der Ausblick für 2021/22 sehen jedenfalls picobello aus.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 49,81 | 45,91 | 53,29 | 72,08 | 73,10 | 86,30 | 76,28 | |
EBITDA1,2 | 10,81 | 5,47 | 10,46 | 17,17 | 16,63 | 23,06 | 11,62 | |
EBITDA-Marge3 | 21,70 | 11,91 | 19,63 | 23,82 | 22,75 | 26,72 | 15,23 | |
EBIT1,4 | 9,03 | 3,79 | 8,55 | 12,04 | 11,11 | 18,02 | 7,45 | |
EBIT-Marge5 | 18,13 | 8,26 | 16,04 | 16,70 | 15,20 | 20,88 | 9,77 | |
Jahresüberschuss1 | 7,98 | 3,97 | 6,02 | 9,24 | 8,14 | 13,08 | 6,76 | |
Netto-Marge6 | 16,02 | 8,65 | 11,30 | 12,82 | 11,14 | 15,16 | 8,86 | |
Cashflow1,7 | 5,28 | 8,32 | 8,18 | 14,49 | 16,22 | 13,95 | 4,57 | |
Ergebnis je Aktie8 | 1,51 | 0,76 | 1,26 | 1,92 | 1,72 | 2,78 | 1,54 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Nexia |
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