Fußballerisch haben die Österreicher bei der Europameisterschaft (EM) keine Bäume ausgerissen. Umso erstaunlicher, was der Linzer Wettanbieter bet-at-home.com in den vergangenen Wochen an Präsenz auf dem Finanzplatz gezeigt hat – sowohl mit Blick auf die EM als Marketingplattform, als auch in Sachen Investor-Relations-Offensive. Bereits umgesetzt hat bet-at-home.com den 1:1 Aktiensplit, wodurch die Notiz nicht mehr in – für manchen Investor womöglich abschreckenden – dreistelligen Kursregionen daherkommt. Das sollte sich insbesondere positiv auf die Handelsumsätze auswirken. Nahezu parallel hat der Sportwettenanbieter schon zur diesjährigen Hauptversammlung (HV) dezidierte Ausschüttungspläne für 2016 bekannt gegeben. Demnach dürfen die Aktionäre nach der 2017er-HV mit einer Dividende von 5,00 bis 7,50 Euro pro Anteilschein rechnen, was den noch im Entry Standard gelisteten Titel auf eine Dividendenrendite zwischen sieben und elf Prozent bugsieren würde. Zur weiteren Einordnung: Die für 2017 avisierte Ausschüttung würde eine Summe zwischen 35 und gut 52 Mio. Euro erfordern.
Mittlerweile bei der BaFin eingereicht, ist der für das geplante Upgrade in den Prime Standard obligatorische Wertpapierprospekt. „Wenn alles gut läuft, könnten wir noch im Laufe dieses Sommers das Listing im Prime Standard schaffen“, sagt Finanzvorstand Michael Quatember beim Besuch in den Redaktionsräumen von boersengefluester.de. Neuigkeiten gibt es auch hinsichtlich der Platzierung von bis zu zehn Prozent der Aktien von Großaktionär Betclic Everest Group: Dem Vernehmen nach ist ein Großteil der maximal 700.000 Anteilscheine (nach Split) – bereits bei neuen und bestehenden Investoren platziert. Damit ist der Streubesitz nun auf knapp 35 Prozent gestiegen – nach zuvor 28,65 Prozent. Ziel ist es, den Free Float auf rund 45 Prozent zu hieven. Spätestens bis zum Eigenkapitalforum soll dieses Vorhaben umgesetzt sein. Noch keine Entscheidung gibt es hingegen zu der Frage, ob bet-at-home.com von der Deutschen Börse AG im Prime Standard einer klassischen Branche oder dem Techsektor zugeschlüsselt wird. Ein nicht zu unterschätzender Punkt, immerhin entscheidet sich daran die Frage, ob das Unternehmen mit rechtlichem Sitz in Düsseldorf Richtung SDAX oder mit Ziel TecDAX unterwegs ist. Letztlich gäbe es wohl für beide Klassifizierungen (Tech/Classic) gute Argumente. Grundsätzlich sind im SDAX mit Scout24, dem BVB und vor allen Dingen ZEAL Network sogar einige Unternehmen mehr vertreten, die sich als Peer Group für bet-at-home.com eignen. Das könnte für eine Gruppierung in den klassischen Sektor sprechen.
Zumindest in der Indexfrage scheint es CFO Quatember aber nicht eilig zu haben. Dafür schlägt bet-at-home.com in einem anderen Punkt neue Töne an – und zwar hinsichtlich des Darlehens an den Französischen Großaktionär. Allein in den vergangenen drei Jahren ist dieser – zuletzt mit vier Prozent verzinste Kredit – von 32 Mio. Euro bis auf ein stattliches Volumen von 55 Mio. Euro gewachsen. Bei bet-at-home.com sorgt dieses Darlehen zwar regelmäßig für ein ansehnliches Finanzergebnis. Andererseits war das Thema Cashpooling mit der Betclic Everest stets ein strittiger Punkt unter institutionellen Aktieninvestoren. Schließlich ist bet-at-home.com fast so etwas wie ein Wettanbieter mit angeschlossener Kreditabteilung. Solche Vermischungen kommen nicht überall gut an. „Wir haben uns daher entschieden, das Darlehen in mehreren Tranchen zurückzuführen“, verrät Quatember. Einen konkreten Ablaufplan hierfür gibt es zwar noch nicht. Doch Quatember ist sich sicher, dass bet-at-home.com damit ein „wichtiges Signal“ in Richtung noch mehr Attraktivität für den Kapitalmarkt sendet. Überstürzen wird der Finanzvorstand aber auch hier nichts – insbesondere in Zeiten von Negativzinsen auf Guthaben.
Zunächst einmal werden sich die Blicke der Investoren wohl ohnehin auf die für den 1. August angesetzten Halbjahreszahlen richten. Wunderdinge sind hier nicht zu erwarten, immerhin fällt der mit Abstand größte Teile des Marketingbudgets für 2016 in dieses Quartal. Per saldo geht boersengefluester.de davon aus, dass die Linzer nur knapp EBITDA-positiv abschließen werden. An der Gesamtjahresprognose, die ein Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen von rund 30 Mio. Euro vorsieht, hält Quatember fest. Der Großteil des Gewinns wird also erst in der zweiten Jahreshälfte anfallen. In Jahren mit fußballerischen Großereignissen wie Europa- oder Weltmeisterschaften ist das aber ziemlich normal für bet-at-home.com. Insgesamt bietet die Aktie also weiter alle Zutaten für eine knackige Investmentstory. Und vielleicht gibt es sogar schon im Herbst oder Winter den Aufstieg in die Indexliga zu feiern.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 145,39 | 143,35 | 143,29 | 126,93 | 59,35 | 53,53 | 46,18 | |
EBITDA1,2 | 35,47 | 36,22 | 35,17 | 30,95 | 13,97 | 2,11 | 0,81 | |
EBITDA-Marge3 | 24,40 | 25,27 | 24,54 | 24,38 | 23,54 | 3,94 | 1,75 | |
EBIT1,4 | 34,13 | 34,95 | 33,24 | 28,92 | 11,67 | -0,11 | -0,84 | |
EBIT-Marge5 | 23,47 | 24,38 | 23,20 | 22,78 | 19,66 | -0,21 | -1,82 | |
Jahresüberschuss1 | 32,85 | 32,61 | 17,96 | 23,29 | -16,31 | 11,91 | -1,51 | |
Netto-Marge6 | 22,59 | 22,75 | 12,53 | 18,35 | -27,48 | 22,25 | -3,27 | |
Cashflow1,7 | 25,90 | 24,81 | 29,88 | 18,15 | 10,50 | -5,02 | 0,16 | |
Ergebnis je Aktie8 | 4,68 | 4,65 | 2,56 | 3,32 | -2,32 | 1,62 | -0,21 | |
Dividende8 | 7,50 | 6,50 | 2,00 | 2,50 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PKF Fasselt Schlage |
Foto: bet-at-home.com AG