Aktienkurse lassen sich normalerweise nicht am Reißbrett entwickeln. Doch bei Beteiligungsgesellschaften mit Engagements an börsennotierten Gesellschaften und/oder stattlichem Cashanteil lohnt es sich regelmäßig, den Bleistift zu spitzen und Marktineffizienzen zu lokalisieren. Prominente Beispiele auf dem heimischen Kurszettel sind MBB, Heliad Equitiy Partners, MPH Mittelständische Pharma Holding oder die Berliner Effektengesellschaft. Sämtliche Aktien werden mit einem – teilweise ganz erheblichen – Discount auf den Substanzwert (kurz NAV oder Net Asset Value) gehandelt. Komplett geschlossen werden die Lücken in der Regel zwar nie. Schließlich gibt es auch profane Gründe für einen gewissen Kursabschlag, etwa eine mangelhafte Handelsliquidität, Zweifel an der Nachhaltigkeit von Bewertungen oder auch nur die Höhe der Holdingkosten. Andererseits: Wenn der Markt realisiert, dass bestimmte Kursrelationen verzerrt sind, kann es schnell nach oben gehen.
Mit die größte Diskrepanz zwischen NAV und Aktienkurs gibt es zurzeit bei der Finanzholding Berliner Effektengesellschaft (BEG). Dabei bieten die Berliner den Investoren einen prima Service und veröffentlichen auf ihrer Homepage (HIER) täglich den aktuellen Wert ihrer Beteiligungen: Mehr als 90 Prozent des rechnerischen Börsenwerts aller Beteiligungen entfällt dabei auf die Handelsplattform Tradegate. Der Chart von Tradegate sieht gigantisch aus, allein seit Jahresbeginn ist die Notiz von 8,80 Euro auf den historischen Höchststand von 22 Euro in die Höhe geschossen. Auf diesem Niveau bringt es Tradegate allerdings nun auch schon auf einen Börsenwert von 536 Mio. Euro – bei einem 2016er-Überschuss von 12,6 Mio. Euro. Selbst wenn es bei Tradegate derzeit wie am Schnürchen läuft, eine Prognose für die Nachhaltigkeit des aktuellen Kursniveaus fällt boersengefluester.de schwer. Daran ändert auch das zuletzt aufgestockte Engagement der Deutschen Börse AG an Tradegate nichts.
Andererseits sehen wir auch keinen schlagenden Grund dafür, warum die BEG-Aktie vom massiven Aufschwung des Tradegate-Kurses zuletzt nur unterproportional profitiert hat. Der Abschlag von 35 Prozent auf den rechnerischen Wert schein uns gegenwärtig jedenfalls zu hoch. Für erfahrene Small-Cap-Investoren bietet der Titel damit eine attraktive Chance-Risiko-Kombination. Allerdings befinden sich nur gut 17 Prozent der BEG-Papiere im Streubesitz – die restlichen Stücke sind Firmengründer Holger Timm zuzurechnen. Dementsprechend eingeschränkt ist die Handelsliquidität in dem Wert.
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