Lange Zeit war Berentzen so etwas wie die Überraschungsaktie 2015. Von Anfang April bis Ende August schoss die Notiz von gut 4 Euro auf in der Spitze 8 Euro in die Höhe. Nach zahlreichen strategischen Irrwegen und Personalrochaden in den Vorjahren hat der Getränkespezialist aus Haselünne endlich die richtige Mixtur – auch für den Kapitalmarkt – gefunden. Insbesondere die Ende September 2015 erfolgte Umwandlung der stimmrechtslosen Vorzüge in Stammaktien war ein Volltreffer. Gleichzeitig löste die Gleichschaltung der beiden Gattungen – der dazugehörige Wertpapierprospekt hatte einen stattlichen Umfang von 606 Seiten – allerdings auch Spekulationen aus, wonach der langjährige Großaktionär Aurelius damit seinen Ausstieg vorbereite und die Braut nun möglichst hübsch mache. Als Teil der Kosmetik wurde auch das auf der Hauptversammlung im Juli beschlossene Aktienrückkaufprogramm im Volumen von maximal 1,5 Mio. Euro gedeutet. Mittlerweile ist das Budget für den Rückkauf bereits zu rund zwei Dritteln ausgeschöpft. Dennoch hängt die Notiz seit einigen Monaten in einem relativ engen Korridor zwischen 7 und 8 Euro fest. Konkrete Exit-Signale von Aurelius, die Beteiligungsgesellschaft hält direkt und indirekt gut 56 Prozent des Kapitals, gibt es freilich immer noch nicht.
Letztlich dürfte die Zeit für Aurelius auch nicht drängen, schließlich entwickelt sich Berentzen endlich in die richtige Richtung – wenn auch nicht in allen Bereichen. Insbesondere das Auslandsgeschäft mit schwierigen Märkten wie der Türkei und Osteuropa läuft nicht unbedingt rund. Kein Wunder, dass Vorstandssprecher Frank Schübel wachstumsstarke Bereiche wie die Orangensaft-Systeme Citrocasa der vor einem Jahr übernommenen TMP Technic-Marketing-Products aus Linz oder auch den Energydrink „Mio Mio Mate” in seinen Präsentationen hervorhebt. Letztlich können sich die Konzernzahlen aber sehen lassen: Nach neun Monaten 2015 kletterte der Umsatz (ohne Branntweinsteuer) um 5,5 Prozent auf 115,6 Mio. Euro. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen und Steuern (EBIT) legte von 2,5 auf 4,7 Mio. Euro zu. Von 7,8 auf 10,7 Mio. Euro kam das EBITDA voran. Die Zahlen sind auch deshalb interessant, weil Berentzen hier in den Vorjahren keine konkreten Neun-Monats-Angaben machte. Auch in diesem Punkt kommt also die Investor-Relations-Offensive zum Vorschein. Das ändert allerdings nichts an der allgemeinen Saisonalität, wonach das Abschlussquartal mit Weihnachten und Silvester noch mal ordentlich Schwung bringen sollte. Zur Einordnung: 2014 kam Berentzen auf ein EBIT von 5,14 Mio. Euro sowie ein EBITDA von 12,56 Mio. Euro. Ziel von Firmenlenker Schübel ist es, auf ein gegenüber 2014 „deutlich verbessertes” bereinigtes Ergebnis zu kommen.
Der Börsenwert von Berentzen beträgt zurzeit rund 71 Mio. Euro. Das entspricht einem akzeptablen Aufschlag von 60 Prozent auf das Eigenkapital. Derweil rechnen die Analysten von Hauck & Aufhäuser für 2015 mit einem EBITDA von 15,6 Mio. Euro sowie einem EBIT von 8,2 Mio. Euro. Auch gemessen daran wäre die Bewertung der Aktie noch immer relativ moderat. Dementsprechend üppig fällt das Kursziel von Hauck & Aufhäuser mit zuletzt 12 Euro aus. Die Chancen stehen also ganz gut, dass die Berentzen-Aktie demnächst wieder Schwung aufnimmt. Charttechnisch wäre es ein positives Signal, wenn der Small Cap die Hürde von 8 Euro knacken würde.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 172,13 | 162,17 | 167,40 | 154,59 | 146,11 | 174,22 | 185,65 | |
EBITDA1,2 | 16,41 | 17,33 | 18,36 | 14,13 | 15,30 | 16,70 | 16,00 | |
EBITDA-Marge3 | 9,53 | 10,69 | 10,97 | 9,14 | 10,47 | 9,59 | 8,62 | |
EBIT1,4 | 9,22 | 9,80 | 9,81 | 5,21 | 6,65 | 8,30 | 7,71 | |
EBIT-Marge5 | 5,36 | 6,04 | 5,86 | 3,37 | 4,55 | 4,76 | 4,15 | |
Jahresüberschuss1 | 2,56 | 5,17 | 4,93 | 1,23 | 3,66 | 2,10 | 0,87 | |
Netto-Marge6 | 1,49 | 3,19 | 2,95 | 0,80 | 2,51 | 1,21 | 0,47 | |
Cashflow1,7 | 4,12 | 5,59 | 16,61 | 13,63 | 11,62 | 4,91 | -3,06 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,27 | 0,55 | 0,52 | 0,13 | 0,39 | 0,22 | 0,09 | |
Dividende8 | 0,22 | 0,28 | 0,28 | 0,13 | 0,22 | 0,22 | 0,09 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: PricewaterhouseCoopers |