Balda kommt einfach nicht zur Ruhe. Rund sechs Wochen nach der außerordentlichen Hauptversammlung Anfang September, hat der neue starke Mann bei Balda, Thomas van Aubel, den bisherigen Vorstand Dominik Müser – beinahe erwartungsgemäß – vor die Tür gesetzt. Als zusätzliche Maßnahme hat Balda eine „Prüfung der Umstände des Erwerbs der US-amerikanischen Beteiligungen und weiterer Geschäftsvorfälle” angeordnet. Kurios: Noch zuletzt hatte Ex-Balda-Chef Müser sich zufrieden über die beiden zugekauften amerikanischen Kunststoffspezialisten C. Brewer und HK Plastics geäußert. Demnach lieferten sie im dritten Quartal einen „erfreulichen Ergebnisbeitrag“. Nun steht offenbar alles erneut auf dem Prüfstand: Die Aufstellung des Konzernabschlusses wird länger dauern als erwartet. Die nächste ordentliche Hauptversammlung wird wohl frühestens im Dezember 2013, eventuell sogar erst Anfang 2014 stattfinden. Bislang war die Versammlung der Gesellschaft aus Bad Oeynhausen für den Herbst avisiert.
Damit steht derzeit auch in den Sternen, was aus der angekündigten dritten Tranche der Sonderausschüttung aus dem Verkauf der Beteiligung an dem taiwanesischen Touchscreenhersteller TPK für annähernd 500 Mio. Euro wird. Hintergrund: Rund 194 Mio. Euro von dem Erlös bekamen die Balda-Aktionäre bereits in Form von zwei Sonderausschüttungen auf ihre Konten überwiesen. Eine dritte Rate sollte auf der nächsten ordentlichen Hauptversammlung beschlossen werden. Gemäß den bisherigen Aussagen von Müser war eine Ausschüttung von 1,50 Euro pro Aktie geplant. Offen ist aber auch, wie operativ weitergeht bei Balda. Kritiker werfen van Aubel vor, dass er mit seine wahren Absichten nicht rausrückt. So kursierten etliche Varianten über die künftig strategische Ausrichtung: Von der Beibehaltung der jetzigen Strategie, die eine starke Positionierung innerhalb der Healthcare-Branche vorsieht, bis hin zu Gerüchten über ein Engagement im Solarbereich – alles scheint denkbar. Vorstandschef Müser sah Balda hingegen mit seiner Fokussierung auf hochwertigen Spritzguss auf einem guten Weg. Neben der Medizintechnik wähnte er Balda zudem in den Bereichen „Optics“ und „Electronics“ sinnvoll aufgehoben.
Die Meldung vom Rauswurf des bisherigen Vorstandschefs sorgte an der Börse für einen deutlichen Kursrückschlag. Auf dem gegenwärtigen Niveau von 4,25 Euro beträgt die Kapitalisierung von Balda 250 Mio. Euro und liegt damit um rund zehn Prozent unterhalb des Finanzmittelbestands. Per Ende März erreichte die Eigenkapitalquote komfortable 90 Prozent. Solange die neuen Strippenzieher bei Balda aber nicht sagen, was sie mit dem Unternehmen vorhaben, wird der Titel wohl kaum eine vernünftige Entwicklung nehmen. Die leise Hoffnung, dass sich Dominik Müser und Thomas van Aubel vielleicht doch hätten zusammenreißen können, ist nun jedenfalls passé. Angesichts der reichlich gepolsterten Bilanz scheint ein Verkauf der Aktie allerdings auch nicht unbedingt sinnvoll. Wer den Titel im Depot hat, sollte engagiert bleiben – die weitere Entwicklung aber genau verfolgen.