Das macht Nico Baader super geschickt. Bei seiner Präsentation auf der m:access-Konferenz der Börse München am 14. Oktober 2020 berichtet der Vorstand der Baader Bank natürlich über die extremen Anstiege im Hauptgeschäft als Market Maker, die positive Entwicklung bei den Kapitalmarktransaktionen und das, wegen seiner deutliche stabileren Erlösströme, künftig immer wichtiger werdende Konto- und Depotgeschäft – zum Beispiel für die neue Gruppe der Gratisbroker. Vom traditionellen Verständnis einer Wertpapierhandelsbank ist die Gesellschaft aber auf Distanz. „Wir verstehen uns als Plattformbetreiber“, sagt Nico Baader. Dabei weiß der Börsenprofi nur zu gut, dass Plattformunternehmen am Kapitalmarkt hoch im Kurs stehen. Das gilt endlich auch die Baader-Aktie: Nachdem der Anteilschein von 2015 bis 2019 um rund zwei Drittel an Wert eingebüßt hatte, dreht die Notiz im laufenden Jahr mächtig auf. Mit knapp 2,90 Euro nähert sich der Aktienkurs mittlerweile sogar wieder dem Niveau von Ende 2015.
Und der der früher regelmäßig mit einem Abschlag zum Buchwert gehandelte Small Cap wird plötzlich mit einem Aufschlag von fast 50 Prozent auf das ausgewiesene Eigenkapital gehandelt. Doch momentan ist nicht die Zeit, Aktien vorwiegend unter Substanzgesichtspunkten zu beurteilen. Schon gar nicht, wenn die Geschäfte so florieren wie derzeit bei der Baader Bank: Zum Halbjahr 2020 drehte das operative Ergebnis von minus 1,82 Mio. auf plus 51,89 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Steuern erreichte rund 24 Mio. Euro. Solch eine Ausbeute lässt sich mit nicht auf das Gesamtjahr hochrechnen. Doch selbst wenn die Volatilität an den Märkten längst nicht mehr das Ausmaß von Februar/März oder auch April hat. Die neue Börsenlust ist noch immer zu spüren und sollte die Erträge auch im zweiten Halbjahr auf ein sehr ordentliches Niveau hieven.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 121,32 | 98,12 | 104,34 | 212,66 | 215,48 | 159,60 | 170,80 | |
EBITDA1,2 | 7,65 | -14,22 | 3,20 | 92,68 | 79,65 | 23,31 | 15,97 | |
EBITDA-Marge3 | 6,31 | -14,49 | 3,07 | 43,58 | 36,96 | 14,61 | 9,35 | |
EBIT1,4 | 7,65 | -14,22 | -8,02 | 81,53 | 70,54 | 12,18 | 3,96 | |
EBIT-Marge5 | 6,31 | -14,49 | -7,69 | 38,34 | 32,74 | 7,63 | 2,32 | |
Jahresüberschuss1 | 2,28 | -21,02 | -0,41 | 46,84 | 46,80 | 8,88 | 2,83 | |
Netto-Marge6 | 1,88 | -21,42 | -0,39 | 22,03 | 21,72 | 5,56 | 1,66 | |
Cashflow1,7 | 147,38 | -1,78 | 31,24 | 130,40 | 897,08 | 366,37 | 1.646,62 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,05 | -0,46 | -0,01 | 1,01 | 1,00 | 0,18 | 0,06 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,25 | 0,35 | 0,05 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Interessanter Nebensatz in dem Vortrag von Nico Baader: „Die Umsätze stammen in erster Linie von Retailkunden – mit Fokus auf ausländische Aktien, nicht so sehr deutsche Aktien.“ Für eine Webseite wie boersengefluester.de, die sich ganz stark auf heimische Spezialwerte konzentriert, ist das zunächst einmal keine besonders charmante Nachricht, wenn sich der Börsennachwuchs in erster Linie für Unternehmen wie Tesla, Amazon, Apple, Nel ASA, Zoom oder wie sie alle heißen, interessiert. Doch das sehen wir sportlich, schließlich haben wir unsere Nische selbst gewählt und sind ganz happy damit. Doch das nur am Rande. Für Unternehmen wie Baader gilt es künftig, das hochvolatile Handelsgeschäft in ein so gut es geht planbares Erlösmodell zu wandeln. Und dazu zählt etwa das Dienstleistungsgeschäft für schnell wachsende neue Anbieter wie die Neobroker.
Nochmals betont hat Nico Baader die Absicht, dass für 2020 eine Dividende ausgekehrt werden soll – nach zuvor fünf Nullrunden. Völlig freie Hand hat die Baader Bank trotz der zurzeit starken operativen Entwicklung dabei allerdings nicht, denn noch drängt der Regulator in Form von EZB oder auch BaFin auf eine Thesaurierung der Gewinne. „Ein ganz klares NEIN“, gibt es von Nico Baader hingegen als Antwort auf die Frage, ob die Familie Baader als Großaktionär mit fast 64 Prozent möglicherweise mit den Gedanken an eine Teilplatzierung spielt um so das attraktive Kursniveau zu nutzen. „Wenn wir den Streubesitz erhöhten wollten, würden wir das über eine Kapitalerhöhung machen. Aber die brauchen wir derzeit nicht. Wir schwimmen in Liquidität“, sagt Nico Baader.
Keine konkreten Pläne gibt es auch hinsichtlich eines Verkaufs des kroatischen Windparks, der Teil des Firmenvermögens ist und zwischenzeitlich sogar ein wichtiger Treiber für den Aktienkurs war. Per saldo hört sich das nach einer klassischen Neubewertungsstory für das in Unterschleißheim bei München angesiedelte Unternehmenan. Und die sollte noch nicht abgeschlossen sein. Zudem lenkt der gestiegene Börsenwert endlich auch größere Investorengruppen auf die im m:access gelistete Baader-Aktie.
Foto: Anne Nygård auf Unsplash