Gleich zweimal haben wir Aves One-Vorstand Jürgen Bauer zuletzt präsentieren gesehen: Auf der virtuellen IR-Bootfahrt von Rüttnauer Research am 11. September und am 16. September in Zürich auf der von GBC organisierten Zürcher Kapitalmarkt Konferenz. Insofern war boersengefluester.de bestens vorbereitet auf den jetzt vorgelegten Halbjahresbericht des Bestandshalters von Logistikvehikeln wie Eisenbahnwaggons und Frachtcontainern. Wobei: Großartige Überraschungen, auf die der Kapitalmarkt nicht vorbereitet gewesen wäre, hat Aves One ohnehin nicht Gepäck. Am plakativsten ist vermutlich noch die geplante Erweiterung des Portfolios um Lokomotiven. Hier stand dem Vernehmen nach ein erster Deal bereits kurz vor dem Abschluss – wurde wegen Corona und den nicht den eigenen Ansprüchen genügenden Margen aber zunächst wieder auf Eis gelegt. „Ich hoffe, dass wir das nachholen können“, sagt Bauer. Zu möglichen Investitionssummen im Lokbereich hält sich Aves One noch zurück.
Komplett neu rechnen, müssen Investoren aber wohl nicht. Grundsätzlich sollen die EBITDA-Renditen vergleichbar mit dem bisherigen Stammgeschäft im Waggonbereich sein. Einzig die Ausgaben für einzelne Lokomotiven sind mit rund 3 Mio. Euro ungleich höher als für Anhänger oder Container. Doch der Markt wird für Aves One perspektivisch schon allein deshalb interessant, weil bei solchen Summen die Transportkosten nicht die entscheidende Rolle spielen und somit auch Importe aus China ein Thema sind. Nun: Im Halbjahresbericht wird dieser Komplex noch gar nicht angeschnitten. Insofern werden die kommenden Monate spannend. Ansonsten haben die Hamburger mit ihrem Zwischenbericht inklusive Ausblick für das Gesamtjahr die Erwartungen weitgehend getroffen. Nur unterm Strich hatten wir etwas mehr Gewinn vermutet. Nun: Die Erlöse kamen – bedingt durch den Ausbau des Bahnportfolios – um gut 14 Prozent auf 63,57 Mio. Euro voran. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) blieb mit 42,16 Mio. Euro einen Tick über dem vergleichbaren Vorjahreswert von 41,85 Mio. Euro. Zu berücksichtigen ist hierbei, dass der Verkauf von ausrangierten Seecontainern zu Verlusten von 1,83 Mio. Euro führte.
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Einkalkuliert waren diese Belastungen so zu Jahresbeginn nicht. Doch bereits bei seinen Präsentationen erläuterte Vorstand Jürgen Bauer das Minus mit den schwachen Verkaufspreisen für Gebrauchtcontainern, die sich vom aktuellen Aufwärtstrend für neue Container abgekoppelt haben. „Es gibt hierzu noch keine Marktanalysen, wir nehmen aber an, dass die typischen Käuferstrukturen am Sekundärmarkt stärker von den Folgen der COVID-19 Pandemie betroffen sind als die großen Reedereien. Das führt aktuell beim Abverkauf unserer Altcontainer zu Buchverlusten“, sagt Bauer. Sollte sich die Schere nicht wieder schließen, wäre das schlecht für Aves One, da in den kommenden ein bis drei Jahren rund die Hälfte des noch vorhandenen Seecontainerbestands altersbedingt veräußert werden soll. „Wir analysieren fortwährend die Lage und werden gegebenenfalls mit Verkaufstopps oder anderen Maßnahmen reagieren“, erklärt Bauer die aktuelle Strategie.
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Doch zurück zu den aktuellen Zahlen: Unterm Strich sorgten höhere Abschreibungen sowie ein schlechteres Finanzergebnis dafür, dass der Gewinn nach Steuern zum Halbjahr 2020 von 5,05 auf 1,38 Mio. Euro einknickte. Entsprechend fiel das Ergebnis je Aktie zum Halbjahr von 0,39 auf 0,11 Euro zurück. Hier zeigt sich einmal mehr, dass das Netto-Ergebnis aufgrund der noch immer vorhandenen Abhängigkeit von Währungseffekten kaum zu prognostizieren ist. Ein Umstand, der künftig deutlich weniger ausgeprägt sein wird. Grund: Aves One zieht sich sukzessive aus dem in Dollar abgerechneten Geschäft mit See-Containern zurück. Zudem steht die substanzielle Verringerung der durchschnittlichen Zinskosten weiter oben auf der Liste. „Zuletzt sind wir stärker auf Anleihen gegangen. Das hilft uns bei der Optimierung des Finanzierungsmixes“, sagte Bauer in Zürich. Per Ende August waren mit rund 79 Mio. Euro rund acht Prozent der gesamten Finanzverbindlichkeiten von rund 1 Mrd. Euro über Bonds refinanziert. Die wesentliche Rolle spielen aber weiterhin Bankkredite und Darlehen von institutionellen Investoren – unter anderem auch aus dem Aktionärskreis.
Wichtig ansonsten, dass der Cashflow aus dem operativen Geschäft zum Halbjahr mit rund 44 Mio. Euro sogar leicht über dem vergleichbaren Vorjahreswert von 43 Mio. Euro lag. Ausgerichtet auf das Gesamtjahr bleibt es dabei, dass Umsatz und EBITDA mindestens auf dem Niveau von 2019 ankommen sollen. Demnach liegt die Messlatte bei Erlösen von Untergrenze 117 Mio. Euro und einem EBITDA von mehr als 84 Mio. Euro. Das wiederum korrespondiert mit einem Unternehmenswert (Marktkapitalisierung plus Netto-Finanzschulden) von knapp 1,1 Mrd. Euro. „Wir sind ein cashflowgetriebenes Unternehmen mit einem jungen Portfolio. Und das läuft sehr gut“, sagt Bauer mit Blick auf das solide Vermietgeschäft. Losgelöst von der COVID-19-Pandemie agiert allerdings auch Aves One nicht. Per saldo bleibt boersengefluester.de dennoch bei der positiven Einschätzung für den Spezialwert – auch wenn die Aktie sich zurzeit in einer ausgeprägten Seitwärtsbewegung befindet. Bewertungstechnisch hat der Titel noch Luft nach oben. Zudem gibt es interessante neue Entwicklungen – etwa den geplanten Eintritt in den Markt für Lokomotiven. Geeignet ist die Aktie nur für spekulativ orientierte Investoren.
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