Mit der Übernahme der europäischen Aktivitäten des US-Konzerns Office Depot steigt die Aurelius Equity Opportunities im großen Stil in den Markt für Bürobedarf ein. Noch steht die Transaktion – mit einem Umsatz von rund 2 Mrd. Euro immerhin die größte in der Firmenhistorie – unter diversen Vorbehalten, etwa aus kartellrechtlicher Sicht. Innerhalb der kommenden Monate soll der Deal jedoch vollzogen werden. Am Kapitalmarkt kam das Vorhaben bislang jedoch überaus gut an, der Aktienkurs von Aurelius hat sich auf ein neues All-Time-High bei 57,40 Euro vorgeschoben. Die Analysten trauen dem Anteilschein gegenwärtig noch ein Potenzial bis in den Bereich um 66 Euro zu. Boersengefluester.de sprach mit Aurelius-CEO Dr. Dirk Markus über die Hintergründe des Einstiegs bei Office Depot Europa, weitere Akquisitionen, den kürzlich erfolgten Komplettausstieg bei der Berentzen-Gruppe sowie die Dividendenpolitik von Aurelius.
Herr Dr. Markus, Aurelius Equity Opportunities hat die größte Transaktion der Unternehmensgeschichte vermeldet. Abgesehen von der Größe, ist die Übernahme von Office Depot Europa ein typischer Aurelius-Deal?
Dr. Dirk Markus: Eine klassische Konzernabspaltung, ein nominaler Kaufpreis und jede Menge brachliegendes Potenzial, das wir mit unserem operativen Ansatz heben können. Insofern ist diese Übernahme, mit Ausnahme der Umsatzdimension von rund 2 Mrd. Euro, ein klassischer Aurelius-Deal. Office Depot und die zugehörige Marke „Viking“ sind sehr bekannte Markennamen im Megamarkt Büroartikel. Der anhaltende Wandel von der physischen zur digitalen Bürowelt eröffnet dabei zusätzlich vielfältige Chancen. Office Depot Europa ist mit seinen drei Geschäftsbereichen für alle Kundengruppen vom Endverbraucher bis zum Großkonzern ein wichtiger Partner.
Erste Maßnahmen zur Neuausrichtung von Office Depot Europa wurden dem Vernehmen nach bereits eingeleitet. Wie sehen diese aus, und welche weiteren Ziele verfolgen Sie mit der neuen Konzerntochter?
Dr. Dirk Markus: Unsere zentrale mittelfristige Zielsetzung bei Office Depot Europa ist sicherlich eine deutlich verbesserte Profitabilität. Wir wollen das Geschäft online ausbauen, wir wollen den Umsatz mit den bestehenden Kunden erhöhen und durch Produktneueinführungen zusätzliche Kundengruppen gewinnen. Kosten- und Umsatzseitig gibt es zwischen den drei unterschiedlichen Geschäftsbereichen jede Menge Synergiepotenzial. Wir werden unsere Produkte und Dienstleistung konsequent an den heutigen Bedürfnissen unserer Kunden ausrichten und ihnen Lösungen für die Arbeitswelt von morgen anbieten. Und auch effizientere Strukturen werden in Zukunft für höhere Margen sorgen.
Umsatzseitig ist Office Depot Europa mit Erlösen von 2 Mrd. ein dicker Brocken. Wie wollen Sie gewährleisten, dass sich Aurelius daran nicht verheben wird?
Dr. Dirk Markus: Auch wenn das Umsatzvolumen groß ist – entscheidend ist das Risiko, welches wir mit der Transaktion eingehen bzw. nicht eingehen, denn wir werden hier nur einen nominalen Kaufpreis bezahlen und übernehmen eine Organisation mit Potenzial. Wir werden Wachstum und Effizienz verbessern. Unsere umfangreiche Erfahrung bei der operativen Neuausrichtung von Konzernabspaltungen wird sich auch hier auszahlen. Wir sind immer sehr eng an den operativen Themen unserer Konzernunternehmen dran. Auch im pan-europäischen Umfeld haben wir bereits viele Unternehmen erfolgreich neu ausgerichtet. Insgesamt kann ich sagen, dass auch dieser Deal kein höheres Risiko für Aurelius birgt als frühere Transaktionen – bei deutlich größerem Upside-Potenzial.
Sind mit dieser Übernahme Ihre Aktivitäten auf der Akquisitionsseite für 2016 abgeschlossen oder planen Sie weitere Zukäufe?
Dr. Dirk Markus: Wir werden weiterhin jede Chance nutzen, die unseren strengen Investitionskriterien gerecht wird und bei der wir den Zuschlag erhalten. Wir verfügen über freies Kapital von mehr als 200 Mio. Euro für weitere Zukäufe und es gibt ausreichend Angebot auf dem Markt für Unternehmenserwerbe. Ich bin optimistisch, dass wir im vierten Quartal mindestens einen weiteren Zukauf sehen werden.
Auf der Exitseite haben Sie sich in der vergangenen Woche von den letzten Anteilen an der Berentzen-Gruppe getrennt. Wie fällt Ihr abschließendes Fazit zur Sanierung des Spirituosenkonzerns aus? Würden Sie Berentzen als Vorzeigefall einer gelungenen Sanierung heranziehen?
Dr. Dirk Markus: Ein toller Erfolg für uns, aber wie bei allen Fällen, mit denen wir es zu tun haben, war damit auch ein enormer Arbeitsaufwand verbunden. Zum Zeitpunkt des Erwerbs in 2008 steckte das Familienunternehmen in großen Schwierigkeiten. Ein total zerstrittener Gesellschafterkreis und jahrelanges Missmanagement hatten tiefe Spuren in der Bilanz hinterlassen. Durch eine Vielzahl von Maßnahmen konnten wir den Turnaround schaffen und das Unternehmen erfolgreich neu aufstellen. Hierdurch konnten bei Berentzen Arbeitsplätze, aber auch eine 250 Jahre alte deutsche Traditionsmarke gerettet werden. Berentzen ist heute ein gesunder und international aufgestellter Getränkekonzern. Dies macht den Fall Berentzen zu einem klassischen Beispiel für eine Sanierung unter dem Dach des Aurelius-Konzerns. Alle Beteiligten haben profitiert und wir konnten unser eingesetztes Kapital vervielfachen.
Marktbeobachter und Analysten trauen der Berentzen-Gruppe weiterhin eine positive Entwicklung zu. Warum sind Sie dennoch ausgestiegen?
Dr. Dirk Markus: Wenn es danach ginge, dürften wir uns von kaum einer unserer Töchter trennen. Unser Geschäftsmodell ist es jedoch nicht, gesunde Firmen dauerhaft zu halten und dadurch eine Art börsennotierte Aktienfund zu werden. Unsere Kernaufgabe ist es vielmehr, Unternehmen mit Schwachstellen und brachliegendem Potenzial in gesunde Wachstumsunternehmen zu verwandeln. Diesen Schritt haben wir bei Berentzen erfolgreich vollzogen. Heute ist Berentzen ein ertragsstarker international agierender Getränkeanbieter, entspricht aber auch nicht mehr unseren eigenen Investitionskriterien.
Wie bewerten Sie generell das aktuelle Marktumfeld?
Dr. Dirk Markus: Wir erleben derzeit eine von vielen Faktoren getriebene Hausse im Markt für Unternehmenstransaktionen. Die Aktivität ist auf einem guten Niveau und wird dort auch noch weiter bleiben. Die Politik des billigen Geldes der Notenbanken, die politischen Veränderungen durch den Trend zur Renationalisierung sowie der Mangel an renditestraken Anlageobjekten ist dafür verantwortlich. Wir profitieren durch diese Mischung sowohl auf der Angebots- als auch Nachfrageseite. Deshalb sollten wir auch im weiteren Verlauf des Jahres auf beiden Seiten noch interessante Transaktionen sehen.
Anfang September hat Aurelius mit dem Dividendenadel Award eine Auszeichnung für seine Dividendenstärke erhalten. Sehen Sie dies auch als Anreiz, den Aurelius-Aktionären auch zukünftig eine attraktive Ausschüttung bieten zu können?
Dr. Dirk Markus: Für uns ist die Auszeichnung mehr eine Bestätigung als ein Anreiz. Wir handeln nicht, um Preise zu bekommen, sondern um das in uns gesetzte Vertrauen aller Beteiligten immer wieder aufs Neue zu rechtfertigen. Natürlich ist es eine tolle Sache, zusammen mit der Münchener Rück als eines der Unternehmen mit der nachhaltigsten Dividendenstärke ausgezeichnet zu werden. Dieses Ziel werden wir weiterhin verfolgen. Wir sind uns bewusst, dass beim heutigen Zinsumfeld ein attraktiver und zuverlässiger Kapitalrückfluss für unsere Anteilseigner von großer Bedeutung ist und bleiben wird.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 2.998,35 | 2.902,94 | 3.612,00 | 1.932,90 | 2.560,80 | 2.995,00 | 2.543,60 | |
EBITDA1,2 | 272,56 | 65,72 | 80,30 | 167,60 | 249,70 | 154,40 | 309,80 | |
EBITDA-Marge3 | 9,09 | 2,26 | 2,22 | 8,67 | 9,75 | 5,16 | 12,18 | |
EBIT1,4 | 202,00 | 11,69 | -84,20 | 222,70 | 115,80 | 29,40 | 181,10 | |
EBIT-Marge5 | 6,74 | 0,40 | -2,33 | 11,52 | 4,52 | 0,98 | 7,12 | |
Jahresüberschuss1 | 484,49 | -39,52 | 18,27 | 121,60 | 151,80 | 78,70 | 384,40 | |
Netto-Marge6 | 16,16 | -1,36 | 0,51 | 6,29 | 5,93 | 2,63 | 15,11 | |
Cashflow1,7 | -132,16 | -50,00 | -76,10 | 227,50 | 42,90 | -41,50 | -3,30 | |
Ergebnis je Aktie8 | 5,98 | -1,43 | -3,43 | 3,62 | 4,86 | 2,99 | 14,21 | |
Dividende8 | 5,00 | 3,00 | 0,00 | 1,00 | 1,50 | 0,05 | 0,06 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: KPMG |
Dr. Dirk Markus hat Betriebswirtschaft in St. Gallen und Kopenhagen studiert und promovierte in St. Gallen sowie an der Harvard University in Boston. Seit mehr als 15 Jahren beschäftigt er sich mit der Restrukturierung und Weiterentwicklung von Unternehmen, zunächst als Berater bei McKinsey & Company und im Anschluss bei einer börsennotierten Industrieholding. Dr. Markus ist Vorsitzender des Vorstands von Aurelius Equity Opportunities. Innerhalb des Vorstands ist er – neben Gert Purkert und Donatus Albrecht – zuständig für die Gesamtleitung der Aurelius-Gruppe.
Fotos: picjumbo.com, Aurelius Equity Opportunities SE & Co. KGaA (Porträt Dr. Markus)