Egal, ob groß oder klein: Venture Capital (VC) und Börse sind nicht gerade eine klassische Liebesbeziehung – zumindest nicht auf dem heimischen Kurszettel. Die Aktie von Rocket Internet büßte in den knapp 2,5 Jahren seit dem IPO um rund 55 Prozent an Wert ein. German Startups Group hat unter der Pleite eines ihrer Portfoliounternehmen zu leiden und kostet zurzeit um rund ein Viertel weniger als beim Börsenstart Ende November 2015. Immerhin stabilisiert sich der Small Cap momentan. Die Berliner bmp hat gleich mehrfach ihren Beteiligungsfokus geändert, aber auch die jetzige Ausrichtung auf Matratzen und Bettzubehör kommt bei den Investoren nur zögerlich an, zumal der Verkauf der ehemaligen Hoffnungsträger aus dem Mediensektor viel mehr Zeit in Anspruch nimmt, als ursprünglich vermutet – von den erzielten Preisen ganz zu schweigen. Ein Trauerspiel ist auc die langfristige Entwicklung der mic-Aktie. Besser – zumindest eine Zeit lang – entwickelte sich immerhin die auf FinTech-Investments spezialisierte FinLab mit Sitz in Frankfurt. Aber auch hier scheint gegenwärtig die Luft ein wenig heraus zu sein.
Umso erstaunlicher war über viele Monate die Performance der Auden-Aktie. Nach der Einbringung des neuen Geschäfts in den Börsenmantel der am Kapitalmarkt gescheiterten Kilian Kerner AG gewann das Papier 2016 um 670 Prozent an Wert und befördert die Gesellschaft auf eine Marktkapitalisierung von knapp 42 Mio. Euro. Für Furore sorgte Auden-Vorstand Christofer Radic dabei mit der Ende 2016 in Eigenregie durchgeführten Kapitalerhöhung zu 7 Euro – das war deutlich über dem damaligen Aktienkurs von rund 5 Euro –, die für einen Mittelzufluss von brutto immerhin 15,6 Mio. Euro sorgte. „Wir hatten in den vergangenen Monaten rund 200 Investorentermine“, sagt Radic im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Punkten konnte Radic insbesondere bei Family Offices, denen er mit Auden einen Zugang zum VC-Markt öffnete. Anders als damals bmp oder jetzt immer noch German Startups Group setzt Radic nicht auf ein breites Portfolio an Miniinvestments, sondern strebt – nach Möglichkeit – eine Beteiligungshöhe von Untergrenze zehn Prozent an. „Wir wollen die Unternehmen ganz aktiv begleiten“, sagt Radic. Sieben bis neun Unternehmen sind die Zielgröße, die die Berliner an der Untergrenze freilich bereits erreicht haben.
Wichtigstes Investment ist optiopay, eine Plattform, die es Zahlungsempfängern ermöglicht, höherwertige Gutscheine als Auszahlungsmethode zu wählen und so den tatsächlichen Wert Ihrer Zahlung zu erhöhen. Statt einer Rückzahlung vom Energieversorger über bspw. 100 Euro, bietet optiopay etwa den Tausch gegen einen Amazon-Gutschein im Wert von 120 Euro an. Zurzeit läuft eine Finanzierungsrunde über 20 Mio. Euro, die das Berliner FinTech-Unternehmen mit 85 Mio. Euro bewertet. Dem Vernehmen nach sind 15 Mio. Euro davon bereits platziert. Auden hält direkt und mittelbar über Optionen mehr als 20 Prozent an optiopay. Ein großes Thema für Auden ist aber auch die schon vor einigen Monaten in die Wege geleitete Beteiligung an Curated Shopping Group (CSG) – insbesondere bekannt für die Shoppingplattform Modomoto, die Männern eine Stilberatung beim Onlinekauf von Bekleidungsstücken bietet. In der Fashionszene sind solche Curated-Shopping-Plattformen eine ganz heiße Sache. Wettbewerber von Modomoto sind Unternehmen wie Outfittery oder die Zalando-Tochter Zalon. Auden hält 10,2 Prozent an CSG, die bei der jüngsten Finanzierungsrunde mit 51 Mio. Euro bewertet wurden. Perspektivisch gehört Modomoto sicher zu den Unternehmen, die selbst für einen Börsengang in Frage kommen – oder von einem Branchenriesen wie zum Beispiel P&C geschluckt werden könnten.
Bereits kommuniziert sind die IPO-Absichten bei der Auden-Beteiligung ViaLight Communications aus Gilching bei München. Das Spin-off des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) hat eine Lasertechnik zur Internetversorgung an abgelegenen Orten via Drohnen oder Satelliten entwickelt. Ähnliche Projekte testen bereits US-Konzerne wie Facebook oder das Raumfahrtunternehmen SpaceX – aber auch Google ist aktiv. Für Auden ist das 2,4- Millionen-Euro-Investment zwar nicht gerade typisch, angesichts des nahenden Börsengangs aber eine gute Chance. Deutlich bekannter in der breiten Öffentlichkeit dürfte das Engagement bei dem Automobilclub JimDrive sein – quasi eine Art digitaler ADAC. Auden hält gegenwärtig zehn Prozent an dem zuletzt auf 7 Mio. Euro taxierten Unternehmen. „JimDrive passt perfekt in unser Portfolio an Unternehmen aus dem Digitalbereich“, sagt Christofer Radic.
Hört sich alles prima an, doch ein Selbstläufer ist auch die Auden-Aktie längst nicht mehr. Zuletzt rutschte der Kurs unter großen Handelsumsätzen zwischenzeitlich sogar unter die Marke von 4 Euro. Dabei wird der Titel – wie nicht anders zu vermuten – in Finanzkreisen kontrovers diskutiert. Von Blackbox bis Top-Chance reichen die Einschätzungen. Kein Wunder: Das erste, wirklich aussagekräftige Zahlenwerk wird wohl der Halbjahresbericht für 2017 werden. Zudem gibt es noch immer kein Research von Analysten-Seite. Mitunter hat Auden auch selbst Öl ins Feuer gegossen, etwa in Form von regelmäßig sehr forsch formulierten Pressemitteilungen. Dazu gehört auch die für 2017 avisierte Marktkapitalisierung von über 100 Mio. Euro. Bei der aktuellen Aktienstückzahl entspricht das einem strammen Kursziel von Untergrenze 11 Euro. Normalerweise halten sich die Vorstände börsennotierter Aktiengesellschaften vornehm zurück, wenn es um die Einschätzung des eigenen Papiers geht. „Für uns sind die 100 Mio. Euro eine wichtige Marke, da wir glauben, dass sich die Zahl der Investoren, die sich für unsere Aktie interessiert, an diesem Punkt nochmals steigen wird. Das haben wir in Gesprächen immer wieder gemerkt“, sagt Radic.
Ohnehin ist es seine Absicht, im laufenden Jahr deutlich mehr institutionelle Investoren an Bord holen. Um dem höheren Anspruch gerecht zu werden, ist zudem im laufenden Jahr der Wechsel in den Prime Standard geplant. Ein Zwischen-Upgrade in den gegründeten Entry-Standard-Nachfolger Scale steht dagegen nicht wirklich zur Debatte. Zudem wird es unter normalen Umständen im laufenden Jahr auch keine Kapitalerhöhung geben. Am 14. März 2017 hat Radic die nächste Gelegenheit, die Entwicklung bei Auden einem größeren Publikum vorzustellen – dann präsentiert er bei der 20. Kapitalmarktkonferenz von Egbert Prior. Boersengefluester.de wird ebenfalls vor Ort sein und ein Update geben.
Fotos: Curated Shopping GmbH