Auf den letzten Drücker, am Abend des 31. August 2024, hat Artnet seinen Geschäftsbericht 2023 veröffentlicht. So viel vorweg: Wer gedacht hat, dass CEO Jacob Pabst oder Aufsichtsrat und Gründer Hans Neuendorf etwas zum Stand des von Großaktionär Weng Fine Art (WFA) initiierten Verkaufsprozess an einen strategischen Investor sagen würden, sieht sich enttäuscht. Bis auf die Angabe, dass WFA 28,83 Prozent an dem Kunstdaten-Unternehmen hält, kommt WFA nicht explizit vor in dem Jahresreport der Berliner – was natürlich auch Statement ist. Wenn man denn unbedingt die Verbindung zu WFA sucht, lassen sich die einleitenden Worte von Jacob Pabst aber klar als Ansage an den streitbaren Aktionär aus Monheim am Rhein interpretieren. „Artnet gehört zusammen mit Sotheby’s und Christie’s zu den bekanntesten und stärksten Marken im Kunstmarkt. Das ist ein Verdienst unserer harten Arbeit und der Tatsache, dass wir keine Kompromisse eingegangen sind in all den Jahren, was die Integrität der Marke und das Erreichen unserer strategischen Ziele betrifft.“
Eine Aussage, die freilich noch deutlich überzeugender wäre, wenn Artnet seine – Ende Dezember – ohnehin schon heruntergesetzten Ziele mindestens erfüllt hätte. Statt der avisierten Umsatzerlöse von rund 26 Mio. Dollar, kommt Artnet jedoch nur auf Erlöse von 25,25 Mio. Euro – was grundsätzlich noch in Ordnung ist, selbst wenn die Messlatte ursprünglich zwischen 28 und 30 Mio. Dollar Umsatz lag. Aber das Umfeld ist zurzeit einfach extrem schwierig. Bezogen auf das EBIT (Ergebnis vor Zinsen und Steuern) blieb Artnet mit minus 2,05 Mio. Dollar für 2023 allerdings deutlich tiefer in den roten Zahlen, als zu erwarten war. Zur Einordnung: Anfangs hatte die Gesellschaft ein positives Betriebsergebnis zwischen 1,0 und 1,6 Mio. Dollar angestrebt, musste diese Vorgabe kurz vor dem Jahreswechsel aber auf minus 0,7 Mio. Dollar EBIT stutzen.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 18,43 | 18,32 | 19,54 | 18,94 | 20,89 | 25,03 | 23,35 | |
EBITDA1,2 | 0,77 | 1,26 | 1,52 | 1,55 | 0,63 | -0,14 | -0,20 | |
EBITDA-Marge3 | 4,18 | 6,88 | 7,78 | 8,18 | 3,02 | -0,56 | -0,86 | |
EBIT1,4 | 0,36 | 0,77 | 0,18 | 0,19 | -0,75 | -1,63 | -1,90 | |
EBIT-Marge5 | 1,95 | 4,20 | 0,92 | 1,00 | -3,59 | -6,51 | -8,14 | |
Jahresüberschuss1 | 0,70 | 1,04 | -0,01 | 1,92 | -0,80 | 0,12 | -1,00 | |
Netto-Marge6 | 3,80 | 5,68 | -0,05 | 10,14 | -3,83 | 0,48 | -4,28 | |
Cashflow1,7 | 1,01 | 1,11 | 1,63 | 2,71 | 0,56 | 2,66 | 0,98 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,12 | 0,19 | 0,00 | 0,35 | -0,09 | 0,02 | -0,18 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Rödl & Partner |
„Die Abweichung erklärt sich im Wesentlichen aus Transaktionen, die nicht wie erwartet im vierten Quartal 2023 durchgeführt werden konnten. Diese Transaktionen betrafen im Wesentlichen das Segment Medien“, heißt es im Geschäftsbericht. Eine zusätzliche Belastung von 478.000 Euro – in Form höherer Abschreibungen – ergab sich darüber hinaus durch eine zu erwartende Verkürzung der Restnutzungsdauer für immaterielle Vermögenswerte. Dass der Fehlbetrag unterm Strich mit minus 1,09 Mio. Dollar trotzdem deutlich niedriger ist als zu vermuten ist, hängt indes maßgeblich an einem Steuerertrag aus der Aktivierung von latenten Steuern von 937.000 Euro. Hierin spiegelt sich auch der vergleichsweise optimistische Ausblick von CEO Pabst wider, der für 2025 Umsatzerlöse zwischen 25,0 und 27,0 Mio. Euro sowie ein EBIT in einer Spanne von 0,75 bis 1,50 Mio. Euro in Aussicht stellt. „Diese Prognose ist getrieben durch die Entscheidung des Managements, die eingeleiteten Kosteneinsparungen weiter konsequent umzusetzen und somit die Margen zu erhöhen“, heißt es im Geschäftsbericht, der vor dem Downlisting vom Prime Standard in das etwas weniger regulierte Börsensegment General Standard stehenden Gesellschaft.
Überraschend kommt für boersengefluester.de derweil, dass Artnet im Geschäftsjahr 2024 ein mit immerhin 11,5 Prozent verzinstes Darlehen über 1 Mio. Dollar von „einem fremden Dritten“ erhalten hat. Dabei laufen noch Darlehen und auch Beraterverträge mit der Galerie Neuendorf – also mit der Familie des Gründers. All das sind Punkte, die in der Finanzgemeinde immer wieder für intensive Diskussionen sorgen und letztlich auch der Grund dafür sind, dass um Artnet so ein heftiger Kampf entbrannt ist. Bleibt abzuwarten, wie die ganze Geschichte ausgehen wird. Seit vielen Monaten gleicht die gesamte Entwicklung um den vermeintlichen Investoreneinstieg einer Blackbox, zumal alle früher von WFA oder auch Artnet kommunizierten zeitlichen Vorgaben längst verstrichen sind.
Rein operativ geht Vorstand Jacob Pabst angesichts der vielen Investitionen und Optimierungen in die Offensive: „Wir haben das Potenzial unserer Firma noch lange nicht ausgeschöpft. In gewisser Weise stehen wir immer noch am Anfang einer vielversprechenden Entwicklung, die wir angestoßen haben.“ An der Börse ist das Unternehmen zurzeit rund 31 Mio. Euro wert. Bezogen auf die aktuellen Kennzahlen ist das recht viel. Allerdings geht es bei Artnet um das mittelfristige Ertragspotenzial, was es zu heben gilt. Dabei ist die Gesellschaft extrem gut positioniert: „Die Artnet Price-Datenbank ist der Goldstandard der Industrie wird von allen Marktteilnehmern genutzt. Es gibt kein vergleichbares Produkt im Markt“, betont Pabst. Die Aktie ist damit zumindest eine gute Halten-Position.
Foto: Shutterstock
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