Am Mittwoch wurden die Zahlen zum US-Wirtschaftswachstum für das zweite Quartal bekanntgegeben. Dabei hat die US-Statistikbehörde erstmals die neue Berechnungsmethode angewandt. Laut früheren Andeutungen dürfte das Bruttoinlandsprodukt dadurch kräftig gewachsen sein. Die neue Methode hat noch einen wesentlichen Vorteil: dadurch sinken die Schulden im Verhältnis zum BIP. Denn die Statistikbehörde hat die Berechnungsmethode umgestellt. Ab sofort fließen Forschungs- und Entwicklungsausgaben in die Berechnung des Bruttoinlandsprodukts (BIP) ebenso ein wie beispielsweise immaterielle Vermögenswerte wie Filme, Fernsehsendungen und Bücher. Dabei sind Forschungs- und Entwicklungsausgaben Kosten, die einem Unternehmen entstehen.
Statistiken verbessern sich
Dennoch werden sie nun als Investitionen ins BIP eingerechnet. Laut den Andeutungen der Statistikbehörde vom April wird durch die Änderung das BIP aufs Gesamtjahr gerechnet um rund drei Prozent höher ausfallen als bisher – das sind rund 500 Mrd. Dollar mehr. Die neue Berechnungsmethode hat noch einen wesentlichen Vorteil: Weil dadurch das BIP rechnerisch größer wird als zuvor, sinkt damit das Verhältnis von Staatsschulden zur Wirtschaftsleistung. Der Wert liegt derzeit bei 106 Prozent vom BIP – das ist ein bedenklich hohes Niveau.
Um die Zinsen für den Schuldenberg weiter bezahlen zu können und nicht von den Anleihekäufen der Notenbank abhängig zu sein, müsste die Wirtschaft eigentlich deutlich wachsen. Das ist aber nicht der Fall. Das kann sie auch nicht, beläuft sich doch die Verschuldung der Amerikaner, also von Staat, privaten Haushalten, Unternehmen und dem Finanzsektor auf 354,8 Prozent vom BIP. Damit liegt sie nur knapp unter dem Rekordwert von vor der Finanzkrise. Der langfristige Schnitt liegt bei rund 200 Prozent. Inzwischen nutzen aber nicht zuletzt Unternehmen außerhalb des Finanzsektors die rekordniedrigen Zinsen, um kräftig Schulden zu machen, und beispielsweise über Aktienrückkäufe und Dividenden kräftig Geld an die Aktionäre zurückzugeben. Die privaten Haushalte können die Wirtschaft eigentlich nicht mehr kräftig ankurbeln, stehen sie doch mit 85 Prozent des BIPs in der Kreide. Die Sparquote beläuft sich auf lediglich 3,2 Prozent. Das Letzte, was die Konsumenten gebrauchen können, wären steigende Zinsen.
US-Wirtschaft auch mit neuer Kalkulation noch nicht bei alter Stärke
Die Umstellung auf die neue Berechnungsmethode hat dem US-BIP auch im zweiten Quartal geholfen. Das Wachstum fiel mit einem Plus von 1,7 Prozent stärker als erwartet aus. Die Wirtschaft wächst nach diesen Zahlen ordentlich, aber nicht so stark, dass die US-Notenbank sehr schnell den Geldhahn zudreht. Das Beste aus zwei Welten also, was dem US-Aktienmarkt in dieser Woche sehr hilft. Der S&P 500 hat gestern zum ersten Mal über 1700 Punkten geschlossen. Seit 2007 sind die Auswirkungen der neuen BIP-Berechnung am stärksten. Für das Jahr 2012 zum Beispiel wurde das BIP-Wachstum dadurch von 2,2 auf 2,8 Prozent angehoben. Höhere Konsumausgaben und ein größerer landwirtschaftlicher Output haben zu dieser Revision geführt. Andererseits wurde das erste Quartal 2013 von 1,8 auf 1,1 Prozent nach unten revidiert. Zuletzt haben etliche Experten ihre Prognosen aber auf annualisiert lediglich 0,5 Prozent gesenkt. Damit wäre die Wirtschaft am Rande der Stagnation. Lakshman Achuthan, Mitgründer des renomierten Economic Cycle Research Institute kann ebenfalls keine Konjunkturerholung erkennen: „Es gibt kein Wachstum.“ Für ihn begann die Rezession bereits im letzten Jahr und die Konjunkturdaten würden das auch irgendwann zeigen. Man hat keine „4 Jahre Nullzinspolitik und Gelddrucken wenn alles in Ordnung ist“, sagte er. „Das Wirtschaftswachstum der USA während der vergangenen fünf Jahre war schwächer als das in Japan während des verlorenen Jahrzehnts.“ Bleibt abzuwarten, ob Notenbankchef Ben Bernanke trotz möglicher schwacher BIP-Zahlen tatsächlich mit dem Zurückfahren des Anleihenkaufprogramms eventuell schon ab September beginnen wird.
Dieser Beitrag stammt von den Kollegen der boersengefluester.de-Partnerseite Feingold Research.