Erstmal komplett komisch: Da meldet Alno zum Halbjahr einen Überschuss von mehr als 64 Mio. Euro sowie ein positives Eigenkapital von fast 41 Mio. Euro – und der Aktienkurs des Küchenherstellers rauscht auf ein neues Jahrestief bei 0,505 Euro. Auf diesem Niveau bringt es die Gesellschaft auf einen Börsenwert von gerade einmal 38,2 Mio. Euro. Also, was ist los bei Alno? Von plötzlichem Reichtum sind die Pfullendorfer natürlich weit entfernt. Wesentlich gespeist wurde das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von 20,83 Mio. Euro zum Halbjahr durch Sondererträge von 26,9 Mio. Euro aus dem Verkauf der Küchenmarke Impuls. Hinzu kamen positive Währungseffekte von 3,6 Mio. Euro sowie 1,2 Mio. Euro aus der Auflösung von Rückstellungen. Außerdem gelang es Alno, die sonstigen betrieblichen Aufwendungen durch etwas niedrigere Werbeausgaben und Beratungsdienstleistungen um gut fünf Prozent zu senken. Dieser Effekt wurde jedoch durch einen Restrukturierungsaufwand von 4,2 Mio. Euro – im Wesentlichen bedingt durch den Impuls-Verkauf – wieder aufgefressen. Letztlich führte die Entkonsolidierung von Impuls aber zu einem Gewinn von 22,7 Mio. Euro.
Unterm Strich sorgte dann ein Steuereffekt aus der Aktivierung latenter Steuern für den Gewinnschub von 59 Mio. Euro. „Für uns ist das ein deutliches Signal, dass Alno künftig mit hoher Wahrscheinlichkeit ausreichend positive Ergebnisse erzielen kann, um die aufgebauten Verlustvorträge zu realisieren”, sagt Finanzvorstand Ipek Demirtas im Hintergrundgespräch mit boersengefluester.de. Positiver Begleiteffekt dieser Bilanzierungsmaßnahme ist, dass Alno endlich wieder ein positives Eigenkapital ausweisen kann. Das ist gut für die Außendarstellung, aber eben nicht auf operative Gewinne zurückzuführen. Und diesen feinen Unterschied wissen die Börsianer genau einzuordnen. Knackpunkt bleibt die Belastung aus den Nettofinanzschulden von zuletzt 136,8 Mio. Euro. So musste Alno allein zum Halbjahr ein negatives Finanzergebnis von 6,5 Mio. Euro schultern. Eine teure Anleihe, Bankkredite und Gesellschafterdarlehen gilt es zu bedienen. Knapp 5,8 Mio. Euro frisches Eigenkapital steuerte derweil der neue chinesische Großaktionär und Geschäftspartner Nature Home zu, der mittlerweile 9,09 Prozent an dem Küchenbauer hält. Interessant wird, ob Alno weitere Investoren aus dem Reich der Mitte gewinnen kann. Schließlich spielt die Auslandsexpansion – auch Richtung China – die zentrale Rolle in der Expansionsstrategie von Alno.
Ipek Demirtas, die seit Mitte 2011 auf Vorstandsebene die Finanzen von Alno verantwortet, zeigt sich gewohnt zuversichtlich: „Die Früchte der Neuausrichtung sind sichtbar.” Auch den Kauf der Schweizer Küchenfirma AFP hält sie weiterhin für eine „wichtige und richtige Entscheidung”. Außerdem betont sie, dass das um alle Sondereffekte bereinigte EBITDA im ersten Halbjahr um 12,2 Mio. Euro auf nur noch minus 1,9 Mio. Euro verbessert wurde. Das Vertrauen der Börsianer ist damit aber noch nicht gewonnen. Letztlich hängt Alno am Tropf von Großaktionär Whirlpool, der bislang immer wieder Zahlungsaufschub gewährt. Kein Wunder, schließlich hat Whirlpool über Alno einen wunderbaren Vertriebskanal für seine Geräte der Marke Bauknecht.
Völlig offen ist für boersengefluester.de trotzdem, wie Alno seine im Mai 2018 auslaufende Mittelstandsanleihe (WKN: A1R1BR) im Volumen von 45 Mio. Euro derzeit zurückzahlen will. Interessanterweise hält sich der Bond – im Gegensatz zur Aktie – momentan wacker bei rund 87 Prozent vom Nennwert. Das 52-Wochen-Tief lag bei ausfallverdächtigen 40 Prozent. Nun: Vergleichbare Fälle hat es unter anderem mit Solarworld oder 3W Power auf dem heimischen Kurszettel genügend gegeben. In der Regel wurden die Bondinhaber teilweise zu Aktionären gemacht und ihre Anleihenansprüche neu geregelt. In die Röhre geschaut haben bei den Sanierungen stets die Aktionäre. Die Gretchenfrage ist, ob Alno möglicherweise schon vorher eine rettende Barkapitalerhöhung im größeren Stil unterbringen kann. Angesichts des aktuellen Kursniveaus von weit unter 1 Euro wäre das zwar nur mit einem begleitenden Kapitalschnitt möglich – aber das ist eine technische Frage.
Springender Punkt ist, wer bei dieser Maßnahme überhaupt mitziehen soll. Keine Frage: Die Gesellschaft macht Fortschritte und es gibt Licht am Horizont. Aber die Skepsis der Börsianer ist nach einer gefühlten Dauerkrise seit dem Börsengang im Jahr 1995 enorm. Es gibt wohl kaum einen aktiven Anleger, der sich nicht schon einmal die Finger an dem Papier verbrannt hat – auch wenn es zwischenzeitlich immer wieder Hoffnung gab. Mehr als eine Halten-Position ist der Titel auch auf dem aktuellen Niveau nicht.
Foto: Alno AG