Das ist auch eher selten: Abgesehen von einem kurzen Update vor fünf Jahren hat boersengefluester.de tatsächlich nie ausführlicher über die Aktie von Albis Leasing berichtet. Kein Wunder allerdings, denn das Leasing-Unternehmen fiel lange Zeit nicht gerade durch überzeugende Zahlen auf, zudem gab es – mitunter auch öffentlich ausgetragene – Fehden zwischen den Ankeraktionären und anderen Organen der Gesellschaft. Das alles ist nicht spurlos am Aktienkurs abgeperlt, abgesehen von zwischenzeitlich scharfen Erholungsphasen haben die Anleger nicht viel Freude an dem Titel gehabt. Und auch jetzt notiert die Notiz ungefähr auf dem Niveau von vor sieben Jahren und bringt es dabei auf einen Börsenwert von rund 44 Mio. Euro. Das wiederum ist insofern verwunderlich, weil sich in letzter Zeit einiges getan hat bei den Hamburgern und die Gesellschaft mit ihrer „Zukunftsoffensive 2023+“ einen umfangreichen Transformationsprozess durchläuft, der sich bereits positiv in den Zahlen zeigt. Höchste Zeit, nun auch den Kapitalmarkt stärker in die erreichten Fortschritte einzubeziehen und die eigene Investmentstory zu schärfen.
Entsprechend gespannt waren wir auf das Hintergrundgespräch mit Vorstand Sascha Lerchl, der – gemeinsam mit Andreas Arndt – im September 2021 die Führung bei Albis Leasing übernommen hat. Soviel vorweg: Der Teams-Call mit Sascha Lerchl lief richtig gut und hat uns neugierig gemacht auf die Aktie. Jedenfalls wird boersengefluester.de die Story nun sehr viel enger begleiten. „Wir wollen wirklich eine Veränderung erzeugen“, betont Lerchl nicht nur mit Blick auf die Intensivierung der Investor Relations-Aktivitäten. Eckpunkte der Zukunftsoffensive 2023+ sind unter anderem eine Fokussierung des Produktportfolios auf eher kleinteiliges Finanzierungsgeschäft, eine Verbesserung beziehungsweise Straffung der Prozessabläufe und Aufbauorganisation sowie Investitionen in die weitere Digitalisierung. Dabei unterteilt sich das Geschäft von Albis Leasing auf die drei Segmente Handel/Hersteller, E-Bike-Vermittlung sowie EDEKA-Kaufleute.
Kleinster Bereich ist EDEKA, wo es etwa um die Finanzierung von Kühlvitrinen, Waagen oder Leergutautomaten für die bundesweit rund 3.500 selbständigen EDEKA-Kaufleute geht. Ein Bereich, der zuletzt allerdings von einer Investitionszurückhaltung der Händler geprägt war. Herausfordernd ist auch das Finanzierungsgeschäft für E-Bikes, zumal Marktführer wie JobRad längst eigene Leasingkonzepte am Start haben und das Massengeschäft mit Kampfkonditionen besetzen. Entsprechend konzentriert sich Albis Leasing hier auf kleinere Kunden, die Elektroräder für einzelne Mitarbeiter anschaffen wollen. „Das E-Bike-Geschäft machen wir nur noch zu Preisen, die für uns akzeptabel sind“, sagt Lerchl und nimmt bewusst Abstriche beim Neugeschäft in Kauf. Zumindest volumenmäßig läuft es auch beim Brot-und-Butter-Geschäft um Gastronomiebedarf, Geschäftsausstattungen, Büro- und IT-Equipment, Kassensysteme, Lagerlogistik oder auch Werkstattausrüstungen ein wenig gedämpft.
Andererseits zeigen die eingeleiteten Maßnahmen auf der Ergebnisseite bereits Wirkung, so dass Albis Leasing die Prognose für das Ergebnis vor Steuern für das Gesamtjahr auf eine Bandbreite von 2,8 bis 4,0 Mio. Euro heraufgesetzt hat – nach einer ursprünglich avisierten Spanne zwischen 1,5 und 2,8 Mio. Euro. Zur weiteren Einordnung: Nach sechs Monaten 2023 kommt die Gesellschaft bereits auf einen Gewinn vor Steuern von 2,92 Mio. Euro, so dass die Erwartungshaltung für das zweite Halbjahr auf den ersten Blick nicht gerade üppig aussieht. Gleichwohl betont Vorstandssprecher Sascha Lerchl: „Wir werden dieses Jahr ein sehr gutes Ergebnis haben.“ Dem entnimmt boersengefluester.de, dass das zweite Halbjahr 2023 durchaus mehr als nur eine schwarze Null zusteuern dürfte.
Belastungen sind freilich durch Extra-Aufwendungen für Beratungsdienstleistungen oder auch Abfindungen für die weitere Umsetzung der Zukunftsoffensive 2023+ zu erwarten. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass es im ersten Halbjahr positive Sondereffekte durch Umfinanzierungen mit wichtigen Partnern wie der ING-Diba oder auch der Nord/LB gab. Der Zugang zu Liquidität ist jedenfalls kein Engpass – auch das eine wichtige Botschaft. „Die Refinanzierer haben Spaß an kleinteiligen Portfolios“, sagt Vorstand Sascha Lerchl. So liegt die durchschnittliche Ticketgröße im Neugeschäft bei nur noch etwas mehr als 5.000 Euro – 2018 waren es noch über 8.000 Euro. Gleichwohl musste Albis Leasing im ersten Halbjahr des laufenden Jahres eine vollständige Wertberichtigung über 400.000 Euro auf einen einzelnen Kunden vornehmen, was die Risikovorsorge entsprechend nach oben trieb. Dem Vernehmen soll es sich hierbei jedoch um ein Engagement aus früheren Zeiten handeln, was es mit der neuen Ausrichtung so in dieser Form nicht mehr gibt.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 17,11 | 18,49 | 21,24 | 18,33 | 19,44 | 20,53 | 22,48 | |
EBITDA1,2 | 3,73 | 3,87 | 5,00 | 3,40 | 3,51 | 3,42 | 6,35 | |
EBITDA-Marge3 | 21,80 | 20,93 | 23,54 | 18,55 | 18,06 | 16,66 | 28,25 | |
EBIT1,4 | 3,63 | 3,80 | 3,48 | 1,56 | 1,38 | 1,59 | 4,58 | |
EBIT-Marge5 | 21,22 | 20,55 | 16,38 | 8,51 | 7,10 | 7,75 | 20,37 | |
Jahresüberschuss1 | 4,15 | 3,25 | 1,75 | 0,66 | 1,29 | 1,23 | 4,52 | |
Netto-Marge6 | 24,25 | 17,58 | 8,24 | 3,60 | 6,64 | 5,99 | 20,11 | |
Cashflow1,7 | 7,06 | -11,98 | -36,95 | 1,06 | -6,95 | -0,36 | 17,31 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,22 | 0,21 | 0,09 | 0,05 | 0,06 | 0,06 | 0,21 | |
Dividende8 | 0,06 | 0,06 | 0,04 | 0,04 | 0,00 | 0,00 | 0,08 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RSM Ebner Stolz |
Frühzeitig kommuniziert hat das im Börsensegment General Standard gelistete Unternehmen, dass es künftig nennenswerte Dividenden zahlen will. Für 2023 steht eine Ausschüttung von 0,07 bis 0,09 Euro je Aktie auf der Agenda, womit es der Titel selbst auf eine Dividendenrendite von klar mehr als 3 Prozent bringen sollte. „Dem Aktienmarkt ist wichtig, dass ein Unternehmen wie Albis Leasing auch Dividende zahlt“, sagt Lerchl. Langfristig soll die Dividende zwischen 0,08 und 0,10 Euro liegen – bei einem Mindestniveau von 0,05 Euro auf dem gedanklichen Zeitstrahl der kommenden Jahre. Gecovert wird das Unternehmen durch die Analysten von Solventis, was insofern eine Besonderheit ist, weil Solventis-Gründer Joachim Schmitt mit einem Anteil von 5,69 Prozent zu den Kernaktionären von Albis zählt.
Der bekannte Nebenwerteexperte Rolf Hauschildt hält mittlerweile 27,64 Prozent – beide Investoren haben die Basis für ihre Positionen im November 2019 im Zuge des Ausstiegs von Firmengründer Hans Otto Mahn gelegt. Gegengewicht mit einem Anteil von 25,0 Prozent ist der Nürnberger Edel-Autohändler Christoph Zitzmann. Scharmützel zwischen Aktionärsgruppen dürfte es immer noch geben, dafür reicht allein ein Blick auf die Abstimmungsergebnisse der jüngsten Hauptversammlung am 13. Juli 2023. Insgesamt scheint uns aber relative Ruhe eingekehrt und die Aktionäre tragen den Transformationskurs von Albis Leasing im Wesentlichen mit. Das von Solventis ermittelte Kursziel von 3,00 Euro signalisiert jedenfalls ein enormes Aufwärtspotenzial. Ende November präsentiert Vorstandssprecher Sascha Lerchl auf dem Eigenkapitalforum der Deutschen Börse AG in Frankfurt – auch das ein Signal Richtung Kapitalmarkt.
Foto: Clipdealer
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