In Amerika überschlagen sich die Unternehmen derzeit beinahe in der Ankündigung gigantischer Aktienrückkaufprogramme. Mittlerweile gibt es von S&P Dow Jones sogar einen Index auf die interessantesten Rückkauffirmen. In Deutschland setzen zwar ebenfalls viele Gesellschaften auf den Erwerb eigener Anteilscheine zur Kurspolitur. Doch im Vergleich zur klassischen Dividendenzahlung wird dieses Instrument wesentlich seltener genutzt.
Regelmäßiger Kritikpunkt: Gesellschaften, die im großen Stil eigene Aktien über die Börse kaufen, wissen sonst offenbar nichts Sinnvolles mit dem Firmengeld anzufangen. Und dennoch: Kaum eine Hauptversammlung, in der sich die Vorstände nicht zumindest die Erlaubnis einholen, eigene Anteilscheine zu erwerben. Über die genaue Verwendung der erworbenen Titel entscheidet das Management meist erst viel später. Häufig werden die Anteile eingezogen, so dass sich die Zahl der umlaufenden Papiere verringert – mit entsprechend positivem Effekt auf den Kurs. Hintergrund: Wenn der Gesamtgewinn eines Unternehmens auf weniger Kuchenstücke verteilt wird, steigt dementsprechend das Ergebnis je Aktie. Bei unterstellt konstantem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) müsste daher der Aktienkurs zulegen. Etliche Firmen halten sich aber auch die Option offen, das eigene Papier vor allen Dingen als Akquisitionswährung einzusetzen.
Im Ausland gehören Rückkaufprogramme beinahe zum Alltag und nehmen mitunter Milliarden-Volumen ein. So hat der Nahrungsmittelmulti Nestlé zwischen 2005 und 2011 eigene Aktien im Volumen von umgerechnet 24 Mrd. Euro zurückgekauft. In Amerika sorgte der Pharmakonzern Merck & Co zuletzt für Furore mit der Ankündigung, den Spielraum für Aktienrückkäufe auf 15 Mrd. Dollar auszuweiten. „Der jetzt angekündigte beschleunigte Aufkauf zeigt deutlich, dass wir zu unserem Wort stehen, den Wert der Aktien kurzfristig zu steigern”, sagt Vorstandschef Kenneth Frazier. Immerhin 8 Mrd. Dollar will der britische Mineralölkonzern BP in den Rückkauf eigener Aktien stecken. Das Geld stammt aus dem Verkauf des russischen Joint Venture TNK BP an Rosneft. Der IT-Konzern IBM hat sein Aktienrückkaufprogramm zuletzt um weitere 6 Mrd. Dollar aufgestockt. In ganz anderen Dimensionen denkt mal wieder Apple. Der Smartphone- und Computerhersteller hat sich kürzlich die Rekordsumme von bis zu 60 Mrd. Dollar für Aktienrückkäufe genehmigen lassen.
Angesichts solcher Gigantenpläne ist es kein Wunder, dass der Indexprovider S&P Dow Jones kürzlich einen Index auf die 100 Firmen mit den – gemessen an der jeweiligen Marktkapitalisierung – größten Rückkaufprogrammen aus dem S&P 500 aufgelegt hat. Noch gibt es hierzulande aber kein Zertifikat auf diesen neuen Index. Dafür existieren mehrere Fonds, die ihren Fokus auf Unternehmen mit derartigen Kurspflegemaßnahmen setzen.
In Deutschland haben zuletzt ebenfalls eine Reihe von Firmen mit dem Thema Aktienrückkaufprogramme auf sich aufmerksam gemacht. Anfang April überraschte EADS (WKN: 938914) die Investoren mit der Ankündigung, innerhalb der kommenden 18 Monate Aktien im Wert von bis zu 3,75 Mrd. Euro zu erwerben. Zur Einordnung: Die gesamte Marktkapitalisierung des MDAX-Werts beträgt momentan gut 35 Mrd. Euro. „Mit dem Aktienrückkaufprogramm werden Finanzmittel von EADS sinnvoll im Interesse seiner Aktionäre eingesetzt, ohne dabei unsere solide Bilanz zu beeinträchtigen“, betont EADS-Vorstandschef Tom Enders. Dabei scheut der Luftfahrtkonzern offenbar auch keine größeren Einzelinvestments. Als der Autohersteller Daimler etwa vor wenigen Wochen seine restlichen EADS-Aktien für rund 2,2 Mrd. Euro am Markt platzierte, griff EADS beherzt zu und kaufte für 600 Mio. Euro eigene Anteile. Ein weiterer dicker Brocken war der außerbörsliche Erwerb von EADS-Aktien für knapp 483 Mio. Euro vom französischen Staat. Da auch die zuletzt vorgelegten Ganzjahres- und Quartalszahlen stets erfreulich ausfielen, gehört die EADS-Aktie folgerichtig zu den Dauerfavoriten der Anleger. Allein innerhalb der vergangenen zwölf Monate gewann der MDAX-Titel um mehr als 50 Prozent an Wert. Eine Konsolidierungsphase kann da nicht schaden. Haltenswert bleibt das Papier aber allemal.
Etwas zu steil verlief zuletzt auch der Kursanstieg von United Internet (WKN: 508903). Um fast 40 Prozent verteuerte sich die Aktie des Internetspezialisten seit Ende 2012 in der Spitze. Aktiv bleibt das TecDAX-Unternehmen in Sachen Aktienrückkauf. Nachdem zu Jahresanfang 15 Millionen Anteilscheine eingezogen wurden und sich die Zahl der Aktien damit auf 195 Millionen Stück verringerte, hat der Vorstand auf der jüngsten Hauptversammlung in der Alten Oper von Frankfurt beschlossen, erneut bis zu eine Million eigene Aktien zurückzukaufen. Die Ermächtigung gilt bis November 2014. Auf Basis des aktuellen Kurses entspricht das einem Volumen von knapp 22 Mio. Euro – entsprechend etwa fünf Prozent des Börsenwerts. An den Geschäftszielen für 2013 hält Vorstandschef Ralph Dommermuth fest. Bei einem Umsatzanstieg um etwa zehn Prozent auf dann gut 2,6 Mrd. Euro soll das Ergebnis je Aktie auf 1,00 bis 1,10 Euro klettern. Die United-Internet-Aktie ist mit einem 20er-KGV bereits merklich höher als der TecDAX-Schnitt eingestuft. Zukäufe drängen sich derzeit nicht mehr auf. Daran ändert auch das neuerliche Aktienrückkaufprogramm nichts.
Vorbeigegangen ist die jüngste Kursrally hingegen an Fresenius Medical Care (WKN: 578580). Angesichts der hohen Bewertung des Dialysespezialisten ist auch fraglich, ob das angekündigte Aktienrückkaufprogramm über 385 Mio. Euro kurzfristig die Kurswende bringen kann. Quasi in einem Rutsch haben die Bad Homburger auch die Umwandlung der knapp vier Millionen Vorzugsaktien im Verhältnis 1:1 in Stämme beschlossen. Aufgrund eines Sondereffekts knickte der Gewinn im Auftaktquartal deutlich ein. Zudem leidet FMC unter den Kürzungen im amerikanischen Gesundheitssystem. Für das laufende Jahr kalkuliert der Vorstand nur noch mit einem Gewinn in der unteren Hälfte der bislang kommunizierten Range von 1,1 bis 1,2 Mrd. Dollar. Kurzfristig orientierte Anleger machen vorerst weiter einen Bogen um die FMC-Aktie.
Aus dem Small-Cap-Sektor ist Pulsion (WKN: 548790) beinahe so etwas ein Rückkauf-Klassiker. Im Januar 2013 hat das Medizintechnikunternehmen knapp 41.000 eigene Aktien erworben. Das entspricht fast 0,5 Prozent der Gesamtzahl von 8.250.000 Anteilscheinen. Nach der Hauptversammlung am 16. Mai schüttete die Gesellschaft neben der normalen Gewinnbeteiligung von 0,30 Euro zusätzlich eine Sonderdividende von 1,35 Euro pro Anteilschein aus. Ein wesentlicher Teil der jüngsten Kursschwäche geht also auf Dividendenabschlag zurück. Für das Gesamtjahr rechnet der Vorstand mit einem Umsatzwachstum von mindestens sechs Prozent und einer EBIT-Marge zwischen 24 und 28 Prozent. Demzufolge dürfte das operative Ergebnis für 2013 zwischen knapp 9 und gut 10 Mio. Euro anzusiedeln sein. Bezogen auf den aktuellen Börsenwert von rund 120 Mio. Euro wird deutlich, dass die Pulsion-Aktie nicht wirklich günstig ist. Andererseits erhalten Investoren die Beteiligung an einem hochrentablen Unternehmen. Der Titel gehört also auf die Beobachtungsliste.
Schneller als erwartet hat hingegen die Software AG (WKN: 330400) ihr Aktienrückkaufprogramm beendet. Das Anfang Februar in Aussicht gestellte Volumen von bis zu 180 Mio. Euro haben die Darmstädter dabei nur zu rund zwei Drittel ausgeschöpft. Offiziell begründet hatte das TecDAX-Unternehmen die Maßnahme Ende April mit der Anfang Mai anstehenden Hauptversammlung. Dem Vernehmen nach sollte mit Blick auf die Dividendenzahlung eine klare Grenze gezogen werden, schließlich werden auf im Eigenbesitz gehaltene Anteilscheine keine Dividenden gezahlt. Vermutlich lag diese Entscheidung aber auch daran, dass sich der Vorstand von dem Rückkaufplan eventuell mehr versprochen hat. Denn: Nach einem anfänglichen Kursfeuerwerk hat die Notiz seit Mitte März wieder den Rückwärtsgang eingelegt. Gleichwohl hat sich die Gesellschaft auf der Hauptversammlung am 3. Mai ein neues Programm genehmigen lassen. Noch ist aber nicht bekannt, ob und wann es eingesetzt wird.
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