[sws_yellow_box box_size=”640″]Rund 5.000 Hektar bewirtschaftet die börsennotierte Agrarius AG inzwischen in Westrumänien – und trotz der herausfordernden Marktsituation hat die in Bad Homburg ansässige Gesellschaft deutliche Fortschritte auf der Ergebnisseite erzielt. Für die bereits gestartete Erntesaison 2016 erwartet Agrarius -Vorstand Ottmar Lotz erneut einen im Landesvergleich deutlich überdurchschnittlichen Ernteertrag, wie er im Gespräch mit boersengefluester.de verriet. Der Umsatz soll im laufenden Geschäftsjahr auf 4,5 bis 4,8 Mio. Euro steigen, der operative Gewinn weiter zulegen. Die Analysten von SMC Research sehen den fairen Wert der Agrarius-Aktie bei 1,00 Euro. Boersengefluester.de sprach mit Konzernlenker Lotz über die Rückschläge der vergangenen Jahre, den Startschuss für den Kürbis-Anbau und weitere Aktivitäten zur Verlängerung der Wertschöpfungskette.[/sws_yellow_box]
Boersengefluester.de: Herr Lotz, Agrarius ist auf die professionelle Bewirtschaftung von Agrarflächen spezialisiert. Warum haben Sie Ihren Fokus dabei ausgerechnet auf Westrumänien gelegt?
Ottmar Lotz: Die Ackerflächen in Westrumänien – auch Banat genannt – sind überwiegend von guter bis sehr guter Qualität. Das war uns von Anfang an wichtig und hat unsere Standortwahl maßgeblich beeinflusst. Wir arbeiten dort überwiegend auf sogenannten Schwarzerde-Böden mit gutem Humusgehalt und überdurchschnittlichem Wasserhaltevermögen. Solche hochwertigen Ackerböden sind in Europa lediglich auf rund zwölf Prozent der Fläche zu finden.
Sie haben inzwischen eine Größe von rund 5.000 Hektar erreicht. Inwiefern war der kontinuierliche Auf- und Ausbau der bewirtschafteten Fläche auch mit einer Lernkurve verbunden?
Lotz: Im Ackerbau müssen Sie an jedem Standort zunächst einmal die Böden über mehrere Jahre unter unterschiedlichen klimatischen Bedingungen und verschiedenen Kulturen „kennenlernen“. Wir haben auf der einen Seite unterschätzt, welche Mindererträge auf neu dazugekommen Flächen erzielt werden, auf der anderen Seite ernten wir bei den uns schon seit zwei bis drei Jahren zur Verfügung stehenden Flächen inzwischen bis zu 100 Prozent mehr als direkt nach der Übernahme. Insofern hat das auch unseren Geschäftsverlauf beeinflusst, zeigt aber auch das Potenzial des Standorts. Zum Teil extreme Wetterbedingungen – wie in den Jahren 2012 und 2014 – haben unser Ergebnis negativ beeinflusst. Schaut man sich die Wetterhistorie an, sind statistisch gesehen zwei so dicht aufeinanderfolgende Hitzeperioden relativ unwahrscheinlich.
Sie sprechen die Rückschläge in den vergangenen Jahren an. Mit welchen Mitteln wollen Sie verhindern, dass es künftig wieder zu ähnlichen Einbußen kommt?
Lotz: Wir haben darauf reagiert, indem zum Beispiel auf bestimmten Flächen keinen Mais mehr anbauen. Zudem können wir klimatisch bedingte Risiken wie extreme Hitze inzwischen auch versichern und somit etwaige Ernteausfälle kompensieren. Weiterhin haben wir den Anbau von Winterkulturen auf mehr als 60 Prozent der Anbaufläche ausgedehnt. Daraus resultieren hinsichtlich der Ertragslage ein insgesamt deutlich besseres Chance-Risiko-Verhältnis sowie eine niedrigere Volatilität bezüglich unserer zukünftigen Ergebnisse.
Welche Erwartungen haben Sie an die laufende Erntesaison? Entspricht der aktuelle Zustand der Kulturen Ihren Erwartungen?
Lotz: Der bisherige Witterungsverlauf mit relativ hohen Niederschlägen in diesem Jahr hat für einen guten Zustand unserer Kulturen gesorgt. Die Ernte von Winterraps und Winterweizen hat bereits begonnen. Aus heutiger Sicht rechnen wir erneut mit einem im Landesvergleich deutlich überdurchschnittlichen Ernteertrag, der zumindest bei den gerade in der Ernte befindlichen Kulturen über unserer Planung liegt.
Im vergangenen Jahr haben Sie den Umsatz um mehr als 20 Prozent auf 4,1 Mio. Euro gesteigert. Für das laufende Jahr streben Sie ein weiteres Wachstum auf 4,5 bis 4,8 Mio. Euro an. Wie ambitioniert ist diese Prognose vor dem Hintergrund der herausfordernden Preissituation am Markt für Agrarrohstoffe?
Lotz: Wir fühlen uns mit den prognostizierten Zahlen weiterhin sehr wohl. Für einen Teil unserer Kulturen konnten wir Kontrakte zu über unseren Planungen liegenden Preisen abschließen. Einzig die Preise für Winterweizen liegen im Moment unter unserer Planung, jedoch müssen wir sehen, inwieweit wir über Menge und Qualität einen Ausgleich für den gesunkenen Marktpreis darstellen können. Zuversichtlich stimmt uns der in diesem Jahr erstmals vorgenommene Kürbisanbau, der sich bisher prächtig entwickelt.
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Welche Erwartung haben Sie mittelfristig an die Agrarrohstoffpreise?
Lotz: Schaut man sich die zyklische Entwicklung der Rohstoffpreise an, dann ist davon auszugehen, dass wir in diesem Jahr ein Tief sehen werden oder schon gesehen haben. In Relation zu den Preisen an den Aktienmärkten ist der Rohstoffindex in den vergangenen 50 Jahren noch nie so günstig gewesen. Daher bin ich für die weitere Entwicklung vorsichtig optimistisch, trotz der hohen weltweiten Lagerbestände bei Weizen und Mais. Für Agrarius sind steigende Preise natürlich positiv, zumal die Preise für Betriebsmittel wie Dünger und Pflanzenschutz erst mit einer gewissen Verzögerung nach den Agrarrohstoffen steigen.
Sie haben den Kürbisanbau angesprochen, dies ist eine Premiere für Agrarius. Warum haben Sie sich für Kürbis entschieden und welche Investitionen waren hierfür erforderlich?
Lotz: Ein Teil unserer Strategie ist die weitere Diversifikation auf der Ebene der Kulturen und die Erweiterung der Wertschöpfungskette. Wir haben Kürbis als eine interessante Kultur, die auch in unserem Klima hervorragend gedeiht, identifiziert und in diesem Jahr auf rund 215 Hektar erstmals angebaut. Um von Dritten unabhängig zu sein und den ersten Teil der Wertschöpfungskette abzudecken, haben wir eine spezielle Erntemaschine und eine Anlage zum Waschen, Trocknen und Reinigen der Kürbiskerne angeschafft. Diese Investitionen werden sich durch den deutlich höheren Ertrag je Hektar in den kommenden Jahren schnell amortisieren.
Planen Sie weitere Aktivitäten zur Verlängerung der Wertschöpfungskette?
Lotz: Gern würde ich schon mehr zu diesem Thema sagen. Zurzeit arbeiten wir an einem Projekt, das genau das Ziel der Verlängerung der Wertschöpfungskette hat, sind aber noch mitten in der Umsetzung. Daher werden wir uns mit Details nach der Fertigstellung melden und das Projekt der breiten Öffentlichkeit vorstellen.
Wie sieht Ihre weitere Expansionsstrategie aus? Planen Sie in den kommenden Jahren eine weitere Ausweitung der Anbaufläche?
Lotz: Nach dem Erreichen unseres ersten Teilziels einer Fläche von 5.000 Hektar werden wir weiterhin nach interessanten Möglichkeiten zur weiteren Expansion Ausschau halten. Jedoch liegt unser Hauptaugenmerk auf wirtschaftlich sinnvollem und profitablem Wachstum. Wir wollen nicht den Fehler einer ungezügelten Expansion auf Kosten der Profitabilität unserer Gesellschaft machen. Aus den bereits genannten Gründen ist bei einer Erweiterung der Ackerflächen neben dem Faktor Kapital auch der Faktor Zeit bis zum Erreichen einer ausreichenden Wirtschaftlichkeit zu beachten.
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Inwiefern profitiert Agrarius von EU-Subventionen? Wird dies in den nächsten Jahren eher zu- oder eher abnehmen?
Lotz: Wie alle landwirtschaftlichen Betriebe in der EU erhalten auch wir Flächenprämien und eine Unterstützung für das sogenannte Greening. Dabei sind die Vorgaben der EU streng einzuhalten. Wir gehen davon aus, dass diese Prämien innerhalb der EU im Laufe der Zeit angeglichen werden und Rumänien daher tendenziell weiter steigende Flächenprämien bekommt, während Westeuropa mit geringeren Beträgen auskommen muss.
Neben dem bereits angesprochenen Umsatzwachstum erwarten Sie auch auf der Ergebnisseite im laufenden Jahr eine weitere Steigerung. Ist dies in erster Linie auf Skaleneffekte zurückzuführen oder sehen Sie auch auf der Kostenseite noch Einsparpotenzial?
Lotz: Beides. Wir arbeiten schon immer sehr kostensensitiv und werden dieses Thema auch in Zukunft nicht vernachlässigen. In diesem Jahr kommen uns die gesunkenen Input-Kosten in Form von Diesel, Dünge- und Pflanzenschutzmitteln zugute. Die Umsatzausweitung wirkt sich überproportional auf das Ergebnis aus, eine direkte Folge von Skaleneffekten. Wir rechnen zudem mit einer weiter sinkenden Abschreibungsquote pro Hektar, das wird unser Ergebnis auch in den kommenden Jahren positiv beeinflussen. Alle branchenspezifischen Leistungskennzahlen, die sogenannten KPIs, sind auf einem guten Weg und haben sich in den vergangenen Jahren zum Teil deutlich verbessert.
Wie sieht die finanzielle Situation der Agrarius AG aus? Können Sie das laufende Geschäft aus dem operativen Cashflow bestreiten oder sind Sie auf die Zufuhr von frischem Kapital angewiesen?
Lotz: Mit der nun erreichten Flächengröße ist eine unter normalen Umständen anhaltende Profitabilität der Gesellschaft erreicht. Auf der Fremdkapitalseite sehen wir hinsichtlich der Zinshöhe weiteres Verbesserungs- und Einsparpotenzial. Für einen größeren Expansionsschritt, wie zum Beispiel eine mehr als 50-prozentige Erweiterung unserer Flächen, wäre sicherlich weiterer Kapitalbedarf vorhanden. Ein solcher Schritt ist jedoch momentan nicht geplant. Insofern ist Agrarius aus heutiger Sicht nicht von weiterem Kapitalzufluss abhängig.
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Lohnt sich für eine vergleichsweise kleine Gesellschaft wie Agrarius die Börsennotiz überhaupt?
Lotz: Zwischenzeitlich haben wir die Kosten für unsere Börsennotiz auf das absolute Minimum zurückgefahren. Aufgrund der im vergangenen Jahr relativ niedrigen Börsenumsätze haben wir zum 30. Juni 2016 das Designated Sponsoring beendet. Jedoch sind zusätzliche Regulierungen wie die kürzlich eingeführte Marktmissbrauchsverordnung (MAR) der EU ein nicht unerheblicher bürokratischer Mehraufwand – gerade für kleine Firmen. Dennoch sehen wir die Börse als das richtige Instrument an, um unseren Aktionären einen Handelsplatz für ihre Aktien zu bieten und in Zukunft am Kapitalmarkt teilzunehmen.
Die Agrarius-Aktie hat den Aktionären in den vergangenen Jahren trotz der erreichten Umsatz- und Ergebnissteigerungen nur wenig Freude bereitet. Wann kommt die Erntezeit für Ihre Aktionäre?
Lotz: Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und die Gesellschaft auf ein solides Fundament gestellt. Sollten sich die Preise auf dem Agrarmarkt wie von uns erwartet perspektivisch erholen, würde uns dies zudem attraktive Margen ermöglichen. Mit guten Unternehmenszahlen wird der Kurs dann seinen Weg finden, daran arbeiten wir. Rückendeckung erhalten wir dabei auch von Analystenseite: SMC Research stuft die Agrarius-Aktie als „Speculative Buy“ ein und sieht den fairen Wert aktuell bei 1,00 Euro je Aktie. Die Erntezeit wird kommen, auch an der Börse.
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Fotos: picjumbo.com, Agrarius AG
Ottmar Lotz ist Vorstand von Agrarius und dort für die operative Leitung sowie die Finanzen zuständig. Nach seiner Ausbildung zum Telekommunikationselektroniker studierte Lotz in Friedberg (Hessen) Elektrotechnik mit Fachrichtung Informatik. Bereits während seines Studiums baute er mit der Trius AG eine eigene Softwarefirma auf, die er im Jahr 2000 an den Neuen Markt brachte und deren Vorstand er bis zum Jahr 2001 war. Anschließend stellte sich Ottmar Lotz neuen Herausforderungen als Unternehmensberater und Business-Angel in Kanada und Deutschland. Bis zur Gründung der Agrarius AG im Jahr 2007 war er in der Unternehmensberatung – unter anderem im Bereich der Erneuerbaren Energien – tätig. Lotz wurde 1963 in Bad Homburg geboren.