Kaum an der Börse und gleich mal den wenig schmeichelhaften Preis der „IPO-Zitrone“ abgeräumt. Das war ad pepper media International im Oktober 2000. Damals ging der Online-Werbevermarkter als eines der letzten Unternehmen zu (splitbereinigt) 8,50 Euro an den Neuen Markt und musste nur einen Monat später die erste Gewinnwarnung verkünden. Lang ist es her und vermutlich können sich gar nicht mehr so viele Anleger an diese irre Zeit erinnern. Verrückt ist im Grunde auch, dass die ad pepper-Aktie auch 20 Jahre nach dem IPO noch immer unter Ausgabekurs notiert, dabei laufen die Geschäfte so gut wie ewig nicht. Wie auf Bestellung zum 20. Börsenjubiläum gibt es nun sogar eine neuerliche Anhebung der Gewinnprognose für 2020. Demnach kalkuliert CEO Jens Körner nun mit einem Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) von „mindestens“ 5,5 Mio. Euro für das laufende Jahr. Zum Vergleich: Die vorherige EBITDA-Prognose ging von 4,5 Mio. Euro aus.
Zu Beginn des Geschäftsjahrs wollte sich Vorstand Jens Körner – damals noch unter dem Eindruck der ungewissen Auswirkungen von Corona – noch gar nicht auf einen konkreten Ausblick festlegen. Mittlerweile lässt sich aber ohne Übertreibung sagen, dass die im Zuge der COVID-19-Ausbreitung veränderten Konsumentengewohnheiten wie ein Turbo auf die ad pepper-Gruppe gewirkt haben. So kommt sogar das nun vorab gemeldete EBITDA des dritten Quartals 2020 von 1,51 Mio. Euro unerwartet dicht an die extrem starken 1,68 Mio. Euro aus dem zweiten Quartal heran. Immerhin sind die Sommermonate für gewöhnlich eher schwächer im Werbemarkt. Wie gut das dritte Quartal wirklich war, zeigt sich aber auch daran, dass die ohnehin zuversichtlich für ad pepper gestimmten Analysten von Montega kürzlich in einem Update ein EBITDA von rund 0,70 Mio. Euro für das dritte Quartal als realistische Größe genannt haben.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 18,72 | 20,27 | 21,79 | 25,62 | 27,65 | 24,87 | 21,75 | |
EBITDA1,2 | 2,21 | 1,35 | 3,51 | 6,56 | 4,38 | 1,28 | 0,02 | |
EBITDA-Marge3 | 11,81 | 6,66 | 16,11 | 25,60 | 15,84 | 5,15 | 0,09 | |
EBIT1,4 | 1,82 | 1,03 | 2,52 | 5,45 | 3,19 | 0,19 | -0,99 | |
EBIT-Marge5 | 9,72 | 5,08 | 11,57 | 21,27 | 11,54 | 0,76 | -4,55 | |
Jahresüberschuss1 | 1,14 | 0,54 | 1,92 | 4,34 | 2,56 | -0,25 | -0,70 | |
Netto-Marge6 | 6,09 | 2,66 | 8,81 | 16,94 | 9,26 | -1,01 | -3,22 | |
Cashflow1,7 | 3,10 | -1,52 | 6,48 | 3,38 | 2,21 | 1,93 | 1,24 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,03 | 0,01 | 0,06 | 0,17 | 0,08 | -0,04 | -0,05 | |
Dividende8 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 | 0,00 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: Ernst & Young |
Diese Erwartungshaltung hat Vorstand Jens Körner nun locker um mehr als das Doppelte getoppt. Stärkster Ergebnislieferant bleibt derweil die Tochter Webgains – ein überwiegend in Großbritannien und Deutschland aktives Affiliate-Marketing-Netzwerk. Das EBITDA von Webgains schnellte im dritten Quartal 2020 von 200.000 auf 894.000 Euro. Der enorme Zuwachs hängt damit zusammen, dass bis zum ersten Quartal 2019 und auch noch im April 2019 Nike Deutschland zu den Kunden gehörte, was die Vergleichszahlen entsprechend erhöht hat. Mit dem dritten Quartal 2020 ist dieser Basiseffekt nun komplett weggefallen. Losgelöst davon: Die Musik spielt eigentlich immer erst im Abschlussviertel. Entsprechend lässt der aktualisierte Ausblick sogar noch Luft nach oben, denn nach drei Quartalen 2020 kommen die Nürnberger nun bereits auf ein EBITDA von 4,31 Mio. Euro.
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Gemessen an dieser rasanten Entwicklung hängt der Aktienkurs noch immer zurück – trotz eines Anstiegs von rund einem Drittel im laufenden Jahr. Immerhin ist der aktuelle Börsenwert von 85 Mio. Euro der schuldenfreien Gesellschaft zu mehr als 24 Mio. Euro durch liquide Mittel abgedeckt. Es muss ja nicht gleich der damals von der HypoVereinsbank angesetzte Emissionspreis sein, aber das von Montega zuletzt genannte Kursziel von 4,80 Euro erscheint boersengefluester.de nach den neuesten Zahlen dann doch zu niedrig.
Nachtrag: Am 19. Oktober gab ad pepper bekannt, vom Aktienrückkaufprogramm „teilweise Gebrauch“ zu machen und bis zu 500.000 eigene Anteilscheine – entsprechend 2,32 Prozent aller ausstehenden Aktien – erwerben zu wollen. Der hierfür reservierte Betrag liegt bei 2,25 Mio. Euro. Die Aktien können zur Erfüllung von Optionsplänen eingesetzt werden, aber auch ein Einzug ist durch den Beschluss abgedeckt. Insgesamt eine gute Nachricht für Investoren, zumal ad pepper über auskömmliche Cash-Reserven verfügt und unmittelbar wohl auch keine Pläne für anorganisches Wachstum bestehen. Parallel dazu hat Montega seine faire Bewertung für die ad pepper-Aktie auf 5,40 Euro heraufgesetzt.
Foto: ad pepper media International (Erstnotiz der ad pepper-Aktie am 9. Oktober 2000)