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DEAG: “Lange und intensiv”

Kein Pardon kennt die Börse derzeit mit der Aktie des Konzertveranstalters DEAG Deutsche Entertainment. Verpufft ist der positive Effekt aus der jeweils 20-Prozent-Beteiligung von Axel Springer und ProSiebenSat.1 an der Eintrittskartenplattform myticket.de sowie dem Verkauf der Anteile an der Frankfurter Jahrhunderthalle. Verglichen mit dem Jahreshoch vom Februar 2015 bei gut 8 Euro hat die DEAG-Notiz nun um 40 Prozent an Wert eingebüßt und ist sogar unter die Marke von 5 Euro gerutscht. Auf diesem Niveau befand sich der Titel zuletzt im Februar 2014 – also wenige Monate vor dem Kauf des britischen Konzertveranstalters Kilimajaro und der parallel dazu erfolgten Kapitalerhöhung mit einem Mittelzufluss von knapp 13,5 Mio. Euro. Und auch das im November 2014 gelaunchte Portal myticket.de, eigentlich die Eintrittskarte in neue Margendimensionen, scheint derzeit nur eine untergeordnete Rolle zu spielen. Ins Rampenlicht ist stattdessen der Halbjahresbericht mit einem in dieser Höhe nicht vermuteten Betriebsverlust von 8,52 Mio. Euro gerückt. Hier spiegeln sich die enormen Aufwendungen von bislang rund 10 Mio. Euro für den Ausbau der Open-Air-Aktivitäten wider. Ein Aufregerthema in den vergangenen Monaten: sowohl in der nicht gerade zimperlichen Musikszene als auch auf dem Börsenparkett.

Dabei halten die meisten Investoren den Ausbau der Freiluftveranstaltungen für den richtigen Schritt, selbst wenn er zunächst auf die Ertragslage drückt. Auf der Small-Cap-Konferenz der DVFA in Frankfurt brauchte DEAG-Finanzvorstand Christian Diekmann den voll besetzten Saal in diesem Punkt jedenfalls nicht zu überzeugen. Klare Botschaft von Diekmann: „Wir halten die Investitionen in den Festivalbereich für richtig und wichtig. Es gibt kein Wachstum ohne Investitionen.” Zweifel haben etliche Anleger allerdings an der Einschätzung, dass sich Regressforderungen gegen den früheren Partner bei dem ursprünglich am Nürburgring und dann später in der Veltins-Arena auf Schalke ausgetragenen Rock-Festival kurzfristig eintreiben lassen. DEAG rechnet zumindest mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von immerhin 75 bis 80 Prozent. Daher geben die Berliner auch ein um diesen Sonderfaktor „adjustiertes” EBIT von 5,5 Mio. Euro zum Halbjahr an. Zur Einordnung: In den ersten sechs Monaten 2014 kam das Unternehmen auf ein Ergebnis vor Zinsen und Steuern von 5,1 Mio. Euro – wäre im laufenden Jahr demnach gut auf Kurs. Trotz aller Zuversicht muss aber auch DEAG eingestehen, dass sich die bisherigen Ziele für das Gesamtjahr nur dann halten lassen, falls die mittlerweile im Besitz eines russischen Investors befindliche capricorn Nürburgring GmbH tatsächlich auch zahlen sollte. Eine Belastung in den Augen der Investoren ist außerdem, dass DEAG noch immer das Prüfverfahren der Bilanzpolizei DPR am Hals hat, wo es um die Dotierung der 2014er-Rückstellung für den aus den Rockfestivals zu erwartenden Verlust geht.

 

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Keine Frage: DEAG hat momentan an einigen Fronten zu kämpfen. Gleichzeitig scheinen die Börsianer aber den Blick auf das Gesamtbild irgendwie aus den Augen zu verlieren. Mit myticket.de bietet sich dem Unternehmen eine Ertragsperspektive, die DEAG allein mit der Veranstaltung von Tourneen so nie gesehen hätte. Bewertet wurde die Ticketplattform im Zuge des Einstiegs von Springer und ProSieben mit immerhin 45 Mio. Euro. Die Verhandlungen mit den MDAX-Konzernen bezeichnete Diekmann vor den Investoren in Frankfurt als „lange und intensiv”. Zudem räumte der DEAG-CFO ein, dass myticket.de zuletzt etwas mit „angezogener Handbremse” gearbeitet habe, weil man auf die Kooperation mit den Medienhäusern aus Berlin und München gewartet habe. Nun: Seit Mitte August ist der Deal unterschrieben, die Fertigstellung der Plattform um zusätzliche Funktionen und die Erweiterung des Angebots um Dritt-Content kann also auf Vollgas laufen. Daher ist sich Diekmann ganz sicher: „Myticket wird den Großteil unserer künftigen Perspektive darstellen.”

Die Rechnung sieht in groben Zügen so aus: Für 2016 rechnet DEAG – auch befeuert durch die zusätzlichen Kontingente durch das Festivalsegment – mit einem Anstieg des Ticketvolumens von 4,5 auf rund 5,6 Millionen Stück. Rund 40 Prozent der Karten sollen dem Vernehmen nach künftig über myticket.de vertrieben werden. Wie zu hören ist, könnte (vor Abzug der Minderheiten für Springer und ProSiebenSat.1) ein Deckungsbeitrag von 5 bis 6 Euro pro Ticket hängen bleiben. Summa summarum würde es damit um ein Ergebnisvolumen von locker 11 bis 13 Mio. Euro gehen – aufgrund der noch reichlich vorhandenen Verlustvorträge ohne große steuerliche Abzüge. Hinzu kommen die Erträge aus dem bisherigen Stammgeschäft. Dem steht eine Marktkapitalisierung des DEAG-Konzerns von gegenwärtig 78 Mio. Euro entgegen. Die Analysten von Hauck & Aufhäuser haben zwar ihr Kursziel für den Small Cap von 10,50 auf 7,50 Euro gekürzt. Ihre Kaufen-Empfehlung haben die Nebenwerteprofis jedoch beibehalten. Immerhin verfügt der Titel bei dem als fair erachteten Wert über ein Potenzial von fast 60 Prozent. Die aktuelle Kursschwäche könnte also eine gute Nachkaufgelegenheit sein.

 

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Foto: shutterstock.com (Konzert mit Lady Gaga)

Über Gereon Kruse

Gereon Kruse
Gereon Kruse ist Gründer des in Frankfurt ansässigen Finanzportals boersengefluester.de und seit vielen Jahren ein profunder Kenner von Kapitalmarktthemen und Experte für Datenjournalismus. Sein Spezialgebiet sind deutsche Aktien – insbesondere Nebenwerte. Investmentprofis aus dem Small- und Midcap-Bereich stufen die Qualität der Berichterstattung von boersengefluester.de laut der IR.on-Medienstudie 2020/21 mit der Bestnote 1,67 ein. Im Gesamtranking der Onlinemedien liegt die Seite mit Abstand auf Platz 1. Beim finanzblog award der comdirect bank hat boersengefluester.de den Publikumspreis und zusätzlich noch den 3. Platz in der Jurywertung gewonnen. Zuvor war Gereon Kruse 19 Jahre beim Anlegermagazin BÖRSE ONLINE tätig – von 2000 bis Anfang 2013 in der Funktion des stellvertretenden Chefredakteurs.