Wir hatten ja fast nicht mehr damit gerechnet, dass die vor einer umfassenden Bilanzsanierung stehende Medienfirma Wild Bunch tatsächlich noch in diesem Sommer ihren Geschäftsbericht 2017 vorlegen wird. Nun ist das 179 Seiten umfassende Dokument aber tatsächlich live. Geprägt ist das – soviel vorweg – unter den Erwartungen von CEO Vincent Grimond liegende Zahlenwerk vom engen finanziellen Korsett. Da die Gesellschaft nicht in der Lage war, im gewünschte Maß in Filme zu investieren, sanken die Erlöse um knapp 17 Prozent auf 101,42 Mio. Euro. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) fiel um 24 Prozent auf 47,27 Mio. Euro zurück. Das Betriebsergebnis (EBIT) knickte – unter anderem aufgrund ungünstiger Währungen – um mehr als 80 Prozent auf 734.000 Euro ein. Unterm Strich blieb ein Fehlbetrag von 6,68 Mio. Euro stehen – nach einem Überschuss von 0,80 Mio. Euro im Jahr zuvor.
Wenig erbaulich ist auch die Bilanzqualität: Die Eigenkapitalquote ist mit rund 29 Prozent zwar weitgehend stabil, die Netto-Verschuldung stieg aber um rund 10 Mio. auf 86 Mio. Euro. Die Gesellschaft spricht von einer „belasteten, aber kontrollierbaren Liquiditätslage“. Gleichwohl räumt Wild Bunch ein, dass ein „unmittelbarer Restrukturierungsdruck“ für die Gruppe besteht. Nicht unbedingt ein Ruhekisten ist dabei auch der Umstand, dass der auf der Aktivseite ausgewiesene Goodwill von 124 Mio. Euro stattliche 44 Prozent der Bilanzsumme ausmacht. Sollten einmal Sonderabschreibungen auf Filmrechte notwendig werden, hätte das heftige Folgen für das ohnehin knapp bemessene Auffangpolster Eigenkapital.
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Für das laufende Jahr stellt CEO Grimond derweil einen deutlichen Rückgang der Umsatzerlöse in Aussicht, der 2019 durch steigende Investitionen in den Filmstock aber wieder kompensiert werden soll. Das EBIT dürfte 2018 dagegen „etwas über dem Niveau“ von 2017 liegen, was freilich keine übermäßige beruhigende Botschaft ist. Nun könnten Anleger vielleicht auf die Idee kommen, dass der aktuelle Börsenwert von gerade einmal knapp 7,5 Mio. Euro – entsprechend einem Aktienkurs von 0,0916 Euro – für ein Unternehmen dieser Größenordnung und Risikoklasse doch durchaus attraktiv ist. Allerdings greift die Marktkapitalisierung in diesem Fall zu kurz, da sie die enorme Verschuldung außen vor lässt. Ein Investor, der Wild Bunch frei von Netto-Verbindlichkeiten kaufen wollte, müsste dagegen 93,5 Mio. Euro auf den Tisch legen. Auf diese Größenordnung türmt sich jedenfalls die Summe aus Börsenwert und Netto-Finanzverbindlichkeiten – im Finanzjargon Enterprise Value genannt.
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Wie meist bei Unternehmen mit ähnlichen Bilanzproblemen, kommt also der Fremdkapitalseite die entscheidende Bedeutung bei der Restrukturierung zu. Boersengefluester.de hatte die wesentlichen Eckpfeiler des Sanierungsplans bei Wild Bunch (Kapitalherabsetzung 40:1 plus dem Tausch von Anleihen in Aktien sowie Darlehnsbehalt) bereits HIER beschrieben. Konsequenz wäre, dass die bisherigen Streubesitzaktionäre quasi durch die Hintertür abgeschoben würden, während Großinvestor Sapinda Holding sowie die anderen Zeichner der Wandelanleihe von 2016 ihre Forderungen gegen Aktien tauschen. Auf einem ganz anderen Blatt steht freilich, ob sie damit glücklich werden. Im Grunde haben auch sie kaum eine anderen Wahl, wenn sie noch etwas retten wollen. Die Weichen für diesen Deal werden auf der nächsten Hauptversammlung, die voraussichtlich am 26. September 2018 stattfindet, gestellt. Ob sich bei der jetzigen Aktionärsstruktur eine schlagkräftige Opposition findet, ist – so wünschenswert sie auch wäre – freilich eher unwahrscheinlich. Zudem handelt es sich um ein zweischneidiges Schwert: Ohne Zutun der Bond-Gläubiger und Kreditinstitute wird es nicht gehen. Und ob sich wirklich genügend Leute finden, die die Sanierung mittragen wollen, ist zumindest mal mit einem großen Fragezeichen zu versehen. Demnach dürften sich die Kräfteverhältnisse bei der früheren Senator Entertainment in den kommenden Monaten nochmals massiv verschieben.
Um es klar zu sagen: Investmentqualität hat der im General Standard gelistete Micro Cap nicht. Wer jedoch schon länger engagiert ist, wird seine Stücke vermutlich im Depot behalten und der Dinge harren, die da kommen. Für eher unwahrscheinlich halten wir es, dass die BaFin den Investoren eine Pflichtofferte in Höhe des gewichteten Durchschnittskurses der vergangenen drei Monate auferlegt. Normalerweise gibt es bei Sanierungsmaßnahmen immer eine Befreiung für so ein Angebot. Aber natürlich: Auch diese Hürde muss erst einmal genommen werden.
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Foto: Pixabay