Geschlagene drei Stunden dauerte der Capital Markets Day der 3U Holding in den Frankfurter Räumen der BankM. Gemessen an den auf Kapitalmarktkonferenzen sonst üblichen Präsentationsslots von 30 Minuten also wahnsinnig viel Zeit, um die in den Bereichen Informations-und Telekommunikationstechnik (ITK), Erneuerbare Energien und Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik (SHK) tätige Holding vom Vorstand einmal komplett präsentiert zu bekommen. Nicht, dass Vorstandssprecher Michael Schmidt, Finanzvorstand Christoph Hellrung und der für die ERP-Software-Tochter weclapp sprechende Ertan Özdil vor den rund 13 Investoren und Analysten irgendwelche Geheimnisse oder neue Geschäftszahlen ausgeplaudert hätten. Aber trotzdem: Für boersengefluester.de war die 3U-Druckbetankung durchaus erhellend und jede Minute hat sich gelohnt. Jedenfalls verfestigte sich unsere Einschätzung, dass der rasante Kursanstieg in den ersten Monaten 2018 fundamental unterlegt ist und nicht bloß das Resultat einer IR-Kampagne, von Analysten-Reports oder diverser Empfehlungen in den einschlägigen Börsenpublikationen und Foren ist.
Insbesondere die Präsentation von weclapp-CEO Ertan Özdil hat gezeigt, dass die hohen Ansprüche auch mit Inhalten gefüllt sind. Nachdem die Gesellschaft aus Marburg in den vergangenen Jahren bereits rund 16 Mio. Euro in weclapp (abgeleitet aus den drei Wörtern web cloud app) investiert hat, geht es nun darum, aus weclapp etwas ganz Großes zu machen. „Wir haben eine massiv skalierbare Architektur aufgebaut“, sagt Özdil. Forciert werden soll die Expansion etwa durch die Übernahme von Kundenstämmen anderer Softwarefirmen, die den digitalen Wandel nicht so hinbekommen haben wie weclapp. Insgesamt will das Team um Großaktionär Schmidt in den kommenden 24 Monaten noch einmal 20 Mio. Euro in die Entwicklung von weclapp stecken. Mit Sicht auf drei Jahre hält Schmidt dann sogar ein IPO von weclapp für eine Option – festlegen will sich das Team von 3U hier aber nicht. „Entscheidend ist, dass wir die Expansionsstrategie so umsetzen können, wie wir das wollen“, sagt Schmidt. Entsprechende Anfragen von Venture Capital-Gebern oder Private Equity-Gesellschaften hat weclapp daher bislang ausgeschlagen. Zu groß ist das Risiko, jetzt – in der entscheidenden Phase – das Zepter aus der Hand zu geben. Schließlich will weclapp so etwas wie die SAP für den europäischen Mittelstand werden.
Entsprechend spannend wird die Entwicklung in den kommenden Quartalen, schließlich hat Firmenchef Schmidt auch für die auf Haustechnikbedarf spezialisierte Onlineplattform selfio einen ähnlich strammen Wachstumskurs vorgesehen. Kein Wunder, dass es auch auf dem Capital Markets Day am 21. Juni 2018 darum ging, wie die 3U Holding alle drei Bereiche ITK, SHK und Erneuerbare Energien – zwischen denen es ja keine Berührungspunkte gibt – langfristig allesamt mit der nötigen Finanzkraft und Management-Aufmerksamkeit versehen kann. Noch sieht Schmidt hier aber keinen Flaschenhals, zumal alle Bereiche profitabel arbeiten. Gleichwohl räumt er ein, dass er dieses Thema in einigen Jahren möglicherweise anders einschätzt.
Die Analysten von MainFirst Research und SRC Research – beiden waren ebenfalls auf dem Capital Markets Day – stufen die 3U-Aktie derzeit beide mit „Kaufen“ ein und sehen den fairen Wert unisono bei 1,50 Euro. Aktuelle Notiz: 1,19 Euro, was einem Börsenwert von 42 Mio. Euro entspricht. So gesehen hätte der Small Cap noch ein Potenzial von rund einem Viertel. Gegenwärtig konsolidiert die Notiz zwar ein wenig, aber der Aufwärtstrend ist noch immer intakt. Womöglich wurde die „neue 3U-Story“ zuletzt auch einfach etwas zu häufig in den Börsenmedien erzählt. In die Rubrik Geheimtipp fällt der Titel jedenfalls nicht mehr. Wie sagte Firmenchef Michael Schmidt zu Beginn des Capital Markets Day: „Unsere Wachstumsstory ist nicht vom Himmel gefallen. Da haben wir viel Blut, Schweiß und Tränen für investiert.“ Wer weiß: Vielleicht steht die 3U Holding trotzdem erst am Beginn der Neubewertung. Boersengefluester.de wagt sogar die Prognose, dass die 3U Holding in einigen Jahren in weclapp umfirmiert und auch auf dem Kurszettel zu einem reinrassigen cloudbasierten Software-Anbieter wird.
Die wichtigsten Finanzdaten auf einen Blick | ||||||||
2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 | 2023 | ||
Umsatzerlöse1 | 46,89 | 47,94 | 54,45 | 61,05 | 55,94 | 62,66 | 52,35 | |
EBITDA1,2 | 6,67 | 6,72 | 10,10 | 11,55 | 11,27 | 165,59 | 5,23 | |
EBITDA-Marge3 | 14,22 | 14,02 | 18,55 | 18,92 | 20,15 | 264,27 | 9,99 | |
EBIT1,4 | 2,99 | 2,71 | 5,50 | 5,94 | 6,76 | 161,09 | 1,64 | |
EBIT-Marge5 | 6,38 | 5,65 | 10,10 | 9,73 | 12,08 | 257,09 | 3,13 | |
Jahresüberschuss1 | 1,21 | 2,15 | 4,40 | 3,96 | 4,04 | 159,40 | 3,10 | |
Netto-Marge6 | 2,58 | 4,48 | 8,08 | 6,49 | 7,22 | 254,39 | 5,92 | |
Cashflow1,7 | 6,65 | 0,60 | 4,68 | 4,78 | -9,46 | 16,54 | 0,47 | |
Ergebnis je Aktie8 | 0,03 | 0,06 | 0,11 | 0,09 | 0,08 | 4,26 | 0,07 | |
Dividende8 | 0,02 | 0,03 | 0,04 | 0,05 | 0,05 | 3,20 | 0,05 |
1 in Mio. Euro; 2 EBITDA = Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen; 3 EBITDA in Relation zum Umsatz; 4 EBIT = Ergebnis vor Zinsen und Steuern; 5 EBIT in Relation zum Umsatz; 6 Jahresüberschuss (-fehlbetrag) in Relation zum Umsatz; 7 Cashflow aus der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit; 8 in Euro; Quelle: boersengefluester.de Wirtschaftsprüfer: RSM Ebner Stolz |