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123fahrschule: Mit Strategie 2.0 unterwegs

Trotz eines vermeintlich ungünstigen Termins am Ende des dritten Tags auf dem Deutschen Eigenkapitalforum (EKF) am 30. November 2022: Bei seiner Präsentation im Konferenzraum London ist CEO Boris Polenske selbst überrascht, wie groß das Interesse der Investoren an der Aktie der 123fahrschule SE ist. Dabei sackt der Kurs des Microcaps seit einem guten halben Jahr kontinuierlich ab und war zuletzt sogar kurz unter die Marke von 5 Euro gerutscht. Das ist schon allein deshalb bitter, weil das Unternehmen erst im September eine Kapitalerhöhung um knapp 540.000 Aktien zu je 7,00 Euro durchgeführt hat. Aber bereits diese Transaktion lief nicht wie erhofft, denn eigentlich wollte der Fahrschulbetreiber mit starker Digitalkompetenz gut 700.000 neue Anteilscheine platzieren.

Doch die Börsenstimmung war zu dieser Zeit extrem ruppig und so musste auch 123fahrschule Abstriche machen. Andererseits: Eine Reihe von Unternehmen aus dem Nebenwertesektor hat es in diesem Umfeld erst gar nicht gewagt, den Kapitalmarkt anzuzapfen. Nun lassen sich mit dem Brutto-Emissionserlös von knapp 3,8 Mio. Euro keine wirklich großen Sprünge machen, entsprechend haben sich die Eckpfeiler der Wachstumsstory von 123fahrschule nochmals verschoben. Dabei musste das Team um Vorstand Boris Polenske bereits im Sommer 2022 die – ursprünglich auf die Übernahme von größeren Unternehmen ausgerichtete – Akquisitionsstrategie aufgrund der hohen Preise wieder auf kleinere bis mittelgroße Fahrschulen drosseln.

Flankiert wird diese Vorgehensweise durch eine Art Franchiseprogramm, das es Fahrlehrern ermöglicht, sich unter der Marke 123fahrschule selbstständig zu machen. Für die Kölner wäre das ein eleganter Weg, um die eigene Software noch stärker in den Markt zu bekommen. Nicht weniger interessant sind Projekte wie wirkaufendeinefahrschule.de, über die sich 123fahrschule einen unkomplizierten Dealflow erhofft mit potenziell verkaufswilligen Eigentümern erhofft. „Das ist ein Test. Wir schauen mal, wie es funktioniert“, sagt Boris Polenske auf dem EKF. Insgesamt macht Firmengründer Polenske aber keinen Hehl daraus, dass sich die Gewichtungen verschoben haben: „Wir fokussieren uns aktuell auf das organische Wachstum und den Bildungsbereich.“

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Zudem setzt das Management darauf, dass der seit dem 1. Juli 2022 untersagte Online-Theorieunterricht im kommenden Jahr wieder erlaubt wird und damit die während der harten Corona-Zeit eingeführten regulatorischen Lockerungen dauerhaften Bestand bekommen. Klare Sache: Für 123fahrschule wäre die Rücknahme der Präsenzpflicht ein Gamechanger mit erheblichen Auswirkungen auf die nötige Zahl an stationären Fahrschulen. Eine enorme Chance dürfte aber auch das zum Jahreswechsel in Kraft tretende Bürgergeld werden. Immerhin hat die Rückkehr in den Arbeitsmarkt – etwa über geförderte berufliche Weiterbildung – politische Priorität. Entsprechend könnten Programme zur Ausbildung von Fahrlehrern, Lkw- und Busfahrern über diesen Weg forciert werden. Im Zuge des Hickhacks um die Ablösung von Hartz IV gab es hier bei den Jobcentern zuletzt erhebliche Unsicherheiten mit einem entsprechenden Bearbeitungsstau.

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Das Umsatzziel für 2022 setzt Boris Polenske derweil bei „gut 16 Mio. Euro“ an, womit das im Freiverkehr gelistete Unternehmen zum zweiten Mal in Folge die Erlöse verdoppelt hätte. Im kommenden Jahr könnte die Reise dann Richtung 25 bis 30 Mio. Euro gehen – bei einem dann hoffentlich leicht positivem EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen). Zumindest was die Ergebnisseite angeht, deckt sich das mit den bisherigen Schätzungen der Analysten von AlsterResearch. Mit einem positiven Resultat auch unterm Strich ist allerdings nicht vor 2024 zu rechnen. Das wiederum geht einher mit einem Börsenwert von zurzeit knapp 16,5 Mio. Euro. Normalerweise keine besonders ambitionierte Einstufung des Kapitalmarkts, aber die ursprüngliche Erwartungshaltung an das Wachstumstempo war eben auch eine andere. Nun: Neben 123fahrschule gibt zahlreiche andere Börsenhoffnungen, die ihre Wachstumspläne ebenfalls um das Thema Profitabilität schärfen mussten.

Insofern ist die grundsätzliche Investmentstory um die Digitalisierung und Konsolidierung des zersplitterten Fahrschulmarkts für boersengefluester.de weiterhin intakt, auch wenn der Kurs momentan eine andere Sprache spricht. Und das Interesse der Anleger auf dem Eigenkapitalforum spricht ebenfalls dafür, dass das Geschäftsmodell seinen Charme besitzt. Und wer weiß, vielleicht hat Boris Polenske ja schon bei seinen Gesprächen auf dem EKF neue Investoren gefunden, die das Unternehmen künftig mit fresh money begleiten.

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Foto: 123fahrschule SE


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Über Gereon Kruse

Gereon Kruse
Gereon Kruse ist Gründer des in Frankfurt ansässigen Finanzportals boersengefluester.de und seit vielen Jahren ein profunder Kenner von Kapitalmarktthemen und Experte für Datenjournalismus. Sein Spezialgebiet sind deutsche Aktien – insbesondere Nebenwerte. Investmentprofis aus dem Small- und Midcap-Bereich stufen die Qualität der Berichterstattung von boersengefluester.de laut der IR.on-Medienstudie 2020/21 mit der Bestnote 1,67 ein. Im Gesamtranking der Onlinemedien liegt die Seite mit Abstand auf Platz 1. Beim finanzblog award der comdirect bank hat boersengefluester.de den Publikumspreis und zusätzlich noch den 3. Platz in der Jurywertung gewonnen. Zuvor war Gereon Kruse 19 Jahre beim Anlegermagazin BÖRSE ONLINE tätig – von 2000 bis Anfang 2013 in der Funktion des stellvertretenden Chefredakteurs.