Wachstum und KGV – so rechnen Sie richtig mit Excel

Bestimmt wissen Sie, dass Profianleger ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) niemals isoliert betrachten. Für Aktie A kann ein KGV von 20 vergleichsweise niedrig sein, während Unternehmen B bereits mit einem Multiplikator von 10 sportlich bewertet ist. Um sich an ein faires Bewertungsniveau heranzutasten, bietet sich ein Vergleich mit dem durchschnittlichen Gewinnwachstum an. In der Praxis wird dann von einem dynamischen KGV – oder auch PEG-Ratio (Price Earnings Growth-Ratio) – gesprochen. Die Grundidee ist, dass das KGV nicht höher sein soll als das durchschnittliche Gewinnwachstum. Bei einem PEG von 1,0 wären KGV und Gewinnwachstum identisch. In dieser Situation wäre die Aktie also angemessen bewertet.

Bereits bei der Ermittlung des durchschnittlichen Gewinnwachstums gibt es jedoch eine Menge Fallstricke zu beachten. So kommen je nach Wahl des Betrachtungszeitraums höchst unterschiedliche Ergebnisse heraus. Wichtig ist auch die Verwendung der korrekten mathematischen Formel. Häufig begehen Anleger den Fehler, dass Sie ein arithmetisches Mittel aus den einzelnen Gewinnzahlen bilden.

 
Siemens AG 2010 2011 2012 2013 2014 2015e
Gewinn je Aktie 4,27 € 6,41 € 2,65 € 4,49 € 7,04 € 5,09 €
Wachstumsrate 20,5% 51,2% -58,7% 69,4% 56,8% -27,7%

 

 

 

 

 

 

Beim arithmetischen Mittel für die Jahre 2010 bis 2015 lautet die Rechnung:

(51,2 -58,7+69,4+56,8-27,7)/5 = 18,2%

Dieser Weg kann für die Ermittlung der durchschnittlichen Wachstumsrate nicht richtig sein, denn beispielsweise folgende Zahlenreihe liefert ein identisches Ergebnis:

 

Sprinter AG 2010 2011 2012 2013 2014 2015e
Gewinn je Aktie 4,24 € 4,24 € 4,24 € 4,24 € 4,24 € 8,10 €
Wachstumsrate 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 0,00% 91,0%

Dementsprechend:

(0,0+0,0+0,0+0,0+0,0+91,0)/5 = 18,2%

Hier kann in der Tat etwas nicht stimmen, denn die Gewinndynamik innerhalb der einzelnen Jahre läuft komplett unterschiedlich im Vergleich zu der von Siemens.

Mathematisch korrekt ist in diesem Fall das Geometrische Mittel. Es wird errechnet, indem man die n-te Wurzel aus dem Produkt der einzelnen Wachstumsraten berechnet. Klingt kompliziert, ist aber vergleichsweise simpel, zumal einem die Mathematik in die Hände spielt. Denn wie von Wunderhand kürzen sich bei der Ermittlung des richtigen Mittelwerts fast alle Einzeldaten weg – Sie brauchen nur den Anfangswert und den Endwert. Wichtig: Das geometrische Mittel funktioniert nur bei positiven Zahlen. Wer mit dem Tabellenkalkulationsprogramm Excel arbeitet, findet die Formel übrigens bei den statistischen Funktionen. Ansonsten können Sie auch folgende Formel bei Excel verwenden:

=(((A2-A1)/(A1))+1)^(1/Anzahljahre)-1

Dabei bedeuten: A2 = Gewinn Enddatum, A1 = Gewinn Startdatum, bei „Anzahljahre“ geben Sie Anzahl der Jahre für den Untersuchungszeitraum ein. Im Fall von 2007 bis 2012 also die Zahl „5“. Außerdem multiplizieren Sie das Ergebnis bitte noch mit 100, damit Sie ein Ergebnis in % erhalten.

Für die Siemens AG ergibt sich: =(((5,09-4,27)/(4,27))+1)^(1/5)-1 = 3,7 %

Für die Sprinter AG ergibt sich: =(((8,10-4,24)/(4,24))+1)^(1/5)-1 = 13,8 %

Gemäß der reinen PEG-Argumentation hätte Siemens demnach ein KGV von nur 3,7 verdient, während für die Sprinter AG ein KGV von bis zu 13,8 gerechtfertigt wäre. Bereits an dieser Stelle wird damit klar, dass das PEG auch keine Wunderwaffe ist. Viele Faktoren bei der Unternehmensbewertung bleiben außen vor. Zudem variiert das Ergebnis massiv mit der Wahl des Betrachtungszeitraums. In der Praxis wird meist ein Blick in die Zukunft gewagt – also etwa das erwartete Gewinnwachstum der kommenden drei bis fünf Jahre. Wem solche Prognosemodelle mit zu viel Unsicherheit behaftet sind, kann auch gern einen Blick in den Rückspiegel werfen, so wie wir es hier getan haben. Aber selbst da ist der Gestaltungsspielraum üppig, denn je nach Wahl des Startzeitpunkts ergeben sich völlig unterschiedliche Ergebnisse. 2010 war womöglich ein Boomjahr für das jeweilige Unternehmen – entsprechend hoch liegt die Messlatte. Am besten, Sie probieren selbst ein wenig herum.

Gleiches gilt für die Wahl des KGVs. Theoretisch sind auch hier alle. Varianten denkbar: Vom KGV auf Basis des zuletzt tatsächlich erzielten Ergebnisses bis hin zu der üblichen Variante mit Blick auf das kommende Geschäftsjahr. Wichtig für Sie als Privatanleger: Das PEG hat aufgrund seiner Einfachheit durchaus Charme, aber Sie dürfen den Zahlen nicht blind vertrauen. Sobald Sie aber wissen, wie die Kennzahl im Einzelfall be(rechnet wurde, sind Sie schon ein ganzes Stück schlauer und haben die Möglichkeit, die richtigen Schlüsse aus der Kennzahl zu ziehen. Einfach nur alle Aktien zu kaufen, deren PEG kleiner 1 ist, führt hingegen bestimmt nicht zum gewünschten Erfolg. Wer sich hingegen intensiver mit der Materie beschäftigt, eröffnet sich durchaus die Chance

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