Veröffentlichung über die Erteilung einer Befreiung nach § 37 WpÜG von der Verpflichtung zur Veröffentlichung und zur Abgabe eines Angebots an die Kommanditaktionäre der Ströer SE & Co. KGaA, Köln
Auf entsprechende Anträge von Herrn Dirk Ströer, Köln ("Antragsteller zu 1"), der Ströer Vermögensverwaltung GmbH & Co. KG, Köln, ("Antragstellerin zu 2"), der Ströer-Verwaltungs-GmbH, Köln, ("Antragstellerin zu 3") und der Delphi Beteiligungsgesellschaft mbH, Unterhaching, ("Antragstellerin zu 4") (zusammen nachfolgend die "Antragsteller") hat die Bundesanstalt für Finanzleistungsaufsicht (nachfolgend "BaFin") mit Bescheid vom 11.10.2019 die Antragsteller jeweils von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, zu veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der BaFin eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
Seit dem Erlass des Bescheides am 11.10.2019 wurde die Struktur der Transaktion noch geringfügig modifiziert. Insbesondere haben sich die Beteiligungshöhe einzelner Beteiligter sowie die Sequenz der Transaktionsschritte geändert. Diese Änderungen sind in der nachfolgenden, die Struktur der Transaktion und die Beteiligungshöhen nach Maßgabe des Bescheides und damit mit Stand vom 11.10.2019 abbildenden Beschreibung des wesentlichen Inhalts des Bescheides nicht berücksichtigt. An der übernahmerechtlichen Bewertung der Transaktion sowie der Beherrschungssituation der Zielgesellschaft (der Ströer SE & Co. KGaA) hat sich dadurch aber nichts geändert.
Die den Antragstellern ursprünglich bis zum 30.01.2020 gesetzte Frist, gegenüber der BaFin den Abschluss einer zur Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG führenden Poolvereinbarung nachzuweisen, wurde zuletzt bis zum 30.11.2020 verlängert.
Die Poolvereinbarung wurde am 26. November 2020 abgeschlossen.
Der Tenor des Bescheides lautet wie folgt:
1 Die Antragsteller werden für den Fall, dass sie
(i) eine zur Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG führende Stimmbindungsvereinbarung mit folgenden Rechtsträgern abschließen: LION Media GmbH & Co. KG, Köln; LION Media Verwaltungs GmbH, Köln; APM Media GmbH & Co. KG, Köln; APM Verwaltungs GmbH, Köln; ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln; ATLANTA Beteiligungen Verwaltungs-GmbH, Köln; APMC Beteiligungs-Stiftung, Vaduz, Fürstentum Lichtenstein; AnMaSa Beteiligungs-Stiftung, Schaan, Fürstentum Lichtenstein; Herr Udo Müller, Köln; Herr Thomas Toporowicz, Düsseldorf; Herr Peter Nöthen, Köln und
(ii) hierdurch die Kontrolle im Sinn des § 29 Abs. 2 WpÜG über die Ströer SE & Co. KGaA, Köln, erlangen,
gemäß § 37 Abs. 1 Var. 4 WpÜG von der Verpflichtung gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 WpÜG, die Kontrollerlangung an der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, zu veröffentlichen sowie von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG, der BaFin eine Angebotsunterlage zu übermitteln und nach § 35 Abs. 2 Satz 1 WpÜG in Verbindung mit § 14 Abs. 2 Satz 1 WpÜG ein Pflichtangebot zu veröffentlichen, befreit.
2 Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 kann widerrufen werden (Widerrufsvorbehalt), wenn
(a) die Antragsteller allein oder zusammen mit Dritten beherrschenden Einfluss im Sinne von § 17 Abs. 1 AktG auf die Ströer Management SE, Düsseldorf erlangen oder
(b) die Antragsteller dadurch die Möglichkeit erlangen, allein oder zusammen mit Dritten die tatsächliche Kontrolle über die Ströer SE & Co. KGaA, Köln, auszuüben, dass die Organisationsstruktur der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, etwa durch Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz oder eine Satzungsänderung so geändert wird, dass es bisherigen Kommanditaktionären möglich wird, den sich aus einem Stimmrechtsanteil von 30 % in einer nach dem gesetzlichen Normalstatut organisierten Aktiengesellschaft typischer Weise ergebenden Einfluss auszuüben.
Die Widerrufsvorbehalte gelten jedoch nicht, wenn entweder die der vorgenannten Poolvereinbarung unterliegenden Stimmrechte in dem Zeitpunkt, in dem es zu der Erlangung beherrschenden Einflusses auf die Ströer Management SE, Düsseldorf, oder zu einer Änderung der Organisationsstruktur der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, kommt, weniger als 30 % der in der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, vorhandenen Stimmrechte ausmachen, oder wenn die Antragsteller in dem betreffenden Zeitpunkt nicht mehr Partei der vorgenannten Poolvereinbarung sind und die Antragsteller ihren Stimmrechtsanteil an der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, nicht anderweitig, einschließlich etwaiger gemäß § 30 WpÜG zuzurechnender Stimmrechte auf mindestens 30 % erhöhen.
3 Die Befreiung gemäß vorstehender Ziffer 1 ergeht unter folgenden Auflagen:
(a) Die Antragsteller haben der BaFin den Abschluss einer zur Stimmrechtszurechnung nach § 30 Abs. 2 WpÜG führenden Poolvereinbarung mit den unter Ziffer 1. des Tenors dieses Bescheides genannten Rechtsträgern bis zum 31.01.2020 nachzuweisen.
(b) Die Antragsteller haben der BaFin jedes Ereignis, jeden Umstand und jedes Verhalten, das den Widerruf der Befreiung gemäß der vorstehenden Ziffer 2 rechtfertigen könnte, unverzüglich mitzuteilen.
Die Befreiung beruht im Wesentlichen auf folgenden Gründen:
I .
Gegenstand der Anträge ist der beabsichtigte Abschluss einer Stimmbindungsvereinbarung seitens der Antragsteller mit verschiedenen anderen Rechtsträgern im Hinblick auf die Ausübung der Stimmrechte in der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, (nachfolgend "Stimmbindungsvereinbarung").
1 Zielgesellschaft ist die Ströer SE & Co. KGaA, Köln, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Köln unter der Handelsregisternummer HRB 86922.
Das Grundkapital der Zielgesellschaft in Höhe von EUR 56.526.571,00 ist in 56.526.571 auf den Inhaber lautende Kommanditaktien mit einem rechnerischen Anteil am Grundkapital in Höhe von EUR 1,00 eingeteilt. Die Kommanditaktien der Zielgesellschaft sind zum regulierten Markt an der Frankfurter Wertpapierbörse unter der ISIN DE0007493991 zugelassen.
Persönlich haftende Gesellschafterin der Zielgesellschaft ist die Ströer Management SE mit Sitz in Düsseldorf (nachfolgend "SMSE"). Gemäß § 9 Abs. 1 und 2 der Satzung der Zielgesellschaft vertritt die SMSE die Zielgesellschaft und führt deren Geschäfte. Das Zustimmungsrecht der Kommanditaktionäre der Zielgesellschaft zu außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen ist ausgeschlossen. Die §§ 164 Satz 1, 2. HS HGB und § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG sind abbedungen (§ 9 Abs. 2 der Satzung der Zielgesellschaft).
2 Die Zielgesellschaft verfügt aktuell über zwei Großaktionäre: Herr Udo Müller, Köln hält unmittelbar rund 22,04 % der in der Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte.
Der Antragsteller zu 1) hält unmittelbar rund 18,57 % der in der Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte. Mittelbar, über seine 100%ige Tochtergesellschaft, die Antragstellerin zu 4), hält der Antragsteller zu 1) weitere rund 2,75 % der in der Zielgesellschaft insgesamt vorhandenen Stimmrechte.
Der Antragsteller zu 1) hält zudem 49 % der in der SMSE insgesamt vorhandenen Stimmrechte. Die übrigen 51 % der in der SMSE insgesamt vorhandenen Stimmrechte hält Udo Müller.
Der Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung ist Teil einer Gesamttransaktion vermittels derer Udo Müller und der Antragsteller zu 1) einen erheblichen Teil der von ihnen in der Zielgesellschaft gehaltenen Kommanditaktien jeweils in eine Kommanditgesellschaft einbringen und deren Kommanditanteile jeweils auf eine Stiftung übertragen wollen (nachfolgend "Gesamttransaktion"). Die vom Antragsteller zu 1) geplante Einbringung soll an die LION Media GmbH & Co. KG, Köln, erfolgen und rund 18,57 % der Stimmrechte umfassen.
Die Antragsteller tragen zudem vor, dass der Antragsteller zu 1) und Udo Müller im Zuge der Gesamttransaktion beabsichtigen, ihre Beteiligungen an der SMSE unmittelbar vor Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung umzustrukturieren. Danach sollen folgende Rechtsträger an der SMSE beteiligt sein:
Aktionär |
Aktienbesitz |
Stimmrechtsanteil |
ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln |
61.200 |
51 % |
Antragstellerin zu 2) |
40.800 |
34 % |
AnMaSa Beteiligungs-Stiftung, Schaan, Lichtenstein |
18.000 |
15 % |
Einziger Kommanditist der ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln, ist Udo Müller, einzige Komplementärin ist die ATLANTA Beteiligungen Verwaltungs-GmbH, Köln. Einziger Gesellschafter der ATLANTA Beteiligungen Verwaltungs-GmbH, Köln, ist Udo Müller.
Diese Umstrukturierung soll keinen Einfluss auf die Beherrschung der SMSE haben.
3 Einziger Kommanditist der Antragstellerin zu 2) ist der Antragsteller zu 1), einzige Komplementärin ist die Antragstellerin zu 3). Der Antragsteller zu 1) ist zudem einziger Gesellschafter der Antragstellerinnen zu 3) und zu 4).
4 Im weiteren Verlauf der Gesamttransaktion sollen sich die nachstehend genannten Rechtsträger (nachfolgend die "künftigen Poolmitglieder") wie folgt an der Stimmbindungsvereinbarung beteiligen:
Aktionär |
Aktienbesitz |
Stimmrechtsanteil |
LION Media GmbH & Co. KG, Köln |
10.496.000 |
18,57 % |
LION Media Verwaltungs GmbH, Köln |
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APM Media GmbH & Co. KG, Köln |
10.863.100 |
19,22 % |
APM Verwaltungs GmbH, Köln |
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ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln |
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Antragstellerin zu 2) |
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ATLANTA Beteiligungen Verwaltungs-GmbH, Köln |
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Antragstellerin zu 3) |
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APMC Beteiligungs-Stiftung, Vaduz, Fürstentum Lichtenstein |
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AnMaSa Beteiligungs-Stiftung, Schaan, Fürstentum Lichtenstein |
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Udo Müller, Köln |
1.596.618 |
2,82 % |
Antragsteller zu 1) |
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Thomas Toporowicz, Düsseldorf |
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Peter Nöthen, Köln |
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Antragstellerin zu 4) |
1.555.773 |
2,75 % |
Die Antragsteller haben einen Entwurf der Stimmbindungsvereinbarung vorgelegt (nachfolgend der "Vertragsentwurf"). § 2 Abs. 3 des Vertragsentwurfs lautet wie folgt
"Die Poolmitglieder verpflichten sich, ihre Stimmrechte aus allen poolgebundenen Kommanditaktien bei allen Beschlüssen, die in der Hauptversammlung gefasst werden, und bei Wahlen in der Hauptversammlung, entsprechend den in der Poolversammlung gefassten Beschlüssen nur einheitlich wahrzunehmen. Dies gilt unabhängig davon, ob und in welchem Sinne die Poolmitglieder bei der Beschlussfassung in der Poolversammlung ihre Stimme abgegeben haben und unabhängig davon, ob sie in der entsprechenden Poolversammlung anwesend bzw. vertreten waren oder nicht."
Der Antragsteller zu 1) beabsichtigt nach Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung die von ihm erworbenen Kommanditanteile in der LION Media GmbH & Co. KG, Köln, an die AnMaSa Beteiligungs-Stiftung zu übertragen. Außerdem beabsichtigt erunmittelbar oder mittelbar über die Antragstellerin zu 2), von Herrn Peter Nöthen sämtliche Anteile an der LION Media Verwaltungs GmbH, Köln, zu erwerben.
Mit auf den 31.07.2019 datierenden Schriftsatz haben die Antragsteller beantragt, sie gemeinsam mit weiteren Rechtsträgern:
"im Hinblick auf den beabsichtigten Erwerb der Kontrolle über die Ströer KGaA gemäß § 37 Abs. 1 WpÜG bzw. § 37 Abs. 1 WpÜG in Verbindung mit § 9 Satz 1 Nr. 2 AngebVO von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG zu befreien."
II .
Den Anträgen war stattzugeben, da sie zulässig und begründet sind.
1 Zulässigkeit
Die Anträge sind zulässig.
Sie wurden insbesondere fristgemäß (§ 8 Satz 2 WpÜG-Angebotsverordnung) vor der erst nach Wirksamkeit dieses Bescheides zu erwartenden Kontrollerlangung (vgl. hierzu Ziff. 2.1) gestellt.
2 Begründetheit der Anträge
2.1 Mit dem Abschluss des Poolvertrags erlangen die Antragsteller somit Kontrolle im Sinne von § 29 Abs. 2 WpÜG über die Zielgesellschaft.
Gegenwärtig hält der Antragsteller zu 1) 18,57 % der Stimmrechte. Vor Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung beabsichtigt der Antragsteller zu 1) diese an die LION Media GmbH & Co. KG, Köln zu übertragen. Die Antragstellerin zu 4) hält rund 2,75 % der Stimmrechte. Diese Kommanditaktien sollen nicht übertragen werden. Unmittelbar vor Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung wird daher lediglich die Antragstellerin zu 4) unmittelbar Kommanditaktien der Zielgesellschaft halten. Die Stimmrechte aus diesen Kommanditaktien sind dem Antragsteller zu 1) gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1, Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 6 i.V.m. § 290 Abs. 2 Nr. 1 HGB zuzurechnen, da der Antragsteller zu 1) Alleingesellschafter der Antragstellerin zu 4) ist.
Mit Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung werden den Antragstellern die Stimmrechte aus den Kommanditaktien der Zielgesellschaft, die von den übrigen künftigen Poolmitgliedern gehalten werden, gemäß § 30 Abs. 2 WpÜG zugerechnet. Nach § 30 Abs. 2 WpÜG werden dem Bieter auch Stimmrechte eines Dritten aus Aktien der Zielgesellschaft zugerechnet, mit dem der Bieter oder sein Tochterunternehmen sein Verhalten in Bezug auf die Zielgesellschaft abstimmt. Ein abgestimmtes Verhalten setzt nach § 30 Abs. 2 Satz 2 1. Alt. WpÜG voraus, dass sich der Bieter und der Dritte über die Ausübung von Stimmrechten verständigen.
So liegt der Fall hier, da § 2 Abs. 3 des Vertragsentwurfs vorsieht, dass jedes Poolmitglied verpflichtet ist, auf der Hauptversammlung der Zielgesellschaft seine Stimmrechte so auszuüben, wie es die Poolversammlung beschlossen hat.
Es handelt sich auch nicht um eine Vereinbarung in einem Einzelfall, da die im Vertragsentwurf vorgesehene Stimmrechtsbindung inhaltlich nicht auf bestimmte Abstimmungspunkte in der Hauptversammlung begrenzt ist und bis zum 31.12.2027 fest abgeschlossen ist und bis dahin nur außerordentlich gekündigt oder mit Zustimmung aller Poolmitglieder aufgehoben werden kann.
Der Stimmrechtsanteil der Antragsteller zu 1) bis 3) an der Zielgesellschaft wird nach dem Wirksamwerden ihres Beitritts zum Stimmrechtspool unter Berücksichtigung der ihnen nach § 30 Abs. 2 WpÜG zuzurechnenden Stimmrechte (von der APM Media GmbH & Co. KG, Köln: 19,22 % der Stimmrechte; von der LION Media GmbH & Co. KG Köln: 18,57 % der Stimmrechte; von Udo Müller: 2,82 % der Stimmrechte und von der Antragstellerin zu 4): 2,75 % der Stimmrechte) daher insgesamt 43,36 % betragen. Der Antragstellerin zu 4) sind demgegenüber nur die Stimmrechte aus den von der APM Media GmbH & Co. KG, Köln: (19,22 % der Stimmrechte), von der LION Media GmbH & Co. KG Köln (18,57 % der Stimmrechte) und von Udo Müller (2,82 % der Stimmrechte) gehaltenen Kommanditaktien der Zielgesellschaft nach § 30 Abs. 2 WpÜG zuzurechnen. Da die Antragstellerin zu 4) aber 1.555.773 Kommanditaktien der Zielgesellschaft unmittelbar hält (2,75 % der Stimmrechte) wird sie nach Wirksamkeit des Beitritts zum Stimmrechtspool ebenfalls über einen Stimmrechtsanteil in Höhe von insgesamt 43,36 % verfügen.
In diesem Zusammenhang ist es nach der ständigen Verwaltungspraxis der BaFin irrelevant, ob die dem Stimmrechtspool beigetretene Person Entscheidungen (mit) herbeiführen kann. Maßgeblich ist auf Grundlage des Wortlauts und des Schutzzwecks des § 30 Abs. 2 WpÜG vielmehr (allein), dass die Parteien einer Poolvereinbarung aufgrund ihrer Binnenverbindung aus Sicht außenstehender Aktionäre als ein Aktionärsblock wahrgenommen werden (vgl. Emittentenleitfaden der BaFin Modul B 5. 29).
2.2 Die Voraussetzungen für eine Befreiung der Antragsteller gemäß § 37 Abs. 1 Var. 4 WpÜG von den Pflichten des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 WpÜG liegen vor. Bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien liegen regelmäßig besondere Beteiligungsverhältnisse vor, die es (auch) unter Berücksichtigung der Interessen der anderen Inhaber von Kommanditaktien der Zielgesellschaft rechtfertigen, eine Befreiung von den Verpflichtungen nach § 35 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 WpÜG auszusprechen. Zwar ist § 29 WpÜG nach dem klaren Wortlaut des § 2 Abs. 3 Nr. 1 WpÜG auch auf die Kommanditgesellschaft auf Aktien anwendbar. Die Rechtsposition eines Kommanditaktionärs ist jedoch regelmäßig wesentlich schwächer, als diejenige von Aktionären einer Aktiengesellschaft. So können Kommanditaktionäre in der Hauptversammlung nicht über die Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern Einfluss auf die Zusammensetzung des Vorstands und damit des Geschäftsführungsorgans nehmen. Bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien ist gem. § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. §§ 170, 164, 161, 114 und 125 HGB allein der Komplementär geschäftsführungsbefugt. Das typische Mittel zur gesellschaftsrechtlich vermittelten Beherrschung einer Gesellschaft steht den Kommanditaktionären einer Kommanditgesellschaft auf Aktien daher nicht zur Verfügung. Die Satzung der Zielgesellschaft weicht von diesem gesetzlichen Leitbild nicht ab. Auch andere Beherrschungsmittel stehen den Antragstellern nicht zur Verfügung. Insbesondere können die Antragsteller keinen Einfluss auf die Komplementärin der Zielgesellschaft ausüben. Etwas anderes ergibt sich vorliegend nicht daraus, dass die Antragstellerin zu 2) kurz vor dem Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung 34% der Stimmrechte in der SMSE erwerben wird. 51 % der Stimmrechte in der SMSE werden derzeit von Udo Müller gehalten. Im Rahmen der weiteren Abwicklung der Gesamttransaktion will Udo Müller die Aktien, aus denen diese Stimmrechte resultieren, an die ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln, übertragen, an der keiner der Antragsteller unmittelbar noch mittelbar beteiligt ist. Gegenüber dieser Mehrheitsbeteiligung können sich die Antragsteller in der Hauptversammlung der SMSE nicht durchsetzen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, dafür, dass die Antragsteller an der Beherrschung der SMSE durch Udo Müller oder die ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln, im Wege der sogenannten Mehrmütterherrschaft beteiligt sind bzw. beteiligt werden sollen. Vielmehr haben die künftigen Poolmitglieder übereinstimmend vorgetragen, dass die SMSE allein durch Udo Müller beherrscht wird und dass sich an dieser Kontrollsituation mit Ausnahme der künftigen Vermittlung über die ATLANTA Beteiligungen GmbH & Co. KG, Köln, auch nach Abwicklung der Gesamttransaktion nichts ändern soll. Der den Antragstellern nach Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung zustehende/zuzurechnende Stimmrechtsanteil in Höhe von 43,36 % vermittelt ihnen daher nicht die Möglichkeit über die Ausübung dieser Stimmrechte die Geschicke der Zielgesellschaft zu beeinflussen, weswegen ihre Befreiung von den Pflichten des § 35 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1WpÜG erfolgen kann.
2.3 Im Ergebnis überwiegen die Interessen der Antragsteller, kein Pflichtangebot nach § 35 WpÜG an die Kommanditaktionäre der Zielgesellschaft abgeben zu müssen, die Interessen der Kommanditaktionäre der Zielgesellschaft an einem Angebot.
Der formelle Kontrollerwerb der Antragsteller mit Wirksamkeit der Stimmbindungsvereinbarung bietet den außenstehenden Kommanditaktionären keinen (schützenswerten) Anlass, eine außerordentliche Desinvestitionsentscheidung zu treffen. Vielmehr bleibt die materielle Kontrollsituation letztlich unverändert, da die Geschäftsführungsentscheidungen nach wie vor von der Komplementärin der Zielgesellschaft, der SMSE, getroffen werden, die ihrerseits weiterhin (mittelbar) von Udo Müller beherrscht wird.
Somit müssen die außenstehenden Kommanditaktionäre auch keine transaktionsbedingte Änderung in der Unternehmensführung der Zielgesellschaft erwarten, so dass ihr etwaiges Interesse an einem Pflichtangebot als gering zu bewerten ist und jedenfalls hinter dem Interesse der Antragsteller, nicht mit den Kosten eines Pflichtangebots belastet zu werden, zurückstehen muss.
3 Durch die Nebenbestimmungen unter Ziffer 2 des Tenors dieser Entscheidung soll das Fortbestehen der Befreiungsgründe für die Zukunft sichergestellt werden. Tragender Befreiungsgrund ist vorliegend der Umstand, dass die Zielgesellschaft als Kommanditgesellschaft auf Aktien verfasst ist und eine im übernahmerechtlichen Sinn kontrollvermittelnde Beteiligung an den Kommanditaktien dem Inhaber dieser Beteiligung nicht die Möglichkeit gibt, die Geschicke der Zielgesellschaft zu beeinflussen (vgl. Ziffer II.2.2). Die Befreiung der Antragsteller ist daher nur solange gerechtfertigt, wie sich an diesem Zustand nichts ändert.
Daher sieht der Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 2 (a) des Tenors dieser Entscheidung vor, dass die Befreiung widerrufen werden kann, wenn die Antragsteller zukünftig neben der formellen Kontrollposition auch die Möglichkeit erlangen, auf die SMSE einen beherrschenden Einfluss im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG auszuüben. In diesem Falle würde zur formellen Kontrollposition auch die tatsächliche Möglichkeit zur Ausübung der Kontrolle hinzutreten, so dass eine Befreiung auf Grundlage von § 37 Abs. 1 Var. 4 WpÜG nicht mehr gerechtfertigt wäre. Gleiches gilt für den vom Widerrufsvorbehalt unter Ziffer 2 (b) des Tenors dieser Entscheidung erfassten Fall, dass die Organisationsstruktur der Ströer SE & Co. KGaA, Köln, etwa durch Maßnahmen nach dem Umwandlungsgesetz oder eine Satzungsänderung so geändert wird, dass es bisherigen Kommanditaktionären möglich wird, den sich aus einem Stimmrechtsanteil von 30 % in einer nach dem gesetzlichen Normalstatut organisierten Aktiengesellschaft typischer Weise ergebenden Einfluss auszuüben.
Die unter Ziffer 3 (a) des Tenors dieser Entscheidung bestimmte Auflage verpflichtet die Antragsteller, den Kontrollerwerb nach Abschluss der Stimmbindungsvereinbarung nachzuweisen. Hierdurch soll die BaFin in die Lage versetzt werden, zu prüfen, ob die Antragsteller tatsächlich in der unter Ziffer II. 2.1 dieses Bescheides näher beschriebenen Weise die Kontrolle über die Zielgesellschaft erlangt haben. Nur in diesem Fall wird die Befreiung wirksam.
Die Auflage unter Ziffer 3 (b) des Tenors dieser Entscheidung verpflichtet die Antragsteller, der BaFin jedes Ereignis, jeden Umstand und jedes Verhalten, das den Widerruf der Befreiung gemäß Ziffer 2 des Tenors dieser Entscheidung rechtfertigen könnte, unverzüglich mitzuteilen und dient damit der Umsetzung des Widerrufsvorbehalts.