20.07.2018
Scherzer & Co. AG DE0006942808
Scherzer & Co. AG: Offener Brief an Vorstand und Aufsichtsrat der Audi AG zur 'Personalie Stadler' und Defiziten in der Kapitalmarktkommunikation in einer börsennotierten Publikumsaktiengesellschaft
DGAP-Media / 20.07.2018 / 14:11
Die Scherzer & Co. AG ist langjährige Aktionärin der Audi AG. Sie hat heute
den folgenden Text als offenen Brief an den Vorstand und den Aufsichtsrat
der Audi AG gerichtet:
Audi AG
Vorstand und Aufsichtsrat
Auto-Union-Straße 1
85045 Ingolstadt
Köln, 20. Juli 2018
Offener Brief an Vorstand und Aufsichtsrat der Audi AG zur "Personalie
Stadler" und Defiziten in der Kapitalmarktkommunikation in einer
börsennotierten Publikumsaktiengesellschaft
Sehr geehrter Herr Stadler, sehr geehrter Herr Schot, sehr geehrter Herr
Diess,
sehr geehrte Damen und Herren,
die Scherzer & Co. AG ( www.scherzer-ag.de) ist eine
Beteiligungsgesellschaft mit Sitz in Köln und selbst sowie im Umfeld mit
mehr als 4 Mio. Euro in Aktien der Audi AG investiert. Da wir nicht wissen,
ob ein Brief an die Audi AG alle zuständigen Entscheidungsträger in der
aktuellen Situation des Unternehmens überhaupt erreichen würde, haben wir
uns zu diesem offenen Brief entschieden.
Auf der zurückliegenden Hauptversammlung der Audi AG in Ingolstadt Anfang
Mai 2018, erstmals unter der Leitung des neuen Aufsichtsratsvorsitzenden
Herbert Diess, ist uns positiv aufgefallen, dass die Audi AG in einer
Momentaufnahme erkennbar um einen neuen Stil im Umgang mit ihren
Minderheitsaktionären bemüht gewesen ist.
Herbert Diess präsentierte sich in der Versammlungsführung anders als sein
Vorgänger Matthias Müller, dessen im Rückblick kurze, aber teure Amtszeit
von einer nur schwer erträglichen Arroganz gegenüber den
Audi-Minderheitsaktionären geprägt war. So bestand auf unserer Seite
zeitweise die Hoffnung, dass es Audi/Volkswagen - noch immer erkennbar stark
unter dem Eindruck der "Diesel-Thematik" stehend - ernst gemeint haben
könnte mit den gebetsmühlenhaft vorgetragenen Beteuerungen nach einer neuen
"Unternehmenskultur" und einem Neuanfang. Der damals noch amtierende CEO
Rupert Stadler sprach auf der Hauptversammlung im Mai sogar wiederholt von
"Together
for Integrity" als neuem Leitbild der Audi AG. Tempi passati, Herr Stadler
scheint mit Blick auf die aktuellen Ereignisse im Konzern an weiteren
Kapiteln dieser neuen Integritätskultur im Audi-Konzern vorläufig nicht mehr
mitschreiben zu können. Der im Kern positive Eindruck der Hauptversammlung
hat zuletzt wieder erheblich gelitten.
Bei uns ist - wieder einmal - der Eindruck entstanden, dass die Audi AG
erhebliche Defizite in der Kommunikation gegenüber den eigenen
Streubesitzaktionären offenbart, während die Volkswagen AG ihre eigenen
Aktionäre besser und schneller über die Vorgänge bei der Tochter Audi AG
informiert als Vorstand und Aufsichtsrat der Audi AG, obwohl diese
bekanntlich börsennotiert ist.
Diese Ungleichbehandlung der Aktionäre innerhalb des verzweigten
Volkswagen-Konzerns sehen wir kritisch und sie werfen - Stichwort
"Neuanfang" - auch kein gutes Licht auf die Verantwortlichen und
Verantwortlichkeiten im Volkswagen-Konzern. Wir gehen sogar noch einen
Schritt weiter: Es geht offenbar weiter mit der gezielten Desinformation der
Audi-Kleinaktionäre innerhalb des Volkswagen-Konzerns.
Die Tatsache, dass Audi-CEO Rupert Stadler am Montag, 18. Juni 2018 auf
Antrag der Staatsanwaltschaft München II aufgrund von "Verdunklungsgefahr"
in Untersuchungshaft genommen wurde, ist hinlänglich bekannt und soll hier
nicht weiter thematisiert werden.
Einen Tag später, am Dienstag, 19. Juni 2018, informierte die beherrschende
Volkswagen AG im Rahmen einer Pressemitteilung, dass "der Aufsichtsrat der
Volkswagen Aktiengesellschaft (.) am Dienstag [Anm.: 19.06.2018] der Bitte
von Konzernvorstand Rupert Stadler entsprochen [hat], ihn von seinen
Aufgaben als Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG (!) zu entbinden."
(Quelle: Volkswagen AG, Investor Relations, Finanznachrichten)
Die Volkswagen AG weist in dieser Pressemitteilung vom 19. Juni 2018 ferner
darauf hin, dass Rupert Stadler in seiner Funktion als Vorsitzender des
Vorstands der Audi AG zum 1. Januar 2010 in den Vorstand der Volkswagen AG
berufen wurde.
In einer separaten Pressemitteilung vom gleichen Tag teilt die Volkswagen AG
(!) weiter mit, dass der Aufsichtsrat der Audi AG beschlossen habe, Abraham
Schot - seit September 2017 im Vorstand der Audi AG verantwortlich für den
Geschäftsbereich Vertrieb und Marketing - mit sofortiger Wirkung
kommissarisch die Aufgaben des Vorstandsvorsitzenden zu übertragen. (Quelle:
Volkswagen AG, Investor Relations, Finanznachrichten)
An dieser Stelle beginnen aus unserer Aktionärsperspektive die
Merkwürdigkeiten in der Kommunikationspolitik der Volkswagen AG / Audi AG
gegenüber dem Kapitalmarkt, denn die Gremien und Zuständigkeiten von Audi
und Volkswagen werden hier offenbar bunt nach Belieben vermischt.
Es hat - soweit wir es überblicken - bis zum heutigen Tag keine "offizielle"
Kapitalmarktkommunikation der Audi AG als börsennotierter Gesellschaft zur
"Personalie Stadler / Schot" gegeben, obwohl nicht zuletzt die
Kursentwicklung der Audi AG-Aktie seit Ereigniseintritt - der Verhaftung des
Vorstandsvorsitzenden und der erfolgten "Beurlaubung" - deutlich negativ
war.
In erster Linie war Herr Stadler bis zu seiner Beurlaubung nicht "Mitglied
des Vorstands der Volkswagen AG", sondern Vorstandsvorsitzender der Audi AG
- und nur in dieser Funktion auch Mitglied des Vorstands der Volkswagen AG.
Konsequenterweise hätte also auch die Audi AG die "Beurlaubung" ihres
Vorstandsvorsitzenden melden müssen. Es ist ferner davon auszugehen, dass
die Beurlaubung - angeblich auf "Bitte" von Herrn Stadler - zunächst durch
den Aufsichtsrat der Audi AG abgesegnet werden musste, ehe der
Volkswagen-Aufsichtsrat hierüber zu informieren war. Wäre es anders, würde
sich unweigerlich die Frage stellen, wer die Audi AG eigentlich überwacht
und kontrolliert: der Audi-Aufsichtsrat oder der Volkswagen-Aufsichtsrat?
Wir haben bis zum heutigen Tag keine Kapitalmarktkommunikation der Audi AG
auf www.audi.com oder in den einschlägigen News-Datenbanken zur "Personalie
Stadler / Schot" gesehen. Nach unserer Einschätzung der Situation hätten der
Aufsichtsrat und/oder Vorstand der Audi AG - losgelöst von der noch offenen,
von der Justiz zu klärenden Schuldfrage - die Audi-Aktionäre über die
"Beurlaubung" des Vorstandsvorsitzenden der Audi AG sofort nach dem
Aufkommen erster Medienberichte informieren müssen. Es stellt sich für uns
die Frage: warum wird die Volkswagen AG als Audi-Großaktionär und werden die
Volkswagen-Aktionäre informiert, die Audi-Streubesitzaktionäre aber nicht?
Umso skurriler erscheint dieses Defizit in der Kapitalmarktkommunikation vor
dem Hintergrund, dass die kommissarische (!) Bestellung von Herrn Rupert
Stadler, damals Vorstand Finanz und Organisation der Audi AG, als Nachfolger
von Martin Winterkorn zum 1. Januar 2007 durch den Aufsichtsrat der Audi AG
von der Audi AG am 6. Dezember 2006 sogar "Adhoc" - wegen erheblicher
Börsenkursrelevanz! - von der Audi AG gemeldet wurde (Quelle: www.audi.com,
Kapitalmarktkommunikation, Ad-hoc-Meldungen).
Der guten Ordnung halber rufen wir nochmals in Erinnerung, dass es sich bei
der Audi AG - auch wenn die Volkswagen AG dies gerne "vergisst" - um ein
selbständig börsennotiertes Unternehmen mit langer Börsentradition und
aussenstehenden Aktionären handelt, die ebenso einen Informationsanspruch
haben wie die Aktionäre der Muttergesellschaft Volkswagen AG.
"Together for integrity" ist längst wieder Geschichte, wenn man die
Ereignisse der letzten Wochen und Ihren Umgang damit auch gegenüber den
Audi-Minderheitsaktionären unbefangen auf sich wirken lässt. Statt "Together
for Integrity" ist es heute das "Schweigen der Ringe", das uns und viele
andere Audi-Aktionäre beschäftigt und verärgert.
Ganz grundsätzlich stellt sich auch die Frage, wie lange das aktuelle
"Führungsvakuum" an der Unternehmensspitze der Audi AG angesichts der
andauernden "Beurlaubung" von CEO Stadler überhaupt noch andauern soll. Aus
unserer Sicht ist jetzt der Aufsichtsrat in der Pflicht, möglichst zeitnah
für klare Verhältnisse in der Führung der Audi AG zu sorgen - auch, um
weiteren Schaden vom Unternehmen abzuwenden.
Die jüngsten Ereignisse in der Audi AG (sowie implizit auch der Volkswagen
AG!) erinnern uns bisweilen - leider - an das japanische Sprichwort von den
drei Affen:
Nichts sehen, nichts hören und nichts sagen.
Wir erwarten von Ihnen, dass Sie die Aktionäre der Audi AG von jetzt an
offen, transparent und vollständig über alle Angelegenheiten informieren,
die die Audi AG und ihre Minderheitsaktionäre betreffen. Dazu zählen auch
alle weiteren personellen Entwicklungen in Vorstand und/oder Aufsichtsrat.
Darüber hinaus erwarten wir von Vorstand und Aufsichtsrat der Audi AG, dass
diese Gremien - ohne Ansehen der Person - rechtliche Schritte gegen alle
amtierenden und ehemaligen Vorstände bzw. Aufsichtsräte der Audi AG
einleiten, deren Fehlverhalten juristisch erwiesen ist und deren Handlungen
die Audi AG und ihre Aktionäre in der Vergangenheit geschädigt haben bzw.
noch schädigen werden. Dies betrifft auch alle Fragen der Organhaftung. Auch
daran werden wir Sie und den von der Verwaltung propagierten "Neubeginn" bei
der Audi AG messen. Wir erlauben uns, diesen gerade erst begonnenen
Erneuerungsprozess weiter konstruktiv-kritisch zu begleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Georg Issels
Vorstand
Hans Peter Neuroth
Vorstand
Ende der Pressemitteilung
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Emittent/Herausgeber: Scherzer & Co. AG
Schlagwort(e): Unternehmen
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Sprache: Deutsch
Unternehmen: Scherzer & Co. AG
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50670 Köln
Deutschland
Telefon: +49 (0)221-820 32-0
Fax: +49 (0)221-820 32-30
E-Mail: [email protected]
Internet: www.scherzer-ag.de
ISIN: DE0006942808
WKN: 694280
Börsen: Freiverkehr in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt (Scale),
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Ende der Mitteilung DGAP-Media
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